Bildung Lebenslanges Lernen als Potenzial für Unternehmen

Die Welt wird komplexer, Produkte verschwinden schneller, Menschen arbeiten länger. Umso wichtiger wird lebenslanges Lernen. Wie Unternehmen ihre Mitarbeiter darin fördern können. Und was Sie selbst dafür tun können, Ihren Geist auch im fortgeschrittenen Alter wach zu halten.

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Wissen ist Stärke Quelle: Thomas Fuchs für WirtschaftsWoche

Es gibt Sätze, die im Gedächtnis haften wie Klebstoff. „Non scholae, sed vitae discimus“ ist so einer – nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir. Mit dieser Weisheit nerven Lehrer gerne ihre Schüler: Der Lernstoff zähle weniger für das Zeugnis, dafür umso mehr für die weitere Laufbahn. Natürlich ist so ziemlich jeder Schüler anderer Meinung.

Verständlich. Lernen ist anstrengend, mühsam und zeitraubend. Der englische Philosoph John Locke verglich Lernen gerne mit der Jagd nach Tieren: Erst am Ende wird man belohnt. Der Jäger durch frische Beute, der Schüler durch neues Wissen.

Das Wissen der Menschheit verdoppelt sich alle fünf Jahre

Diese Jagd ist heute wichtiger denn je. Denn Wissen hat sich in unserer Informationsgesellschaft längst zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt. Körperliche Arbeit wird immer unwichtiger als geistige Fähigkeiten, Internet und Massenmedien beschleunigen die Entwicklung. Schätzungen zufolge verdoppelte sich das Wissen der Menschheit im 18. Jahrhundert alle 100 Jahre, inzwischen dauert das nur noch fünf Jahre.

Unsere Lern-Tipps

Diese Beschleunigung macht auch vor der Industrie nicht halt: Die Lebenszyklen aktueller Produkte verkürzen sich, Innovationen müssen schneller auf den Markt kommen, der demografische Wandel tut sein Übriges. Waren im Jahr 2009 noch 31 Prozent der Mitarbeiter älter als 50, werden es 2017 schon 40 Prozent sein. Erst in der vergangenen Woche verlangte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass die Menschen in den Industrieländern später in Rente gehen sollten.

Jürgen Rüttgers fordert Abschied vom starren Renteneintrittsalter

Weil sich die Alterspyramide dramatisch verändert, fordert Jürgen Rüttgers den Abschied vom starren Renteneintrittsalter: „Ältere Menschen sollten als Teil der Gemeinschaft neue Aufgaben übernehmen“, sagt der Ex-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Zwischen der Einteilung „Arbeitszeit“ und „Alter“ liegt nach Meinung des 60-Jährigen das neue „Zwischenalter“ – die Phase nach dem Berufsaustritt, in der sich körperlich und intellektuell fitte Menschen gegen Bezahlung oder ehrenamtlich engagieren könnten.

Illustration Lernen Quelle: Thomas Fuchs für WirtschaftsWoche

Unabhängig davon, ob sich diese Forderung durchsetzt – schon heute gilt: Jeder Angestellte, ganz gleich auf welcher Ebene und noch intensiver als bisher, muss ein Leben lang dazulernen. Denn was heute gilt, kann morgen bereits überholt sein.

Viele Arbeitgeber stellen sich schon heute darauf ein. Im bundesweiten Demografie Netzwerk (ddn) haben sich seit März 2006 mehr als 300 deutsche Unternehmen und Institutionen zusammengeschlossen, die insgesamt etwa zwei Millionen Mitarbeiter beschäftigen. In einer Studie fand das ddn heraus: Von den über 50-Jährigen nimmt lediglich jeder Fünfte an einer betrieblichen Weiterbildung teil – fünf Prozent weniger als der Durchschnitt. Und zu wenig, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Nicht nur als Individuum, sondern auch als Unternehmen.

Kann man Lernen lernen?

Lernen jung und alt Quelle: Thomas Fuchs für WirtschaftsWoche

Aber was können Erwachsene noch lernen? Worauf müssen sie dabei achten? Und wie können Führungskräfte die Lernfähigkeit der Mitarbeiter fördern? Anders gefragt: Kann man Lernen lernen?

Fragen, die den amerikanischen Psychologieprofessor Gary Marcus von der New- York-Universität bereits seit vielen Jahren beschäftigen. Der Wissenschaftler ist Experte auf dem Gebiet der Lernforschung. Und er hat dafür gesorgt, dass das Thema derzeit auch in den USA wieder diskutiert wird.

Das Gehirn zum wachsen bringen

In seinem neuen Buch „Guitar Zero“ beschreibt der Forscher das Resultat eines Selbstversuchs. Marcus, völlig unmusikalisch und talentfrei, versuchte Gitarre zu lernen. Im Alter von 40 Jahren.

Lernen in Prozenten

Bis vor einigen Jahren hätten ihn Forscherkollegen dafür noch ausgelacht. Denn lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass das menschliche Gehirn irgendwann ausgelernt hat. Doch das gilt inzwischen als widerlegt. Etwa durch eine Untersuchung des Neurologen Arne May vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Im Jahr 2008 gab er 20 Männern und 24 Frauen im Alter von 50 bis 67 drei Bälle und drei Monate Zeit. Nun sollten sie lernen, die Kugeln mindestens 60 Sekunden lang zu jonglieren, was keiner der Freiwilligen jemals zuvor geübt hatte. Nach Ablauf der Zeit unterzog May die Teilnehmer einem Hirnscan. Und siehe da: Wer Jonglieren gelernt hatte, bei dem hatte sich der Hippocampus vergrößert – jene Hirnregion, die für das Lernen zuständig ist.

