Die renommierte Altersforscherin Laura Carstensen von der Stanford-Universität geht davon aus, dass Menschen ihr Handeln – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich – bewusst danach ausrichten, wie viel Zeit ihnen noch auf der Erde bleibt. In Kindheit und Jugend, wenn da noch so viel Zukunft ist, wollen sie neue Eindrücke gewinnen, neue Menschen kennenlernen und neue Informationen aufsaugen. Sprich: Sie sind umso neugieriger und wissbegieriger.
Doch je älter Menschen werden, desto wichtiger werden Sicherheit und Geborgenheit. Die sprichwörtliche Uhr läuft langsam ab – und umso mehr Wert legen sie darauf, bestehendes Wissen zu konservieren, anstatt neues zu generieren.
Lernziele vorgeben
Das müssen Unternehmen berücksichtigen. Wer die Lernfähigkeit der Mitarbeiter fördern will, muss ihnen zunächst einmal verdeutlichen, welche Ziele sie erreichen wollen. Beispiel Fremdsprache: Wollen sie in einem anderen Land lediglich im Restaurant Essen bestellen und mit Kollegen plaudern? Oder mit Geschäftspartnern Verhandlungen führen?
Dann sollten sie einen Plan aufstellen und Zwischenziele setzen. Etwa: Wie viel Zeit wollen sie investieren? Jeden Tag eine halbe Stunde? Und was wollen sie wann können? Wer sich an die Pläne hält und seine Ziele erreicht, erlebt Kompetenz – und die motiviert ungemein. Auch kann es helfen, Lernen an gewisse finanzielle Anreize zu knüpfen. Wichtig ist aber, dass diese Anreize – egal, ob Bonus oder Beförderung – erreichbar und attraktiv sind.
Margarete Voll hat ein solches Ziel deutlich vor Augen. Die 56-Jährige ist seit dem Jahr 2000 Abteilungsleiterin bei der Allianz in Frankfurt am Main und verantwortlich für 85 Mitarbeiter. In den nächsten Jahren würde sie gerne eine weitere Stufe auf der Karriereleiter nach oben klettern. Auch deshalb nimmt sie am Allianz Management Institute (AMI) derzeit an einer Weiterbildung teil.
Viele Großkonzerne haben inzwischen solche Akademien gegründet, knapp 100 so-genannte Corporate Universities gibt es in Deutschland. Sie tragen klangvolle Namen wie Siemens Learning Campus, ThyssenKrupp Academy, RWE Development Center oder Infineon Institute. Das AMI der Allianz gilt als eines der Vorzeigemodelle, im Jahr 2003 erhielt es als erste Firmenuni in Europa die Zertifizierung der European Foundation for Management Development (EFMD).
Weiterbildung muss sich lohnen
Voll startete im vergangenen Februar mit 32 Teilnehmern. In der ersten Seminarwoche ging es zunächst um konkrete Lernziele und eine genaue Selbsteinschätzung – welcher Teamtyp ist man, wo einzelne Stärken und Schwächen liegen. Dann wurden die Teilnehmer in Arbeitsgruppen eingeteilt. Nun bereitet Voll mit vier Kollegen, darunter auch solche aus Slowenien und den USA, ein Konzept zum Thema „E-Learning“ vor. Das sollen sie in der Abschlusswoche vor Allianz-Vorstandsmitgliedern präsentieren – unter realen Bedingungen. Denn je besser das Konzept, desto höher die Chance, dass es realisiert wird.
Die Versicherungsbosse nehmen sich bewusst Zeit für die AMI-Absolventen. Die Mitarbeiter sollen lernen, dass sich die Weiterbildung lohnt; dass sie dadurch Kontakt zu Vorgesetzten bekommen, die sie sonst selten bis gar nicht persönlich zu Gesicht bekommen.