Arbeitsrecht Das sollten Sie über Abmahnungen wissen

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Wie eine Abmahnung auszusehen hat

Die Abmahnung soll also zunächst eine Warnung sein: Verändert der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht, droht die Kündigung. Da die Abmahnung, auch wenn sie mündlich erfolgt, in der Personalakte festgehalten wird, hat sie außerdem auch eine Dokumentarfunktion.

Deshalb muss die Abmahnung konkret auflisten, was dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird. Zum Beispiel: "Herr Schneider kam am 28 Juli 2014 statt wie vertraglich vereinbart um 9.00 Uhr, erst um 11.23 Uhr ins Büro und war somit um 143 Minuten zu spät. Es ist das fünfte Mal innerhalb von fünf aufeinanderfolgenden Arbeitstagen, dass sich Herr Schneider nicht an die vertraglich festgesetzten Arbeitszeiten hielt."

Im direkten Gespräch sagt man dagegen wohl eher: "Schneider, Sie kommen ständig zu spät." Eine solche Formulierung hat aber vor Gericht keinen Bestand.

Rüge, Aufforderung und Androhung

Außerdem muss in der Abmahnung stehen, gegen welche Punkte seines Arbeitsvertrages oder mündliche Vereinbarungen er mit seinem Verhalten verstoßen hat. Dann gehören noch Sätze in die Abmahnung wie "Wir erwarten, dass Sie sich künftig an die vereinbarten Arbeitszeiten halten und pünktlich zur Arbeit erscheinen."

Außerdem beinhaltet eine Abmahnung immer auch eine Kündigungsandrohung. "Im Wiederholungsfall drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses." Ohne diesen Passus ist die Abmahnung rechtlich unwirksam.

Auch wichtig: Belege für das Fehlverhalten von Mitarbeitern aufheben. Wer die Auswertung der Stechuhr nach einem Jahr wegwirft und Mitarbeiter Schneider nach zwei Jahren kündigt, weil er immer noch ständig zu spät kommt, wird vor Gericht keine Schnitte haben, weil er seine Behauptung nicht beweisen kann.

So lange dauern Kündigungsschutzprozesse

Eine Abmahnung verjährt nämlich nicht. Außerdem ist der Zeitpunkt einer Abmahnung entscheidend - zumindest für den Arbeitgeber: Für den Kugelschreiber, der vor einem Jahr gestohlen wurde, kommt die Abmahnung heute zu spät. Ein Tipp für Personaler und Chefs: "Eine Abmahnung muss nicht unbedingt schriftlich erfolgen, als Rechtsanwältin rate ich aber dringend dazu", sagt Scheicht.

Schwierige Auseinandersetzung

Sonst wird es nämlich schwierig, sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen. Der Arbeitgeber müsste dann einen Zeugen benennen, der dabei war, als er die Abmahnung ausgesprochen hat und der muss sich auch noch daran zurückerinnern. Das wird schwierig, wenn die Abmahnung vielleicht schon ein Jahr zurück liegt.

Wer der Meinung ist, die Abmahnung sei nicht gerechtfertigt, kann sich dagegen wehren. Entspricht der in der Abmahnung geschilderte Vorwurf nicht den Tatsachen, kann der Angestellte gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG eine Gegenvorstellung einreichen und darauf bestehen, dass diese ebenfalls in die Personalakte kommt.

Außerdem kann sich der Angestellte beim Betriebsrat oder dem Chef selbst wegen ungerechter Behandlung beschweren (§§ 84, 85 BetrVG) und darauf drängen, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Was nur wenige wissen: "Man muss nicht sofort gegen eine Abmahnung vorgehen, das ist auch im Kündigungsprozess noch möglich", so Scheicht. Sie rät aber in jedem Fall dazu, sich mit der Personalabteilung und dem Chef außergerichtlich zu einigen - oder es zumindest zu versuchen. "Eine Zusammenarbeit wird nicht unbedingt besser, wenn man sich erst einmal vor Gericht getroffen hat", sagt sie.

Dass es drei Abmahnungen braucht, um eine Kündigung auszusprechen, ist falsch: Bei leichteren Verstößen wie dem Zuspätkommen sind es zwar in der Regel zwei bis drei Abmahnungen, bevor es dem Chef endgültig reicht. Sorgt ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten aber für einen Vermögensschaden, dann reicht schon eine Abmahnung, sagt Juristin Scheicht.

Begeht der Angestellte den gleichen teuren Fehler dann ein zweites Mal, kann er gehen. Es gibt aber auch Fälle, in denen eine sofortige Kündigung rechtens ist und der Arbeitgeber nicht erst den Umweg über die Abmahnung machen muss. Beispiele sind schwere Vertragsverletzungen, bei denen der Arbeitnehmer gewusst haben musste, dass darauf eine Kündigung folgt oder wenn das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört ist.

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