Eine ähnliche Erfahrung machte erst kürzlich die Hirnforscherin Eleanor Maguire vom University College in London. So beliebt die britische Hauptstadt bei Touristen ist, so kompliziert ist sie für Taxifahrer. Wer die Lizenz zum Fahren ergattern will, muss sich 25.000 Straßen merken. Bis zu vier Jahre lernen Anwärter für die Prüfung. Eine erhebliche geistige Anstrengung. Aber eine, die im Gehirn Spuren hinterlässt – und zwar sprichwörtlich.

10 Fakten über Entscheidungen
Entscheidungen machen glücklichZu diesem Ergebnis kam der Psychologe Mauricio Delgado von der Rutgers Universität im Jahr 2011. Seine Probanden konnten in einer Übung Spielgeld gewinnen und später gegen echtes Geld tauschen. Auf einem Monitor sahen sie nun zwei kleine Rechtecke. Mal konnten sie selbst entscheiden, welches sie berührten, mal traf der Computer die Wahl. Unmittelbar danach teilte der Rechner ihnen mit, ob sie 0, 50 oder 100 Dollar erspielt hatten. Als Delgado die Probanden fragte, wie sie das Experiment fanden, stellte er fest: Die Teilnehmer hatten mehr Spaß, wenn sie den Knopf selbst gedrückt hatten - unabhängig davon, wie anschließend ihr Gewinn ausgefallen war. Mehr noch: Wenn sie selbst wählen konnten, waren jene Hirnregionen aktiv, die für Belohnungen zuständig sind. Entschied der Computer für sie, hielten diese Regionen still. Quelle: picture-alliance/ obs
Grübeln macht unglücklichEs gibt im Leben leider keine Rückgängig-Taste, obwohl wir die manchmal herbeisehnen. Dann nämlich, wenn wir darüber grübeln, ob wir uns nicht besser anders entschieden hätten – und das macht unglücklich, fand Erin Sparks von der Florida State Universität kürzlich heraus. Die Erklärung: Manche Menschen streben so sehr nach der optimalen Lösung, dass sie sich auch nach dem Entschluss noch fragen, ob sie die richtige Wahl getroffen haben - und dadurch bauen sie keine Beziehung zu der getroffenen Option aus. Wer mit sich hadert, freundet sich nie richtig mit der Entscheidung an - und steht sich und seinem Glück selbst im Weg. Quelle: Fotolia
Manchmal bevorzugen wir wenige OptionenOb wir uns vorher gerne mit vielen oder wenigen Möglichkeiten herumschlagen wollen, hängt davon ab, ob wir die Entscheidungen für uns selbst treffen oder für jemand anderen. Zu diesem Fazit gelangte in diesem Jahr Evan Polman von der Stern School of Business. Bei einem Experiment ließ er 125 Studenten die Wandfarbe eines Schlafzimmers auswählen. Mal ging es um ihr eigenes Zimmer, mal um ein fremdes. Der einen Hälfte gab Polman acht verschiedene Farben zur Auswahl, der anderen 35. Nach der Entscheidung sollten sie ihm sagen, wie zufrieden sie mit ihrer Wahl waren. Kurios: Ging es um das eigene Schlafzimmer, waren jene Probanden zufriedener, die nur acht Wahlmöglichkeiten hatten. Ging es jedoch um ein fremdes Schlafzimmer, waren die Teilnehmer mit 35 Optionen glücklicher. Der Grund: Betrifft die Entscheidung unser eigenes Leben, wollen wir Verluste vermeiden und bloß keine falsche Wahl treffen - und daher bevorzugen wir in diesem Fall weniger Optionen. Quelle: Fotolia
Wir vergessen unsere EntscheidungenLars Hall von der schwedischen Lund Universität zeigte im Jahr 2005 50 Männern und 70 Frauen zwei weibliche Porträtfotos. Sie sollten auswählen, welches Gesicht sie attraktiver fanden. Während die Teilnehmer ihre Entscheidung begründeten, vertauschten die Wissenschaftler heimlich die Fotos. Verblüffend: 70 Prozent der Versuchspersonen bemerkten den Tausch überhaupt nicht und verteidigten ihre "falsche" Wahl. Quelle: dpa-tmn
Teams neigen zu falschen EntscheidungenJulia Minson und Jennifer Mueller von der Wharton Business School stellten Hunderten von Studenten verschiedene Fragen. Vorab durften sie entscheiden, ob sie die Antworten lieber alleine abgeben oder sich mit einem Spielpartner beraten wollten. Nach Abgabe der Antworten wurden ihnen die Schätzungen anderer Teams vorgelegt. Nun hatten sie die Möglichkeit, ihre Antworten noch mal zu revidieren. Und zu guter Letzt sollten sie angeben, wie sicher sie sich waren, dass ihre Antwort nicht weiter als zehn Prozentpunkte von der korrekten Lösung entfernt war. Zwar waren die Antworten der Teams tatsächlicher näher an der Wahrheit, allerdings beugten sie sich seltener dem Rat einer externen Stimme als die Einzelkämpfer – und verschenkten dadurch die Möglichkeit, ihre Antwort noch mal zu verbessern. Quelle: Fotolia
Selbst leichte Entscheidungen fallen schwerEigentlich erscheint es logisch, dass uns nur leichte Entscheidungen nicht schwer fallen. Dennoch fallen uns im Alltag auch banale Entschlüsse schwer – zumindest empfinden wir es so. Nach Angaben von Aner Sela (Universität von Florida) und Jonah Berger (Wharton Business School) liegt das an einer Art gedanklicher Verzerrung: Wir erwarten, dass eine Entscheidung im Grunde unwichtig sein wird, doch plötzlich sehen wir uns mit verschiedenen Optionen konfrontiert. Doch anstatt schnell zu entscheiden, verwechseln wir die Wahlmöglichkeiten mit Wichtigkeit. Und dadurch entschließt sich unser Gehirn gewissermaßen dazu, einer Entscheidung viel Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen - obwohl das streng genommen gar nicht notwendig ist. Quelle: Fotolia
Tibetan spiritual leader the Dalai Lama Quelle: dapd

