Arbeitsrecht Wann Sie ein Tattoo den Job kosten kann

Arbeitsrechtlerin Cornelia Marquardt, Partnerin bei Norton Rose Fulbright, erklärt, welches Outfit sich Mitarbeiter erlauben dürfen, mit welchen Tattoos sie ihren Job riskieren und wann sie auch Uniformpflichten akzeptieren müssen.

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Heute schmücken sich „nicht mehr nur noch Seefahrer und Sträflinge“ mit Tattoos – sondern Menschen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten – und trotzdem riskieren manche damit ihren Job. Dies gilt jedenfalls für „Repräsentanten des Staates“, sprich Beamte oder Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst – und solche, die das erst werden wollen. Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat das gerade nochmal in einem Eilverfahren, das eine Bewerberin für die Bundespolizei in Gang gebracht hatte, bestätigt und der jungen Frau eine Abfuhr erteilt (Beschluss, Aktenzeichen 1 L 528/14.DA.).

Dr. Cornelia Marquardt arbeitet bei Norton Rose Fulbright. Ihre Schwerpunkte liegen auf dem Individualarbeitsrecht, Betriebsratsverhandlungen und Restrukturierungen. Quelle: Presse


Große und sichtbare Tattoos sind ein NoGo
Denn: Das Tattoo war großflächig und am rechten Unterarm – also gut sichtbar. Die Bundespolizei lehnte die Zulassung der Frau deshalb zum Einstellungsauswahlverfahren ab und verwies auf internen Richtlinien, wonach niemand mit sichtbarer Tätowierung eingestellt werden darf. Bei einem Polizisten als Repräsentant des Staates könnten sichtbare Tätowierungen Anlass zu Provokationen bieten und die Toleranz anderer übermäßig beanspruchen.
Nur wenn die Tätowierung klein dezent gewesen wäre – vor allem aber auch ohne besondere Symbolik –, wäre es kein Hinderungsgrund gewesen. Denn ein generelles Verbot jeglicher sichtbarer Tätowierung lässt sich bei der großen Verbreitung von Tattoos heute nicht mehr rechtfertigen.
Generell gab es von den Gerichten in jüngster Vergangenheit diese Urteile zu zulässigen Vorgaben an Dress Code und äußeres Erscheinungsbild von Mitarbeitern oder Auszubildenden:

So kleiden Sie sich richtig

Arbeitgeber dürfen grundsätzlich bestimmen, welche Kleidung Mitarbeiter während der Arbeit zu tragen haben. Auch wenn sie das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter beachten und berücksichtigen müssen, dass sich die allgemeinen Auffassungen zu gepflegtem Auftreten, zu Haarpracht, Bärten oder Körperschmuck verändert haben. Sehr hilfreich sind solche Formelsätze nicht.

Welche Vorgaben Unternehmen im Detail erlaubt sind, hängen vom konkreten Einzelfall ab. Arbeitgeber dürfen von Mitarbeitern, die mit Publikum zu tun haben, verlangen, dass sie ihr äußeres Auftreten dem Charakter des Unternehmens – etwa einer Bank, einem Juwelier, im Verkauf teurer Möbel und so weiter – anzupassen: Wichtig sind die konkreten Umständen des Arbeitsplatzes wie die Produkte, das Preissegment oder die Erwartungen der Kundschaft.

Fest steht: Das Unternehmen darf konkretisieren, was seine Leute anziehen und wie sie es tragen. Es darf beispielsweise verbieten, in Gegenwart von Kunden mit Jeans, Turnschuhen, ohne Krawatte und ohne Sakko aufzutreten. Je nach Branche darf das Unternehmen auch die Angestellten anweisen, bei Kundenkontakt stets Piercings herauszunehmen oder Tätowierungen abzudecken.


Wann Unternehmen eine Kleiderordnung erlassen dürfen

Denn: Mitarbeiter repräsentieren ihren Arbeitgeber, so dass dieser ein berechtigtes Interesse an deren Auftreten hat. Immerhin beeinflusst jeder einzelne die Darstellung und Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Wenn es in einem Betrieb hygienische Gründe dafür gibt oder Gefahren für Kollegen oder andere Menschen bestehen, darf der Vorgesetzte das Tragen von Schmuck oder Piercings gänzlich verbieten.

Das bedeuten Dresscodes für Männer
Stufe 1: Baseline Casual für MännerDie Zeiten, in denen Anzug tragen Pflicht war, sind lange vorbei. Viele Unternehmen setzen jetzt auf den „Baseline Casual“-Look. Also: Hübsche T-Shirts oder Polohemden, dunkle Jeans ohne Waschungen und geschmackvolle, nicht zu sportliche Sneaker.Aber Achtung: Folgen Sie immer der +1/-1 Regel. Sie können immer eine Stufe schicker gekleidet ins Büro kommen und am „Casual Friday“ oder zu anderen entspannteren Events auch mal eine Stufe weniger schick. Kleiden Sie sich dagegen gleich zwei Stufen schicker, wirkt das nur overdressed und überheblich. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtige Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Business CasualHier bleibt die Jeans im Kleiderschrank, dafür darf die Krawatte raus – bei Bedarf. Grundsätzlich ist ein Anzug mit Hemd und darüber eventuell ein feiner Strickpulli absolut ausreichend. Quelle: dpa
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtigen Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 5: Boardroom attire für Männer Schick, adrett und schwarz-weiß - diese drei Schlagworte sollten bei diesem Outfit im Vordergrund stehen. Als Mann kommen Sie um einen schwarzen oder dunkelgrauen Anzug nun nicht mehr herum. Auch die Qualität spielt jetzt eine große Rolle. Weißes Hemd und unifarbene Krawatte machen das Outfit komplett. Quelle: Peek&Cloppenburg
Black Tie / Cravate NoireDamit ist keine schwarze Krawatte, sondern eine schwarze Fliege gemeint – die zum Smoking getragen wird. Quelle: REUTERS
White Tie / Cravate BlancheHier tragen Männer Frack mit weißer Fliege.  Dies ist bei besonders festlichen Anlässen wie dem Wiener Opernball angesagt. Und was ist mit den Damen? >>Das bedeuten Dresscodes für Frauen Quelle: dpa



