Beruf Wie Firmen arbeitsunfähigen Mitarbeitern helfen

Krankheiten oder Unfälle halten Angestellte häufig langfristig vom Arbeitsplatz weg. Unternehmen sollten durch umfassenden Beistand die Wiedereingliederung zum beiderseitigen Vorteil erleichtern.

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Mit Schiene zur Arbeit Quelle: dpa

Ein Bein ist schnell gebrochen – und heilt nur langsam. Ein Unglück ist das nicht nur für den Verletzten, sondern auch für seinen Arbeitgeber, der einige Wochen auf ihn verzichten muss. Die Heilung und Wiedereingliederung der Arbeitnehmer zu erleichtern – egal ob die Arbeitsunfähigkeit betriebsbedingt ist oder nicht - gebietet nicht nur die Fürsorgepflicht jedes Arbeitgebers, sondern auch das wirtschaftliche Interesse. Und nicht zuletzt auch das Gesetz.  

Seit 2004 müssen Arbeitgeber länger erkrankten Mitarbeitern ein sogenanntes BEM, kurz für betriebliches Eingliederungsmanagement, anbieten. Bei einer Krankheitsdauer von sechs oder mehr Wochen ist der Arbeitgeber nach dem Sozialgesetzbuch verpflichtet, gemeinsam mit dem Angestellten eine Lösung zu suchen, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann. Dazu muss der Arbeitgeber konkrete Leistungen und Hilfe anbieten – wie die Unternehmen diese gestalten, ist aber bewusst offen gelassen. Der Facharbeiter hat schließlich andere Bedürfnisse als ein Controller.

Die BEM-Leistungen eines Arbeitgebers können von sozialem Beistand bis zu zusätzlicher medizinischer Versorgung reichen. Beim Autobauer Daimler wird beispielsweise ganz bewusst auf Prävention gesetzt: „Wir bietender Belegschaft ein ganzheitliches, auf Prävention ausgerichtetes Gesundheitsmanagement an. Das beginnt bei der Beratung zu gesunder Ernährung und geht über Themen wie Ergonomie, medizinische Betreuung und Sozialberatung bis hin zu individuellen Bewegungsangeboten. Dabei werden die Mitarbeiter in ihrer Eigenverantwortung gegenüber ihrer Gesundheit unterstützt.“

Wird der Daimler-Mitarbeiter dennoch langfristig krank, bietet Daimler schon während der Genesungszeit Fortbildungsmöglichkeiten. Mit gebrochenem Bein kann man nicht am Band stehen, aber lernen durchaus. Der Arbeitgeber kriegt im Idealfall nach Ende der Arbeitsunfähigkeit einen besser gebildeten Mitarbeiter zurück.

Der Konsumgüter-Konzern Henkel in Düsseldorf setzt ganz bewusst auf eine umfassende Betreuung arbeitsunfähiger Mitarbeiter. Soziale und medizinische Dienste sollen möglichst bei jedem individuellen Notfall helfen, egal ob es sich um Beratung in Finanzfragen handelt oder der Suche nach einer Nachmittagsbetreuung für Kinder.

Nach sechs Monaten fällt die Rückkehr schwerer

Um Arbeitnehmer nicht zu lange von Ihrem Arbeitsplatz fernzuhalten, bieten viele Unternehmen eine gestufte Eingliederung an, falls der Arzt einverstanden ist. Mit frisch gebrochenem Bein ist ein Acht-Stunden-Tag meist nicht zumutbar, aber ein Drei-Stunden-Tag möglicherweise kein Problem. In den darauf folgenden Wochen kann der Genesende dann schrittweise sein Pensum wieder erhöhen.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es erkrankten Mitarbeitern ab einer Dauer von sechs Monaten meist schwerer fällt sich wieder einzuarbeiten“, sagt Claudia Suchanek, Werksärztin beim Henkel-Konzern in Düsseldorf. „Deshalb legen wir unseren Mitarbeitern, sofern sie es den wollen, eine stufenweise Eingliederung nahe.“

Bei Henkel helfen speziell für die einzelnen Unternehmensbereiche geschulte Experten den Rückkehrern. „Über  90 Prozent unserer längerfristig arbeitsunfähigen Mitarbeiter können an ihre alte Stelle zurückkehren“, sagt Regina Neumann-Busies, Leiterin der Sozialen Dienste bei Henkel. „Ist dieses im Einzelfall nicht realisierbar, helfen Experten des betrieblichen Eingliederungsmanagements, als Vermittler zwischen den Betroffenen und deren Vorgesetzten eine Alternative zu finden.“

Von den betrieblichen Wiedereingliederungshilfen profitieren nicht nur Unternehmen und  rückkehrwillige Arbeitnehmer. Auch die Solidargemeinschaft hat einen Nutzen: Aus Leistungsempfängern werden schneller wieder  Steuer- und Beitragszahler. So kann ein gut umgesetztes Wiedereingliederungsmanagement aus einem Unglücksfall eine Win-Win-Win-Situation machen.

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