Maguire durchleuchtete für ihre Studie mehrmals das Gehirn von 79 Taxifahrern und 31 Kontrollpersonen. Vor dem Marathonbüffeln fand sie bei den Probanden keine Unterschiede, hinterher allerdings schon: Zumindest bei den erfolgreichen Prüflingen war der Hippocampus erheblich gewachsen. Bei den gescheiterten Anwärtern und den Kontrollpersonen war das Volumen hingegen gleich geblieben.

Diese und ähnliche Studien von Psychologen, Neurologen und Ökonomen haben das Bild des erwachsenen Gehirns in den vergangenen Jahren revolutioniert. Sie lassen vor allem einen Schluss zu: Lernen ist auch im Alter noch möglich. Was Hänschen nicht lernte, kann Hans immer noch nachholen. Egal, ob ein neues Musikinstrument oder eine neue Fremdsprache.

Der ganz alltägliche Gedächtnisschwund

Vor einigen Jahren beklagten sich in Südkorea immer mehr junge Berufstätige über Gedächtnisschwund. Telefonnummern oder Passwörter konnten sie sich kaum noch merken. Auch Neurologen diagnostizieren, dass die Menschen heute vieles nicht mehr so gut im Kopf behalten wie noch vor einem Jahrzehnt. Für viele Technikskeptiker stehen die Schuldigen fest: Das Internet! Smartphones! Laptops! Die Informationsflut! Manche Psychiater warnen sogar schon vor digitaler Demenz. Doch so ganz stimmt das nicht – zumal das Phänomen keinesfalls neu ist.

Lernzeit aufteilen

In welchen Firmen Burnout oft auftritt
K+S Quelle: dpa
K+S Quelle: dpa
Daimler & BMW Quelle: dapd
Bayer, RWE und SAPSehr nah beieinander liegen auch die Zahlen von Bayer, RWE und SAP. Beim Pharmakonzern aus Leverkusen erkranken bis zu 2000 Mitarbeiter pro Jahr, das sind 5,6 Prozent der 35.800 Beschäftigten. Beim Energielieferanten RWE sind pro Jahr bis zu 2400 der 41.632 Mitarbeiter betroffen. Das sind knapp 5,8 Prozent, also fast jeder 17. Im Hause SAP fallen zwischen 700 und 1000 Angestellte dem Stress zum Opfer. Das entspricht im schlimmsten Falle jedem 16. der 16 011 Angestellten. Quelle: dpa
Commerzbank, Metro, Deutsche Telekom und InfineonErhöhte Belastung in Sachen Stress auch bei der Commerzbank. Jedes Jahr erkranken hier zwischen 2300 und 3200 Mitarbeiter von 44.474 Mitarbeitern, etwa 7,2 Prozent der Belegschaft. Fast das gleiche Risiko gilt auch für Mitarbeiter bei Metro. Das Handelsunternehmen vermeldet bis zu 6 600 Burnout-Fälle bei 91.189. Auch hier erkrankt annähernd jeder 14. Bei der Telekom sind es zwischen 3800 und 8 900 Erkrankungen im Jahr. Bei einer Belegschaft von 121 564 Arbeitnehmern entspricht das gut 7,3 Prozent. Beim Chiphersteller Infineon ergab die Schätzung, dass höchstens 600 der 7.926 jährlich unter einem Burnout leiden. Quelle: dpa
Deutsche BankDer Finanzsektor scheint nicht so oft betroffen, wie man zunächst denkt. Für die Deutsche Bank ermittelten die Experten, dass im Jahr bei etwa 1900 von insgesamt 24.801 Mitarbeitern (ohne Postbank und Sal. Oppenheim) ein Burnout diagnostiziert wurde. Es erkrankt demnach jeder 13. Angestellte. Quelle: dapd
Siemens Quelle: dapd

Der deutsche Gedächtnisforscher Hermann Ebbinghaus fand bereits im 19. Jahrhundert heraus: Nach etwa 20 Minuten erinnern Menschen sich nur noch an 60 Prozent des neuen Wissens, nach 24 Stunden an 30 Prozent. Langfristig bleiben nur etwa 15 Prozent im Kopf haften.

Beim Lernen verbinden sich im Gehirn, vereinfacht gesagt, Nervenzellen miteinander. Wie gut Menschen etwas lernen, hängt davon ab, wie stark diese Synapsen verknüpft sind. Kapazität wäre genug vorhanden, theoretisch zumindest. Durchschnittlich zwei Petabyte kann das erwachsene Gehirn abspeichern, das entspricht etwa dem Inhalt von 2000 aktuellen Festplatten.

