
Skype, Facejobs, Hire TV, die Liste an Videotools, über die sich Bewerber einem Unternehmen vorstellen können, ist lang. Und prinzipiell sind sie sehr praktisch. Wenn ein Unternehmen aus den USA einen ersten Eindruck von einem Bewerber aus Malaysia haben will, wäre es ein ziemlich großer logistischer Aufwand, den Kandidaten für ein kurzes Shakehands einzufliegen.
Mit einer Videobewerbung können sich Personaler einen ersten Eindruck verschaffen und dann entscheiden, ob es sich lohnt, dem Kandidaten ein Flugticket und ein Hotelzimmer zu bezahlen.
Auch die Sache mit der Zeitverschiebung lässt sich lösen: Bei der Interview Suite von Viasto beispielsweise formuliert die Personalabteilung Fragen an die Bewerber und hinterlegt diese im Interview-Tool. Dann werden die Interessenten per E-Mail eingeladen. Wer das Tool startet, sieht die Fragen und kann direkt darauf antworten. Diese Videos sieht sich der Personaler dann an und entscheidet: Welcher Kandidat hat mir am besten gefallen, wen lade ich zu einem persönlichen Gespräch ein?
Körpersprache, Geruch und Händedruck zählen
Aber genau dieses "wer hat mir am besten gefallen" wird bei Videos zu einem Problem, wie die Psychologen Katherine Rogers von der University of Tennessee und Jeremy Biesanz von der University of British Columbia herausgefunden haben.
Worauf es bei einem Bewerbungsvideo ankommt
Hier geht es um eine kurze Präsentation, nicht um ein Home-Video - länger als zwei Minuten sollte es also nicht gehen.
Das Bewerbungsvideo funktioniert inhaltlich wie das Anschreiben auch: Stellen Sie sich mit Name, Vorname und Alter vor, dann folgen beruflicher Werdegang, Studium bzw. Ausbildung und die persönlichen Stärken. Zum Schluss sagen Sie, warum Sie der Richtige für den Job sind beziehungsweise den Job unbedingt wollen.
Aufstehen statt Sitzen heißt die Devise. Da bleibt mehr Raum für Körpersprache.
Die Umgebung, in der das Video aufgenommen wird, sollte neutral sein. Also bitte nicht im Wohnzimmer vor der Blümchentapete. Außerdem sollten keine störenden Hintergrundgeräusche zu hören sein. Auch die Beleuchtung spielt eine Rolle: Man sollte Ihr Gesicht gut erkennen können.
Wie auch beim Vorstellungsgespräch gilt: Ziehen Sie sich ansprechend an, auch wenn Sie das Video in Ihrem Wohnzimmer drehen, sollten Sie keine Jogginghose tragen, sondern etwas dem Anlass entsprechendes.
Denn der erste Eindruck, den Menschen von ihrem Gegenüber bekommen, ist auch vom Medium abhängig, so das Ergebnis ihrer Studie. Zwar sei immer noch nicht vollständig erforscht, was alles zum ersten Eindruck beiträgt. Aber einiges ist eben doch bekannt, wie auch andere Untersuchungen zeigen. Demnach formt sich unser Bild vom Gegenüber deutlich mehr aus dem, was ein Mensch tut, denn aus dem, was er sagt: Gestik und Mimik - kurz Körpersprache - sprechen uns deutlich mehr an.
Was Ihre Gesten über Sie verraten
signalisiert laut den Bewerbungsexperten von Hesse/Schrader Konzentration oder Nachdenken
bedeutet Ungeduld oder Nervosität, vielleicht sogar Provokation
zeigen die eigene Überlegenheit
Gesagtes wird zurückgenommen, weil Unsicherheit in der Sache besteht
demonstriert Selbstzufriedenheit, wirkt aber nicht immer sympathisch
zeigt bei Zurücklehnen grenzenlose Souveränität
lässt auf Desinteresse, Unkonzentriertheit oder Nervosität schließen
steht für Nachdenklichkeit, Erschöpfung oder Langeweile
zeigt Ratlosigkeit oder Unsicherheit
steht für Nachdenklichkeit und Zufriedenheit
zeigen bei Frauen: Unsicherheit oder Angst, bei Männern: Ablehnung und Verschlossenheit
signalisieren Überheblichkeit, gleichzeitig Abwehr gegen Einwände
Der Geruch ist nicht zu unterschätzen: Aufdringliches Aftershave oder dezentes Eau de Toilette? Selbst der Duft des Weichspülers, den der Bewerber benutzt, kann unterbewusst wirken.
Auch der Händedruck entscheidet über Sympathien. Aus all diesen Faktoren - Aussehen, Geruch, Körpersprache, Handschlag und letztlich Stimme und Wortwahl - entsteht der erste Eindruck. Das Ganze passiert binnen 100 Millisekunden. Danach steht für uns nahezu unveränderlich fest, wie wir eine Person finden - unabhängig von ihrer fachlichen Expertise.
Und da es bei Vorstellungsgesprächen nun mal besonders darum geht, wen der Personaler leiden kann, sollten sich Bewerber gut überlegen, ob sie auf gleich drei Einflussfaktoren verzichten und nur durch Klang der Stimme und Wortwahl überzeugen wollen.
Dass das lange nicht so gut gelingt wie beim persönlichen Gespräch, zeigten die Experimente von Rogers und Biesanz: Wer nur ein Video von einem Menschen sieht, ist kritischer. "Sympathie auf den ersten Blick" gibt es hier nicht.
Immerhin sehen das die Bewerber, zumindest in Deutschland, ähnlich. Laut einer GfK-Umfrage ziehen sie ein persönliches Treffen einer Videokonferenz oder einem Videochat vor.
Besonders angesehen ist der Austausch via elektronischer Hilfsmittel dagegen in Brasilien, der Türkei und in Mexiko.