
Berlin Die neuen Bachelor-Absolventen der Wirtschafts- und Ingenieurfächer sind nicht fit für die Praxis: Zusätzlich zum Fachwissen bringen sie meist nicht viel mit - vor allem an sozialen und methodischen Kompetenzen mangelt es ihnen. An den Universitäten gilt das auch für den Praxisbezug. Die Fachhochschulen schneiden hier gut ab. Das ist das Ergebnis eines „Praxis-Checks“ des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) und der Arbeitgeberplattform Queb (Quality employer branding) bei 44 Konzernen, darunter Siemens, BASF, Bosch und Daimler.
In der Untersuchung, die dem Handelsblatt vorliegt, wurden 1540 Studiengänge der Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften (darunter zwei Drittel Bachelor) daraufhin geprüft, welche Rolle Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit oder Präsentationskunst spielen. Das Resultat ist ernüchternd: Nicht einmal jedes fünfte Studium bekam die Topnote von drei Sternen. Ganz schlimm sieht es an Universitäten aus: Dort erzielte nicht einmal jeder zehnte Studiengang die Bestnote. "Da ist noch deutlich Luft nach oben", sagt Autor Gero Federkeil.
Während Fachwissen vorausgesetzt wird, ist die „Berufsbefähigung“ zentraler Streitpunkt der Bologna-Reform, die das zweigeteilte Bachelor/Master-System etabliert hat. Versprochen wurde der Wirtschaft, dass auch Bachelor nach sechs bis sieben Semestern für den Beruf qualifiziert sind. Daran herrschen große Zweifel, die nun auch der Praxis-Check nährt. Daneben hatte die jüngste HIS-Absolventenstudie gezeigt, dass weit mehr Bachelor-Absolventen zunächst auf „unterqualifizierten“ Jobs landen, als solche mit dem alten Diplom.
Das CHE hat nicht Studenten getestet, sondern zusammengetragen, welche Rolle Praxisbezug, Sozialkompetenz und Methodik im Studium spielen und wie viele der heute europaweit an Hochschulen üblichen Bewertungspunkte man damit erwerben kann. Auf dieser Basis haben die Macher der Studie Noten von null bis drei Sternen vergeben.
Teamwork, Verhandlungsführung, Recherche spielen keine Rolle
Lediglich jeder siebte Studiengang legt ausreichend Wert auf Methodik - also etwa Recherche-Technik oder Präsentation, Zeitmanagement oder Projektarbeit. Fast die Hälfte bekam hier lediglich einen oder gar keinen Stern. Ein positiver Ausreißer nach oben sind die Bauingenieurstudiengänge an Unis.
Noch schlimmer sieht es bei der Vermittlung sozialer Kompetenzen aus wie Gruppenarbeit, Moderation, Verhandlungsführung und soziale Tätigkeiten wie etwa ein Job als Tutor. Lediglich vier Prozent der Bachelor-Studiengänge und sechs der Masterstudien kamen hier auf die Bestnote - mehr als die Hälfte erhielt maximal einen Stern.
Beim Praxisbezug - vor allem Länge der Praktika und Anteil der Dozenten aus der Praxis - sind Fachhochschulen nach wie vor weit besser als Unis. Ihnen sei es „vielfach gelungen“, diese traditionelle Qualität zumindest bei den Bachelor in die neue Struktur hinüberzuretten. Das gelte aber leider nicht für ihre Masterstudiengänge.
Insgesamt schneiden an den Fachhochschulen die relativ neuen Mechatronik-Studiengänge auffällig gut ab. „Offensichtlich wurde hier die Beschäftigungsbefähigung in der Konzeption der Studiengänge von vornherein stärker berücksichtigt“, mutmaßt das CHE. An den Unis heben sich die Elektro- und Informationstechnik positiv ab.
Die boomenden dualen Studiengänge - qua definitionem in Kooperation mit Unternehmen - schnitten beim Praxisbezug daher super ab. Bei Methodik und Sozialkompetenzen sind sie jedoch ebenso schlecht wie andere Studiengänge.