Mammutaufgabe Chinesisch lernen

Doch anders als bei ihr wird davon vieles wieder vergessen. Deshalb sollten Erwachsene ihre Lernzeit aufteilen. Einen Monat lang pro Tag zehn Minuten zu büffeln bringt mehr als an einem Tag fünf Stunden.

Jens Trotzky ist dafür das beste Beispiel. Der Informatiker arbeitet seit 2008 beim IT-Konzern SAP. Vor zwei Jahren bekam der 32-Jährige das Angebot, für das Unternehmen nach China zu wechseln. Und da Trotzky sich schon immer für Asien interessierte, sagte er zu. Die Sache hatte nur einen Haken: Trotzky konnte kein Wort Chinesisch.

Wo es jetzt mehr Gehalt gibt
Ära moderater Lohnabschlüsse vorbeiMit dem Pilotabschluss in Baden-Württemberg haben die Metaller die höchste Einkommensverbesserung seit rund 20 Jahren durchgeboxt. Arbeitgeber und IG Metall haben sich am Samstag in Sindelfingen auf einen Tarifvertrag geeinigt. Die Entgelte für die 800.000 Metaller werden rückwirkend zum 1. Mai um 4,3 Prozent erhöht. Der jüngste Tarifabschluss für die baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie soll bundesweit übernommen werden. Für die Volkswirte der Commerzbank steht nach dem Metall-Tarifabschluss fest: „Die Entgelte in der deutschen Wirtschaft werden dieses Jahr deutlich stärker zulegen als 2011.“ Die Ära moderater Lohnabschlüsse sei nun erstmal vorbei, meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Quelle: dpa
Auch ohne Tarif mehr als sechs Prozent PlusAuch all diejenigen, für die keine Tarifverträge gelten, können in diesem Jahr deutlich mehr Geld verlangen. Nach einer Analyse der WirtschaftsWoche und der Hamburger Vergütungsberatung PersonalMarkt erhalten Führungskräfte in Unternehmen mit 100 bis 1.000 Mitarbeitern 2012 ein durchschnittliches Jahresgehalt von etwa 95.000 Euro – das sind satte 6,7 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Quelle: Fotolia
Mehr Geld für BerufseinsteigerFachkräfte ohne Personalverantwortung können noch mit einem Plus von 1,7 Prozent rechnen. Sie nehmen im Schnitt etwa 53 000 Euro mit nach Hause. Hochschulabsolventen steigern ihr Einstiegsgehalt in diesem Jahr im Schnitt um 3,9 Prozent. Im Jahr 2011 verdienten sie durchschnittlich gut 40 000 Euro, 2012 kommen sie auf mehr als 42 000 Euro. Den kompletten Gehaltstest finden Sie hier. Quelle: dpa
Chemie-Arbeiter fordern sechs ProzentAls nächstes wollen sich die rund 550.000 Beschäftigten der Chemie-Industrie ihren Anteil holen, wenn sie am Mittwoch in Berlin ihre Tarifverhandlungen fortsetzen. Die IG BCE verlangt unter anderem sechs Prozent mehr Geld für die Mitarbeiter und Auszubildenden bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Quelle: dpa
Auch Banker wollen sechs ProzentAuch Bankangestellte wollen vom Aufschwung profitieren. In den festgefahrenen Tarifverhandlungen bei den Banken erhöht Verdi mit weiteren Warnstreiks den Druck. Die Arbeitgeber hatten Anfang Mai eine erste Offerte vorgelegt, die für die 220.000 Beschäftigten bei privaten und Landesbanken Gehaltssteigerungen von 4,2 Prozent über 30 Monate vorsieht. Das sind nach Verdi-Berechnungen knapp 1,4 Prozent pro Jahr. Die Gewerkschaft fordert dagegen ein Lohnplus von sechs Prozent sowie tarifliche Vereinbarungen für einen besseren Gesundheitsschutz. Allerdings ist nur eine Minderheit der Bank-Beschäftigten in einer Gewerkschaft organisiert, die Durchschlagskraft eines Arbeitskampfs ist daher begrenzt. Verdi und DBV verhandeln für rund 220.000 Beschäftigte bei Großbanken, Privatbanken, Landesbanken und freien Sparkassen. Dort arbeitet etwa ein Drittel aller Beschäftigten in deutschen Banken. Die Postbank hat einen Haustarif, die Gehälter in den Kreis- und Stadtsparkassen folgen dem öffentlichen Dienst. Quelle: dpa
6,5 Prozent bei der TelekomDie Tarifverhandlungen für die 80.000 Beschäftigten der Deutschen Telekom sind bereits abgeschlossen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich auf 6,5 Prozent mehr Geld. Die Anhebung erfolgt in drei Stufen innerhalb einer Laufzeit von zwei Jahren. Quelle: dpa
Neuer Haustarif bei VolkswagenDie IG Metall fordert 6,5-prozentige Lohnaufschläge für die VW-Beschäftigten. Die Gewerkschaft handelt bei Volkswagen traditionell einen Haustarif für die rund 100.000 Beschäftigten in den sechs westdeutschen Werken aus. Die Gespräche sollen am 25. Mai in Hannover fortgesetzt werden. Wegen des Rekordgewinns von VW hatten die Beschäftigten der sechs westdeutschen Werke bereits eine Gewinnbeteiligung von je 7.500 Euro erhalten. Quelle: dapd

Dass die Sprache für jeden Westeuropäer eine echte Herausforderung darstellt, ist noch untertrieben. Etwa 75 000 unterschiedliche Schriftzeichen umfasst sie, wer sich im Alltag zurechtfinden will, sollte davon etwa 3000 kennen. Derzeit steht Trotzky bereits bei 1500 – was vor allem an zwei Dingen liegt. Zum einen unterstützt ihn sein Arbeitgeber bei der geistigen Mammutaufgabe und spendiert ihm einen Sprachlehrer, der ihm jede Woche insgesamt drei Stunden Einzelunterricht erteilt.

