Arbeitsrecht "Teilzeitbeschäftigte sind keine Arbeitnehmer zweiter Klasse"

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Aushilfen, Zweit-Jobs und Arbeitsverweigerung

Welche Rechte haben Arbeitnehmer mit Teilzeitverträgen oder flexibler Stundenzahl?

Aushilfen, 450-Euro-Jobber oder sonst geringfügig Beschäftigte fallen alle unter die Teilzeitbeschäftigten. Und wie bereits gesagt, genießen diese genau die gleichen Schutzrechte wie auch die Vollzeitbeschäftigten. Wir erleben in unserer Beratungspraxis immer wieder Unternehmer, die meinen, mit solchen Arbeitnehmern machen zu können, was sie wollen.

Inwieweit können Tarifverträge davon abweichen?

Tarifverträge können auch zum Arbeitnehmernachteil abweichen. Aber der Tarifvertrag muss immer eine Regelung über die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit enthalten. Außerdem kann die Ankündigungsfrist variieren. Im Gesetz ist die Rede von mindestens vier Tagen vom Arbeitsabruf des Arbeitgebers bis zum Arbeitsantritt des Arbeitnehmers. Im Tarifvertrag kann die Zeit gegenüber dem Gesetz unterschritten werden, hier ist eine Ankündigungsfrist von - theoretisch - mindestens einem Tag möglich.

Darf man eine zweite Teilzeitstelle annehmen?

Ja, es sei denn, der Arbeitsvertrag sieht etwas anderes vor. Das betrifft dann aber meist nur konkurrierende Unternehmen oder wenn der Arbeitgeber sonst ein besonderes Interesse an einem Nebentätigkeitsverbot hat. Das ist selten der Fall. Ansonsten geht das. Allerdings sollte man das vorher steuerlich und sozialversicherungsmäßig abklären.

Nutzen Arbeitgeber solche flexibleren Verträge auch aus?

Denken Sie an die 90er und 2000er Jahre mit der hohen Arbeitslosigkeit. Ursprünglich forderten ja die Gewerkschaften einen Ausbau von Teilzeitarbeit. Aus der Praxis heraus kann ich nicht sagen, dass Arbeitgeber das grundsätzlich ausnutzen. Bei Arbeitnehmern mit flexiblen Verträgen ist das ein bisschen anders. Viele Arbeitgeber haben einfach keine Ahnung, welche Rechte flexibel Beschäftigte haben, dass sie keine Arbeitnehmer zweiter Klasse sind. Sie meinen, das wirtschaftliche Risiko einfach auf die Arbeitnehmer abwälzen zu können. Ein böses Erwachen des Arbeitgebers gibt es auch oft bei der Bezahlung. Ein in Teilzeit oder flexibel Beschäftigter darf nämlich auch nicht geringer bezahlt werden, als ein Beschäftigter in Vollzeit.

Was können Arbeitnehmer machen, wenn sie viel mehr Stunden arbeiten sollen, als vertraglich festgelegt?

Das Bundesarbeitsgericht hat es vor einigen Jahren als zulässig erachtet, wenn über die vertragliche Mindestdauer hinaus Arbeit nach Arbeitsanfall geleistet wird. Der variable Anteil ist jedoch auf maximal 25 Prozent der vereinbarten Mindestarbeitszeit begrenzt. Wird darüber hinaus Arbeit verlangt, kann der Arbeitnehmer - theoretisch - die Arbeitsleistung verweigern.

Hat der Arbeitnehmer hingegen von sich aus den Wunsch nach einer Arbeitszeitverlängerung, muss der Arbeitgeber dem nicht nachkommen, wenn gerade keine angemessene Stelle frei ist. §9 des Teilzeit- und Befristungsgesetztes besagt aber, dass der Arbeitnehmer dann anderen Bewerbern gegenüber bevorzugt behandelt werden muss, sobald eine entsprechende Stelle frei wird.

Wie können sich Arbeitnehmer gegen Vertragsverstöße wehren?

Das ist ja immer ein grundsätzliches Problem. Kaum ein Arbeitnehmer hat tatsächlich den Mut, im laufenden Arbeitsverhältnis etwas gegen den Chef zu unternehmen. Oft aus Angst vor Nachteilen bis hin zu Mobbing. Hier hilft oft schon der Gang zum Betriebsrat. Als letztes Mittel muss der Arbeitnehmer aber immer den Rechtsweg einschlagen. Wenn er zum Beispiel kein Geld bekommt, kann er das einklagen. Oft kommt es aber erst am Ende des Arbeitszeitraumes zu rechtlichen Streitigkeiten.

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