Arbeitsmarkt "Es gibt keinen Fachkräftemangel"

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Deutschland leidet unter unbekannten Ausbildungsberufen

Die beliebtesten Arbeitgeber der Naturwissenschaftler
Platz 20: Bundeswehr4,5 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich die Bundeswehr als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 19: Ratiopharm4,9 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Ratiopharm als Arbeitgeber. Quelle: AP
Platz 18: RWE4,9 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich RWE als Arbeitgeber. Quelle: dapd
Platz 17: Nestlé5,0 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Nestlé als Arbeitgeber. Quelle: AP
Platz 16: Porsche5,0 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Porsche als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 15: Fresenius Medical Care5,2 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Fresenius Medical Care als Arbeitgeber. Quelle: Presse
Platz 14: Lufthansa Technik5,5 Prozent der Befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Lufthansa Technik als Arbeitgeber. Quelle: dpa

Neben den Unternehmen, die sich nicht ausreichend um die Bewerber bemühen, sind Ihrer Meinung nach also auch die bürokratischen Hürden für ausländische Fachkräfte zu kompliziert.

Genau. In Deutschland gibt es immerhin schon 100 sogenannte Engpassberufe – also Berufe, bei denen durchschnittlich weniger als drei Bewerbungen auf eine Stellenausschreibung kommen. Das müsste nicht sein.  

Seit Jahren bleiben auch Ausbildungsplätze unbesetzt – zum Beispiel in der Gastronomie. Auch vermeidbar?

Die jungen Menschen wollen alle Kfz-Mechaniker, Industriekaufmann oder Friseur werden. Dabei gibt es 345 duale Ausbildungen in Deutschland, die aber niemand kennt. Neben den unsichtbaren Unternehmen gibt es auch unsichtbare Berufe.

Wie können die Arbeitgeber gegensteuern?

Ich habe mich kürzlich mit einem Mittelständler aus Süddeutschland unterhalten. Er gibt jedes Jahr zehn Schülern Nebenjobs, bei denen sie samstags Kleinigkeiten für den Betrieb erledigen. Nach einem Jahr weiß er genau, wem er einen Ausbildungsplatz anbietet. Er weiß, wer in die Firma passt, wer zuverlässig ist und Verantwortung übernimmt. Und auch bei den Stellenbesetzungen sollten gerade kleinere Unternehmen zusammenarbeiten.

Wie soll das aussehen?

Sie könnten zum Beispiel eine Plattform nutzen, die Younect anbietet. Dort empfehlen Betriebe Bewerber weiter, die bei ihnen im Auswahlverfahren einen tollen zweiten oder dritten Platz erzielt und sehr gute Referenzen haben. Durch die Empfehlung an Marktbegleiter bleiben junge Menschen in der Region. Leider ist das Konkurrenzdenken zwischen den Unternehmen immer noch ausgeprägt und ein solcher Austausch findet bislang nur selten statt. 

Ausbildungsplätze bleiben also zum Teil unbesetzt, weil keine passenden Kandidaten gefunden werden. Welche Auswirkungen hat das?

Im ersten Moment sind die gar nicht so riesig, weil Auszubildende in den ersten Monaten ja meist mehr Arbeit machen als wegschaffen. Doch spätestens nach 3 Jahren wird das zum Problem. Es gibt in einer Branche immer weniger Gesellen, sprich Fachkräfte. Die Unternehmen lassen ihre wichtigste Quelle versiegen, wenn sie nicht mehr ausbilden. Und dann ist das Geschrei groß.

Und nicht nur beim einzelnen Arbeitgeber.

Die ganze Region leidet unter unbesetzten Stellen, denn jede Arbeitskraft, die geht, nimmt ihre Steuergelder mit. Schulen und Krankenhäuser werden geschlossen, Straßen nicht mehr repariert, die Kanalisation nicht mehr richtig durchgespült, weil zu wenige Menschen ihre Abwässer durchleiten. Diese Folgen hat kein Arbeitgeber im Blick, wenn er beschließt, nicht mehr auszubilden oder eine Stelle unbesetzt zu lassen. Die Region wird immer unattraktiver, noch weniger Menschen wollen dort hinziehen. Ein Teufelskreis, gegen den es sich lohnt, aktiv zu werden.

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