Der hat zumindest schon mal erreicht, dass Trotzky das Lesen einfacher fällt als das Sprechen. Vor allem deshalb, weil er Sorge hat, Wörter falsch zu betonen. Denn je nach Aussprache verändert sich die Bedeutung eines chinesischen Wortes komplett. So kann das Wort „ma“ je nach Betonung sowohl „Mutter“, „Hanf“, „Pferd“ oder „schimpfen“ heißen.

Ältere Menschen lernen anders

Zum anderen weiß Trotzky – anders als Pennäler in der Schule –, warum er sich die intellektuelle Plackerei antut. Irgendwann möchte er beim Einkaufen im Supermarkt ohne Gesten und den Hinweis „Das da!“ auskommen. Und in spätestens fünf Jahren will Trotzky eine Kundenpräsentation auf Chinesisch halten.

Aus Sicht von Lernforschern geht er genau richtig vor. Die Wissenschaftler sind in den vergangenen Jahren zu einem Fazit gelangt: Ältere lernen nicht schlechter. Sondern anders.

Bestehendes Wissen konservieren - und neues Wissen generieren

Wie gestresst die Deutschen sind
Die Rationalisierungen der vergangenen Jahre und eine gute Auftragslage sorgen aktuell für gute Zahlen bei vielen Unternehmen. Die Zeche zahlen vielfach die Arbeitnehmer - die Produktivität ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes fühlen sich viele Mitarbeiter mittlerweile im Job überfordert. Niemand muss sich aber vom Vorgesetzten zu ständigen Höchstleistungen zwingen lassen.  "Jeder Mitarbeiter muss nur Leistungen mittlerer Art und Güte erbringen", sagt Henning Timm, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Rölfs Partner in München. Vermeintliche Minderleister haben gute Karten. Erst wenn Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum nicht die ihnen eigentlich mögliche Leistung erbringen, kann der Chef zunächst eine Abmahnung und anschließend eine Kündigung aussprechen. Eine Kündigung hat deshalb in vielen Fällen nur geringe Erfolgschancen. Viele Unternehmen entwickeln daher spezielle Coachingsystem für schwächere Mitarbeiter oder versetzen sie auf weniger anspruchsvolle Jobs. "Bevor eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann, muss aber klar sein, dass ein Coaching gescheitert ist, etwa, weil der Mitarbeiter weiterhin stark unterdurchschnittliche Leistungen abliefert", sagt Timm. "In der Praxis haben Arbeitgeber gegen Minderleister, die nicht mit Vorsatz Minderleistungen abliefern, häufig nur wenig in der Hand". Quelle: picture-alliance/ obs
ArbeitshetzeIn Deutschland fühlt sich jeder zweite Beschäftigte bei der Arbeit sehr häufig (21 Prozent) oder oft (31 Prozent) gehetzt. Arbeitnehmerinnen sind davon besonders betroffen. Laut DGB-Studie leiden alle Altersgruppen und Branchen an Stress. Doch manche sind besonders gefährdetet: 60 Prozent der Vorgesetzten fühlen sich im Beruf gehetzt. Die Branche, in der sich die meisten Mitarbeiter gestresst fühlen, ist das Gastgewerbe. 70 Prozent beträgt hier der Anteil der Gehetzten. Quelle: Reuters
Im Gesundheits- und Sozialwesen sind es immerhin noch 65 Prozent. Auffallend ist, dass sich Beschäftigte, die im Kontakt mit Menschen stehen, besonders oft gestresst fühlen. Quelle: dapd
Leistungsverdichtung63 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland geben an, dass sie seit Jahren immer mehr in der gleichen Zeit leisten müssen. In allen Beschäftigungsgruppen und in jedem Wirtschaftszweig berichtete eine deutliche Mehrheit, dass die Arbeitsintensität zugenommen hätte. Den Spitzenplatz der Branchen erreicht das Baugewerbe. Hier geben 73 Prozent der Beschäftigten an, zunehmend mehr leisten zu müssen. Mit 68 Prozent liegt der Gesundheitssektor auf dem zweiten Platz, dicht gefolgt vom Bereich Information und Kommunikation (67 Prozent). Von den Beschäftigten, die voll und ganz der Meinung sind, dass sie seit Jahren immer intensiver arbeiten müssen, fühlen sich insgesamt 73 Prozent gehetzt. Quelle: dpa
Urteil: Überstunden sind nicht automatisch abgegoltenKlauseln wie „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ sind in Arbeitsverträgen nicht erlaubt. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az: 5 AZR 517/09 vom 1. September 2010). Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, dessen Überstunden zwar auf einem Zeitkonto dokumentiert wurden, der dafür aber am Ende des Arbeitsverhältnisses von seinem Chef kein Geld bekommen sollte. Das Gericht hielt die Klausel nicht für ausreichend transparent, da der Umfang der Überstunden nicht klar sei. Quelle: dapd
Ständige ErreichbarkeitDas Telefon klingelt nicht nur auf der Arbeit. 27 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sehr häufig oder oft außerhalb ihrer Arbeitszeit erreichbar sein. Deutlich über dem Durchschnitt der ständigen Erreichbarkeit liegen Vorgesetzte. 40 Prozent von ihnen gaben an, auch in Ihrer Freizeit per Mail oder Handy erreichbar sein zu müssen. Häufig (43 Prozent) geben auch Berufstätige aus dem Sektor Erziehung und Unterricht an, über die normale Arbeitszeit hinaus erreichbar sein zu müssen. Quelle: dpa
Urteil: Keine Abrufbereitschaft im UrlaubDer Chef darf seine Angestellten in der Regel nicht aus dem Urlaub zurückbeordern. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az: 9 AZR 405/99 vom 20. Juni 2000). Ob es dringende Gründe gibt, warum der Arbeitnehmer keinen Urlaub nehmen kann, müsse sich der Arbeitgeber vor der Gewährung des Urlaubs überlegen. Eine Abrufbereitschaft verstoße gegen den gesetzlich garantierten Erholungszweck. Quelle: dpa

