Der konzerninterne Aufschrei im Daimler-Blog, der der WiWo vorliegt, wurde durch eine Indiskretion bekannt. Die Emotionen, die er offenbarte, dürften aber auch in anderen Unternehmen leicht hochkochen. Bei der Deutschen Telekom, die unter ihrem öffentlichkeitshungrigen Ex-Personalvorstand Thomas Sattelberger im Frühjahr eine Ziel-Frauenquote von 30 Prozent für Führungspositionen eingeführt hat, gab es „eine breite Diskussion“, wie Sprecher Peter Kespohl es nennt – inklusive interner Dialogforen mit „ausgewogenen“ Reaktionen. „Dies war notwendig, um eine nachhaltige Kulturveränderung anzustoßen.“ Mittlerweile sei das alles kein großes Thema mehr im Konzern, behauptet Kespohl.
Was in der Sprache der internen und externen Unternehmenskommunikation als „Fortschritt“ und „Kulturveränderung“ bezeichnet wird, kann für Männer in den betroffenen Unternehmen ganz konkrete Folgen haben. Offensichtlich sehen sich viele Männer – sicherlich nicht nur bei Daimler – durch Gender-Diversity-Maßnahmen um ihre Aufstiegschancen gebracht. Einer schreibt: „Nachdem ich mich für eine ausgeschriebene Stelle bewerben wollte und eine unverbindliche Anfrage gestartet habe, wurde mir unter der Hand mitgeteilt, ich brauche mich gar nicht offiziell bewerben, da für diese Stelle zwingend eine Frau vorgesehen sei”
Dass solche Situationen vorkommen, liegt möglicherweise auch daran, dass in vielen Unternehmen die Erhöhung des Frauenanteils in den Zielvereinbarungen von Personalverantwortlichen steht. Bei Daimler etwa müssen Manager mit Personalverantwortung auf fünf Prozent ihres Bonus verzichten, wenn sie die Frauenquotenziele nicht erfüllen. In manchen Bereichen des Unternehmens ist das gar nicht so einfach.
„Nur ganz wenige Frauen bewerben sich als Ingenieurin bei uns“, sagt ein Ingenieur bei Daimler, der seinen Namen nicht nennen will. „Und diejenigen, die sich bewerben, können fast sicher sein, genommen zu werden.“ Noch deutlicher seien die Auswirkungen der Frauenförderung in den Beriechen Vertrieb, Marketing, Personal. „Ich kenne in meinem Umfeld nur einen Unter-30-Jährigen, der in eine Führungsposition berufen wurde, aber vier Frauen“, berichtet der Daimler-Mitarbeiter. „Kritik an der Frauenförderung zu üben ist tabu. Aber ich weiß, dass viele im Unternehmen meine Sicht teilen“, sagt er.
Beim Konkurrenten Volkswagen, so erklärt dessen Sprecher Markus Schlesag, will man die Zielquote von 30 Prozent dadurch erreichen, dass zunächst Frauen entsprechend ihres Anteils unter den Hochschulabsolventen eingestellt werden. Da es weniger Ingenieurinnen als Ingenieure gibt, werden auch weniger eingestellt, wo der Frauenanteil höher ist, etwa bei BWL-Absolventen, werden entsprechend auch mehr Frauen eingestellt. Diese Praxis soll bei internen Beförderungen auf höhere Etagen durchschlagen und dadurch zu einem Frauenanteil von rund 30 Prozent in der Führungsebene führen. Empörung unter den männlichen Mitarbeitern gebe es daher nicht, behauptet zumindest Sprecher Schlesag.