Arbeitsstättenverordnung Diese Rechte haben Arbeitnehmer bei Hitze im Büro

Ventilatoren oder eine Klimaanlage im Büro sind dieser Tage sehr beliebt Quelle: dpa

Die heiße Saharaluft kommt – und Deutschland ächzt unter der Hitzewelle: Vielerorts steigen die Temperaturen in diesen Tagen bis an die 40-Grad-Marke. Muss man bei diesem Wetter wirklich arbeiten?

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Den Deutschen kann man es beim Wetter nie Recht machen: Zu kalt, zu nass, zu windig, zu schwül, zu warm, zu genau richtig. Der Nörgelgrad hängt allerdings davon ab, was wir bei welchem Wetter tun müssen, beziehungsweise dürfen. 35 Grad im Italienurlaub sind super, 35 Grad an einem Arbeitstag eher weniger. Erst recht, wenn man im nicht oder schlecht klimatisierten Büro vor einem Computer sitzt. Da wächst auf einmal der Neid auf die Angestellten im kühlen Supermarkt und so mancher sehnt sich ins Kühlhaus der nächsten Metzgerei – unabhängig von den persönlichen Ernährungsgewohnheiten.

Weil die Konzentration und Arbeitsfähigkeit ab einer gewissen Umgebungstemperatur deutlich nachlässt – nicht umsonst hält der europäische Süden während der größten Mittagshitze Siesta – dürfen viele Schüler nach Hause, wenn es zum Lernen zu heiß ist.

Das Kultusministerium in Nordrhein-Westfalen beispielsweise empfiehlt, Schüler ab einer Raumtemperatur von mehr als 27 Grad vom Unterricht zu befreien – jedenfalls wenn sichergestellt ist, dass die Kinder dann nicht zu Hause vor verschlossenen Türen stehen oder stundenlang auf den Schulbus warten müssen. Bei den 27 Grad handele es sich aber nur um eine Empfehlung, keinen Richtwert. Außer der Temperatur an sich spiele nämlich auch die Luftfeuchtigkeit eine Rolle: Heiß und trocken lässt sich eher ertragen als heiß und schwül. Letztlich liegt die Entscheidung bei der Schulleitung.

Etwas anders sieht die Sache bei den Eltern der hitzegeplagten Kinder aus: Im Berufsleben gibt es klare Regeln, was die Temperaturen angeht. Die sogenannte Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) regelt, welche Temperaturen am Arbeitsplatz für Arbeitnehmer geeignet und welche gerade noch zumutbar sind. Grundsätzlich heißt es dort, dass in Arbeitsräumen „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ herrschen muss. Und für die gibt es Richtwerte: Als Höchst-Raumtemperatur empfohlen werden 26 Grad Celsius. Ist es draußen aber richtig heiß, darf es auch drinnen wärmer sein. Allerdings muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern dann entsprechend Abkühlung verschaffen.

Die Empfehlungen bei einer Raumtemperatur von mehr als 30 Grad sind eher profan: Lüften in den frühen Morgenstunden, Lockerung der Kleiderordnung sowie Bereitstellung kalter Getränke. Bei über 35 Grad werden die empfohlenen Gegenmaßnahmen dann skurril: Die Verordnung schlägt Luftduschen oder Wasserschleier vor. Geräte, die man weder kennt geschweige denn im Keller für diese Fälle vorhalten dürfte. Auch Hitzeschutzkleidung wird genannt. Andernfalls sei ein Raum, der eine Raumtemperatur von mehr als 35 Grad hat, „nicht als Arbeitsraum geeignet“. Bedeutet: Ist es heißer als 35 Grad und es gibt keine Luftdusche oder Ähnliches, können Arbeitnehmer theoretisch heimgehen. Theoretisch.

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Eigenmächtig nach Hause gehen ist kritisch

„Von der eigenmächtigen Niederlegung der Arbeit – egal bei welcher Temperatur – kann man als Arbeitsrechtler nur warnen“, so Fachanwältin für Arbeitsrecht Heike Kroll. Denn einen direkten Anspruch auf „hitzefrei“ kennt die Verordnung nicht.

Ein absoluter Ausnahmefall könnte nur dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber keinerlei Maßnahmen zum Schutz vor den Temperaturen unternimmt und die Weiterarbeit unter diesen Umständen für die Arbeitnehmer ein konkretes Gesundheitsrisiko darstellt. In diesem Zusammenhang sollte man jedoch die Beweislage im Auge behalten: Der Arbeitnehmer müsste im Zweifel die Gesundheitsgefährdung durch die zu hohe Raumtemperatur beweisen.

Grundsätzlich gilt: Wem zu heiß wird, darf weder eigenmächtig nach Hause gehen noch ohne Absprache eigene technische Vorkehrungen treffen. Betroffene Mitarbeiter sollten das Gespräch mit dem Chef suchen. „Dieser ist dann verpflichtet, die Vorgaben zur Raumtemperatur umzusetzen“, so Kroll. Wie er das macht, liegt in seinem Ermessen. Er muss jedoch so schnell wie möglich reagieren. Tut er das nicht, darf der Arbeitnehmer tatsächlich nach Hause gehen.

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