Die renommierte Altersforscherin Laura Carstensen von der Stanford-Universität geht davon aus, dass Menschen ihr Handeln – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich – bewusst danach ausrichten, wie viel Zeit ihnen noch auf der Erde bleibt. In Kindheit und Jugend, wenn da noch so viel Zukunft ist, wollen sie neue Eindrücke gewinnen, neue Menschen kennenlernen und neue Informationen aufsaugen. Sprich: Sie sind umso neugieriger und wissbegieriger.

Doch je älter Menschen werden, desto wichtiger werden Sicherheit und Geborgenheit. Die sprichwörtliche Uhr läuft langsam ab – und umso mehr Wert legen sie darauf, bestehendes Wissen zu konservieren, anstatt neues zu generieren.

Lernziele vorgeben

Das müssen Unternehmen berücksichtigen. Wer die Lernfähigkeit der Mitarbeiter fördern will, muss ihnen zunächst einmal verdeutlichen, welche Ziele sie erreichen wollen. Beispiel Fremdsprache: Wollen sie in einem anderen Land lediglich im Restaurant Essen bestellen und mit Kollegen plaudern? Oder mit Geschäftspartnern Verhandlungen führen?

Dann sollten sie einen Plan aufstellen und Zwischenziele setzen. Etwa: Wie viel Zeit wollen sie investieren? Jeden Tag eine halbe Stunde? Und was wollen sie wann können? Wer sich an die Pläne hält und seine Ziele erreicht, erlebt Kompetenz – und die motiviert ungemein. Auch kann es helfen, Lernen an gewisse finanzielle Anreize zu knüpfen. Wichtig ist aber, dass diese Anreize – egal, ob Bonus oder Beförderung – erreichbar und attraktiv sind.

Die größten Karrieremythen
Der erste Job muss der richtige seinWer auf standardisierte Einstiegsprogramme in Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad setze, müsse auch in Kauf nehmen, dass die eigene Berufslaufbahn nachgemacht wirkt, sagt Personalberater Marcus Schmidt. „Gehen Sie eigene Wege. Suchen Sie Ihren Einstieg ruhig gegen den Strich. Probieren Sie etwas aus, was sie wirklich interessiert.“ Quelle: AP
Der MBA ist ein Karriere-TurboDie deutsche Wirtschaft zeigt ein anderes Bild: Absolventen hätten sich selten in die Führungsetage hochgearbeitet, sagt Schmidt. Anders als der Doktortitel ist der MBA zudem kein normierter akademischer Grad, seine Vergabe wird also grundsätzlich nicht staatlich geregelt oder kontrolliert. Wer Studiengebühren von bis zu 70.000 US-Dollar auf sich nehme, solle deshalb das Renommee der Schule immer überprüfen. Quelle: dpa
Ein Auslandsaufenthalt fördert die weitere KarriereNicht immer, sagt Headhunter Marcus Schmidt – stattdessen kann der Auslandseinsatz sogar zum Nachteil werden. „Oftmals sind es die Daheimgebliebenen, die dann verbleibende Inlandsposten unter sich aufteilen“. Sie säßen dann auf Stühlen, auf die Auslandsrückkehrer vergeblich spekulieren. Quelle: Fotolia
In der Wirtschaftskrise macht man keine Karriere„In der Krise wählen Unternehmen bei der Besetzung von Stellen zwar sorgfältiger aus. Aber sie stellen trotzdem noch ein“, ist die Erfahrung von Marcus Schmidt. Gerade in Phasen des Umbruchs gebe es etwa die Chance zur Übernahme von Restrukturierungsjobs, bei denen wirklich die Fähigkeit der Verantwortlichen zählt. Quelle: dpa
Frauen hindert die „gläserne Decke“ am AufstiegTatsächlich finde sich diese „gläserne Decke“ vor allem in den Köpfen der männlichen Entscheider, glaubt Schmidt. Für weibliche Führungskräfte scheine sie hingegen kein Thema zu sein. „Viele Beratungsunternehmen und große Konzerne bitten uns öfter sogar explizit, nach weiblichen Kandidatinnen zu suchen.“ Quelle: dapd
Karriere macht, wer mehr als 60 Stunden pro Woche arbeitetFalsch, glaubt Headhunter Marcus Schmidt. Ebenso wichtig wie der tatsächliche Zeiteinsatz sei der gefühlte Zeiteinsatz. Und der definiere sich auch durch die Befriedigung mit der getanen Arbeit. „Wer es schafft, aus seiner Arbeit weitgehend Befriedigung zu ziehen, muss auch nicht Karriereschablonen zum persönlichen Zeiteinsatz nachjagen.“ Quelle: dpa
Gehalt ist ein untrüglicher Gradmesser des KarriereerfolgsDie Position mit Perspektive sei nicht immer die am besten bezahlte, sagt Marcus Schmidt. So könne sich für ein renommiertes Traineeprogramm ein kurzfristiger Gehaltsverzicht durchaus auszahlen - etwa, wenn das ausbildende Unternehmen in seiner Branche als Kaderschmiede gilt. Quelle: dpa