Wollen Unternehmen eine generelle Kleidungsordnungen für ihren Betrieb erlassen, müssen sie diese in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abstimmen. Er hat nämlich hierbei ein Mitbestimmungsrecht (Paragraf 87 Absatz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz). Weigert sich ein Arbeitnehmer, solch einer einer - zulässigen - Aufforderung nachzukommen und beispielsweise Piercings herauszunehmen oder Tätowierungen abzudecken, kann das Unternehmen ihn erst abmahnen und dann kündigen (verhaltensbedingte Kündigung).

Das bedeuten Dresscodes für Frauen
Baseline Casual für Frauen Quelle: Peek&Cloppenburg
Casual Quelle: Peek&Cloppenburg
Smart Casual Quelle: Fotolia
Business CasualWenn auf der Einladung von Business Casual die Rede ist, greifen Frauen am besten zum dunklen Kostüm, einem Hosenanzug oder einem Etui-Kleid. Der Rocksaum sollte das die Knie umspielen. Ein Minirock ist bei Business Casual genauso unangebracht, wie ein bodenlanger Rock. Jeans sind übrigens auch tabu: Wer keinen Hosenanzug besitzt und Röcke nicht mag, trägt eine dunkle Bundfaltenhose. Dieser Dresscode ist meistens bei Geschäftsessen oder Geschäftsreisen gefragt und hat eine repräsentative Funktion. Quelle: Fotolia
Business AttireBusiness Attire, Day Informal oder Tenue de Ville bedeutet, dass Sie Geschäftskleidung tragen sollten, obwohl Sie sich nicht im Büro befinden. Gefordert wird dieser Dresscode häufig bei Geschäftsreisen, bei Treffen mit Geschäftspartnern oder bei Business-Veranstaltungen im Allgemeinen. Frauen tragen also ein klassisches Kostüm oder einen Hosenanzug in Dunkelblau, Dunkelgrau, Anthrazit oder Schwarz. Dazu passt eine Bluse mit langen Ärmeln in Weiß, Hellblau oder Rosa. Alternativ geht auch ein förmliches Kleid, dessen Saum aber das Knie bedecken muss. Quelle: Fotolia
Black Tie / Cravate Noire Quelle: AP
White Tie / Cravate BlancheMänner tragen Frack mit weißer Fliege, Frauen sollen pompöse Abendkleider tragen. Und was ist mit den Herren? >>Das bedeuten Dresscodes für Männer Quelle: dpa

Die Ablehnung von Bewerbern wegen eines ungefälligen Äußeren ist übrigens keine Diskriminierung, die gegen das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), verstieße. Denn: Das AGG zählt die möglichen Diskriminierungsgründe auf – und zu denen gehören keine ästhetischen Gründe. Ausnahme: Nur dann, wenn ein Tattoo auf eine bestimmte sexuelle Orientierung hindeutet oder eine religiöse Bedeutung hat und die Ablehnung in diesem Kontext erfolgt, käme ein Verstoß gegen das AGG in Betracht. Lehnt ein Unternehmen aber einen Bewerber nur ab, weil ihm dessen Tätowierung nicht gefällt, liegt keine - verbotene - Diskriminierung vor.

Diese Urteile zum Outfit von Mitarbeitern geben ebenfalls Orientierung:

  • Landesarbeitsgericht Köln (Aktenzeichen 5 Sa 549/11) zu Mützen von Piloten:
    Piloten müssen Mützen auf dem Flughafen tragen, anders als Pilotinnen. Dies ist - juristisch - keine Benachteiligung der Männer. Denn sonst dürfte generell niemand unterschiedliche Dienstkleidungen für Männer und Frauen festlegen. Im entschiedenen Fall ging es um die „Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung“ der Deutschen Lufthansa, nach der Flugkapitäne auf dem Flughafen ihre Mütze tragen müssen, Pilotinnen aber dürfen – und nicht müssen.
  • Landesarbeitsgericht Köln (Beschluss, Aktenzeichen 3 TaBV 15/10) zu lackierten Fingernägeln:
    Ein Dienstleister, der für die Bundespolizei Flugkäste kontrolliert, wollte per Gesamtbetriebsvereinbarung vorschreiben, dass die Mitarbeiterinnen ihre Fingernägel nur einfarbig lackieren und Männer ihre Haare nur in natürlichen Farben färben. Aber: Die Länge der Fingernägel – 0,5 cm über der Fingerkuppe – darf der Dienstleister bestimmen. Denn dies hilft, die Verletzungsfahr beim Kontrollieren der Fluggäste zu reduzieren.
  • Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 2 A 10254/05):
    Mitarbeiter einer Justizvollzugsanstalt müssen es sich gefallen lassen, dass sie auffällige Tätowierungen unter ihrer Dienstkleidung verbergen müssen. Kurzarmhemden seien daher tabu. Die Richter befanden: Es ist legitim, dass der Staat ein Interesse daran hat, dass die uniformierten Gefängnisbeamten einheitlich und neutral auftreten.
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