
Die Hälfte aller deutschen Beschäftigten arbeitet im Urlaub. Doch als ob das nicht schon genug der Aufopferung wäre, tun es viele auch noch ohne finanziellen oder Freizeitausgleich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Reisewebsite lastminute.de. Im Rahmen des Urlaubsarbeiter Reports 2012 wurden über 10.000 Männer und Frauen aus neun europäischen Ländern befragt.
Zwar arbeiten Deutsche im Gegensatz zu ihren französischen, italienischen und spanischen Kollegen relativ wenig. Nämlich nicht einmal eine Stunde pro freien Tag. Die Zahlungsbereitschaft der deutschen Arbeitgeber lässt aber zu wünschen übrig. 47 Prozent der Deutschen, die im Urlaub arbeiten, erhalten weder Geld noch zusätzliche freie Stunden.







Über so viel freiwillige Arbeitszeit freuen sich natürlich die Unternehmen. Jörg Burtscheid, Geschäftsführer von lastminute.de, warnt aber: „Mittel- und langfristig aber leiden Motivation, Einsatz und Kreativität.“ Deshalb sollten Chefs ihre Mitarbeiter zum Erholen ermuntern, anstatt ständige Erreichbarkeit zu erwarten. Arbeitspsychologin Carmen Binnewies von der Universität Münster rät Mitarbeitern diese Probleme selbst anzusprechen, weil Chefs von selbst oft nicht darauf kommen. „Für manchen Chef ist es ganz normal im Urlaub erreichbar zu sein und deshalb denkt er nicht darüber nach, bevor er die Nummer des im Urlaub weilenden Mitarbeiters wählt“, sagt die Professorin. Es liege nicht immer an den verständnislosen Chefs, sondern häufig auch an den Mitarbeitern, die ihre Bedürfnisse nicht mitteilen.
So sieht es anderswo aus
Die Franzosen arbeiten zwei Stunden täglich in ihrem Urlaub. Damit führen sie im Vergleich zu den anderen acht Ländern. Gleichzeitig ist die Zahlungsbereitschaft der Arbeitgeber sehr hoch. 65 Prozent erhalten einen finanziellen oder zeitlichen Ausgleich.
In Italien leisten die Urlaubsarbeiter durchschnittlich 98 Minuten pro Tag ab. 37 Prozent werden dafür nicht belohnt.
93 Minuten täglich arbeiten spanische Urlauber. Mit Blick auf die schlechte Vergütung – ganz schön viel. 46 Prozent sehen keinen zusätzlichen Cent für ihr Engagement.
Dort sieht es für die Arbeitnehmer noch schlechter aus. Sie schuften 92 Minuten täglich in ihrem Urlaub. Aber nur 42 Prozent werden dafür auch belohnt.
Im Nachbarland sind 88 Minuten täglich für den Chef reserviert. 43 Prozent erhalten dafür nichts.
Die Schweden arbeiten 71 Minuten täglich, obwohl sie die Füße hochlegen könnten. Immerhin bekommen fast zweidrittel der Urlaubsarbeiter dafür auch entweder Geld oder zusätzliche Freizeit.
Die nordischen Nachbarn der Schweden arbeiten mit 68 Minuten etwas weniger. Außerdem erhalten hier über Zweidrittel eine Belohnung.
Eine Stunde und eine Minute verbringen die Dänen in ihrem Urlaub täglich mit dem Job. 37 Prozent tun das für lau.
Und das birgt dann Frustration, Stress und Ärgernis. Die häufigste Auswirkung von Arbeit im Urlaub ist für die Befragten der fehlende Abstand zum Alltag. Jeder Vierte gab dies an. 21 Prozent konnten sich nicht richtig erholen. 18 Prozent klagten, nicht genug Zeit für sich zu haben. 13 Prozent ärgern sich sogar konkret über ihren Chef, weil dieser Zeit von ihnen bekommt, die ihm eigentlich nicht zusteht.
Die Auswirkungen auf die vermeintlichen Urlauber sind aber nicht ausschließlich negativer Natur. 19 Prozent gaben an, sorgenfreier aus dem Urlaub zurückzukommen, wenn sie selbst zwischendurch gearbeitet haben. Für 18 Prozent erleichtert die Urlaubsarbeit das Gewissen. 13 Prozent glauben, dass es ihrer Karriere hilft.
Insgesamt können sich Frauen offenbar besser von der Arbeit abgrenzen als ihre männlichen Kollegen. Sowohl in Deutschland als auch im europäischen Durchschnitt verbringen Frauen im Urlaub weniger Zeit mit Arbeit als Männer.