Margarete Voll hat ein solches Ziel deutlich vor Augen. Die 56-Jährige ist seit dem Jahr 2000 Abteilungsleiterin bei der Allianz in Frankfurt am Main und verantwortlich für 85 Mitarbeiter. In den nächsten Jahren würde sie gerne eine weitere Stufe auf der Karriereleiter nach oben klettern. Auch deshalb nimmt sie am Allianz Management Institute (AMI) derzeit an einer Weiterbildung teil.

Viele Großkonzerne haben inzwischen solche Akademien gegründet, knapp 100 so-genannte Corporate Universities gibt es in Deutschland. Sie tragen klangvolle Namen wie Siemens Learning Campus, ThyssenKrupp Academy, RWE Development Center oder Infineon Institute. Das AMI der Allianz gilt als eines der Vorzeigemodelle, im Jahr 2003 erhielt es als erste Firmenuni in Europa die Zertifizierung der European Foundation for Management Development (EFMD).

Weiterbildung muss sich lohnen

Voll startete im vergangenen Februar mit 32 Teilnehmern. In der ersten Seminarwoche ging es zunächst um konkrete Lernziele und eine genaue Selbsteinschätzung – welcher Teamtyp ist man, wo einzelne Stärken und Schwächen liegen. Dann wurden die Teilnehmer in Arbeitsgruppen eingeteilt. Nun bereitet Voll mit vier Kollegen, darunter auch solche aus Slowenien und den USA, ein Konzept zum Thema „E-Learning“ vor. Das sollen sie in der Abschlusswoche vor Allianz-Vorstandsmitgliedern präsentieren – unter realen Bedingungen. Denn je besser das Konzept, desto höher die Chance, dass es realisiert wird.

Die Versicherungsbosse nehmen sich bewusst Zeit für die AMI-Absolventen. Die Mitarbeiter sollen lernen, dass sich die Weiterbildung lohnt; dass sie dadurch Kontakt zu Vorgesetzten bekommen, die sie sonst selten bis gar nicht persönlich zu Gesicht bekommen.

Individualität

Wofür Berufseinsteiger ihr erstes Geld ausgeben
Kaufvertrag für eine Eigentumswohnung Quelle: Fotolia
Kleidung Quelle: dapd
Elektronikgeräte Quelle: dapd
Urlaub machen Quelle: dpa
Autokauf Quelle: gms
Ausgehen Quelle: Kzenon-Fotolia.com
 Sparstrumpf Quelle: dpa

Keine Frage, solche Seminare sind schön und ehrenwert. Die Teilnehmer kehren mit einem guten Gefühl und ebensolchen Vorsätzen zurück in den Arbeitsalltag – und werden von der Realität mitunter hart geweckt. Der eine hat keine Zeit, das neue Wissen anzuwenden, der andere traut sich nicht und belässt es lieber beim Alten. Ein Problem, das den Personalern der Sick AG im baden-württembergischen Städtchen Waldkirch bewusst ist.

Das Unternehmen verdient sein Geld hauptsächlich mit Sensoren für die Fabrik-, Logistik- und Prozessautomation. Eine Branche, die ständig neue Produkte auf den Markt wirft. Wer rastet, der rostet.

Firmeneigene Akademie

Daher gründete Sick vor einigen Jahren eine eigene Akademie. Mehr als 80 Trainer und Berater organisieren dort jedes Jahr durchschnittlich 400 Veranstaltungen. Jugendliche können sich ohne Ausbildung bis zum Meister weiterbilden, Nachwuchsmanager bereiten sich auf Auslandseinsätze vor, ehemalige Mitarbeiter im Ruhestand bekommen Honoraraufträge. Das Problem ist nur: Viele dieser Weiterbildungsmaßnahmen werden im Arbeitsalltag nicht eingesetzt.

Um das zu vermeiden, begannen die Sick-Personaler vor einigen Jahren damit, Führungskräfte der unteren und mittleren Ebene zunächst in Seminare für Mitarbeiter- und Leistungsbewertungsgespräche zu schicken. Zur Wahl standen Programme wie „Erfolgreiche Kommunikation am Telefon“, „Konflikte als Chance“, „Veränderungen zum Erfolg führen“ oder „Wirksam führen“. Vor- und nachher konnten sie bei einem Coach individuelle Sitzungen besuchen, um Probleme und Ziele zu besprechen – und um zu überprüfen, ob sie das Gelernte im Alltag tatsächlich umsetzten. Mit positivem Ergebnis: Alle Teilnehmer sagten hinterher, dass sie dadurch mehr gelernt hätten.

Tipps für mehr Gelassenheit im Beruf
Eine Feder eines Füllfederhalters Quelle: Fotolia
Mann am Schreibtisch Quelle: dpa-tmn
Lächelnde Frau Quelle: Fotolia
Eine depressive Frau an ihrem Arbeitsplatz Quelle: dpa
Junge Frau mit einem nicht echten Loch im Kopf Quelle: Fotolia
Hände Quelle: Fotolia
Strenge frau Quelle: Fotolia

Auch beim Otto-Konzern nehmen Beschäftigte regelmäßig an Weiterbildungen teil – unabhängig von ihrem Alter, unabhängig von der Hierarchieebene. Es gibt Förderprogramme für Nachwuchskräfte, Team- und Abteilungsleiter, Bereichsleiter sowie potenzielle Geschäftsführer. Die hauseigene Akademie bietet Seminare für Programmiersprachen, Persönlichkeitsentwicklung oder besseres Zeitmanagement. Seit einigen Wochen kooperiert das Unternehmen zudem mit der Zeppelin Universität. In einem siebentägigen BWL-Seminar unterrichten Wissenschaftler der Hochschule ausgewählte Mitarbeiter.

Ältere Mitarbeiter sind nicht unmotivierter als jüngere

Entscheidend aber ist nicht nur die Bandbreite des Angebots. Sondern, dass die Personaler von Sick und Otto ihren älteren Mitarbeitern Lernfähigkeit zutrauen. Eine Einschätzung, die durch zahlreiche Studien untermauert wird: Ältere Mitarbeiter sind mitnichten unmotivierter als jüngere. Denn, so Organisationspsychologe Guido Hertel von der Universität Münster: Arbeitnehmer über 50 sind stressresistenter, erfahrener und teamorientierter als Jüngere. Der Grund: Sie konzentrieren sich nicht mehr auf ihre eigene Karriere, sondern teilen ihr Wissen gerne mit jüngeren Kollegen – falls man sie lässt.

„Widerstände gegen Veränderungen hängen nicht mit dem Lebensalter an sich zusammen“, sagt Hertel, „sondern vielmehr mit dem Zeitraum, den ein Mitarbeiter am selben Arbeitsplatz zugebracht hat.“ Das gelte auch für die vermeintliche Lernmüdigkeit älterer Mitarbeiter. Auch die liege nicht am Alter per se, sondern an der Frage: „Was bringt mir neues Wissen überhaupt noch?“

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, reiste Andreas Lauth zwei Jahre lang jeden zweiten Freitagmittag vom thüringischen Zeulenroda 100 Kilometer gen Sachsen. Der damals 47-Jährige arbeitete als Bereichsleiter bei Bauerfeind, einem Hersteller von Bandagen, Prothesen, Kompressionsstrümpfen und Einlagen. Nebenbei absolvierte er an der Handelshochschule Leipzig (HHL) von 2005 bis 2008 einen berufsbegleitenden MBA – als einer der Ältesten in seinem Jahrgang.

Wichtiges und Unwichtiges

Was Ihr Chef sagt – und was er meint
Da sind wir dran Quelle: Fotolia
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To-Do-Liste Quelle: Fotolia
Workflow Quelle: Fotolia
überarbeiten Quelle: Fotolia
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Optimierungsbedarf Quelle: Fotolia

Doch das Lernen fiel ihm nicht schwer: Zum einen, weil er „wirklich brennende Lust auf das Studium“ hatte, wie Lauth rückblickend sagt. Zum anderen, weil er als Physiker einen Bezug zur Mathematik hatte und sich an einer Berufsakademie schon einmal in BWL weitergebildet hatte.

„Was ich lerne, hängt immer davon ab, was ich schon weiß und kann“, sagt Lernforscherin Elsbeth Stern von der ETH Zürich. Kinder verfügen über weniger Wissen, sind aber meist neugieriger, angstfreier und weniger risikoscheu und lassen sich deshalb eher auf Neues ein. Erwachsene hingegen können aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrung Wichtiges schneller von Unwichtigem unterscheiden, ihre Leistung besser reflektieren und ihre Kompetenz einschätzen. „Vor- und Nachteile des Lernens im Alter halten sich die Waage“, sagt Stern, „entscheidend ist, was man draus macht.“

Andreas Lauth hat etwas draus gemacht: Er hat den MBA ohne Probleme bestanden und sitzt bei Bauerfeind inzwischen im Vorstand, zuständig für Produktion, Einkauf und Logistik.

Welche Branchen überdurchschnittlich zahlen
Biotechnologie Quelle: dpa
Steuerberatungen und Wirtschaftsprüfer Quelle: dapd
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Maschinenbau
Telekommunikation Quelle: dapd
Halbleiterbranche Quelle: dpa

Dass sich Mitarbeiter so für ihr Weiterkommen engagieren, will man auch bei Itemis fördern: Das mittelständische IT-Unternehmen aus dem westfälischen Lünen hat das sogenannte 4+1-System eingeführt. Das Arbeitszeitmodell erlaubt es jedem Angestellten, einen Tag pro Woche zur persönlichen Weiterentwicklung zu nutzen. Was genau darunter fällt, hat der Vorstand bewusst offengelassen. Und diesen Vertrauensvorschuss honorieren die Mitarbeiter: Sie nutzen den Freiraum keinesfalls nur rund um die Itemis-Kernkompetenz Softwareentwicklung oder gar zum Faulenzen. Manche Mitarbeiter nehmen an gemeinnützigen Projekten teil, andere probieren in Arbeitsgruppen neue Technologien aus, wieder andere schreiben Bücher und Fachartikel.

Vor einigen Jahren hatten die Itemis-Chefs eine weitere Idee, um die Mitarbeiter weiterzubilden: Sie wollten ihnen Englischunterricht gönnen, doch die Kurse kamen nicht allzu gut an. Seit zwei Jahren wird der Unterricht in der Firmenzentrale von den Angestellten selbst organisiert und gestaltet, inzwischen sind die Seminare gut besucht.

Man lernt eben nie aus.

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