Blau machen Gegen faule Angestellte hat der Chef kaum eine Chance

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Männer machen häufiger blau als Frauen

Laut einer Umfrage im Auftrag der Plattform Glassdoor machen rund zehn Prozent der deutschen Arbeitnehmer gelegentlich blau, Männer etwas häufiger als Frauen. Und grundsätzlich neigen die Jungen eher zum Blau machen, als die Alten: In der Generation 55 plus kann sich nicht mal jeder Zwanzigste vorstellen, einen Tag krank zu feiern. Arbeitnehmer unter 24 haben da die geringsten Skrupel.

Die erschummelte Freizeit verbringen sie hauptsächlich auf der Couch: 60,7 Prozent gaben an, an ihrem blauen Tag "einfach mal chillen" zu wollen. 38,7 Prozent sagen, der geschwänzte Arbeitstag sei der gerechte Lohn für ihre ansonsten harte Arbeit. 18,2 Prozent verbringen den Tag mit Freunden und Familie und 10,7 Prozent der Befragten gehen Shoppen.

Keine finanziellen Einbußen bei Krankheit

Und das Arbeitsrecht macht es ihnen leicht: Denn anders als in anderen Ländern drohen in Deutschland ja keine finanziellen Einbußen bei Krankheit, so Weberndörfer. Erst nach sechs Wochen, wenn die Krankenkasse finanziell für den Arbeitgeber einspringt, merkt der Kranke das am Kontostand. Denn ab der sechsten Woche übernehmen sie die sogenannte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – in der Regel beträgt das Krankengeld 70 Prozent des Brutto-Lohns, jedoch nicht mehr als 90 Prozent des erzielten Netto-Lohns. Und auch vom Krankgeld werden Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. „Am Ende der sechs Wochen werden deshalb viele wieder gesund“, so der Rechtsanwalt.

Hier machen die meisten Arbeitnehmer blau
Die gute Nachricht vorweg: Die Arbeit zu schwänzen kommt für viele Bundesbürger nicht in Frage. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK für die „Welt am Sonntag“ hervor. Demnach gaben fast 50 Prozent der Befragten an, noch nie blaugemacht zu haben. Bei 36 Prozent sei das letzte Mal länger als ein Jahr her. Quelle: obs
Dabei scheint das Pflichtbewusstsein in Ostdeutschland noch ausgeprägter als im Westen: Während in Ostdeutschland 44 Prozent der Befragten angaben, sie hätten schon einmal blaugemacht, liegt diese Quote im Westen bei 53,4 Prozent. Unterm Strich zeigt sich laut GfK-Meinungsforscher Klaus Hilbinger aber, „dass Deutschland über alle Regionen und Befragungsgruppen hinweg kein Land der Blaumacher ist“. Quelle: dpa
Die meisten Blaumacher leben allerdings in Berlin: 63,8 Prozent der Befragten aus Berlin gaben zu, schon einmal die Arbeit geschwänzt zu haben. Knapp dahinter folgt Schleswig-Holstein mit 63,6 Prozent Drückebergern und Hessen mit 58 Prozent. Quelle: dpa
Am zuverlässigsten sind dagegen die Einwohner Brandenburgs: Hier schwänzen nur 24,6 Prozent der Angestellten die Arbeit. Auf Platz zwei folgen die Sachsen mit 34,6 Prozent und die Bremer mit 40,3 Prozent. Quelle: dpa
Besonders pflichtbewusst sind die Beamten: Fast 60 Prozent der Staatsdiener haben noch nie blaugemacht. Quelle: dpa
Die Ergebnisse zeigen dem Bericht zufolge auch: Je älter die Befragten, desto seltener haben sie schon einmal die Arbeit geschwänzt. 49,5 Prozent der 50- bis 59-Jährigen gab sogar an, noch nie blaugemacht zu haben. Bei den 20- bis 29-Jährigen sind es dagegen 74,1 Prozent, die sich nach eigenen Angaben schon einmal eigenmächtig freigenommen haben. Quelle: dpa
Und auch bei den Geschlechtern gibt es Unterschiede: So gaben 54,4 Prozent der Frauen an, noch nie die Arbeit geschwänzt zu haben. Bei den Männern waren es nur 41,9 Prozent. Quelle: dpa

Natürlich gibt es auch den Fall der Kurzzeitkrankheit – wenn nach dem dritten Tag das Attest vorliegen muss, sind Angestellte eben nur drei Tage lang krank. Gerne passiere so etwas montags und freitags. „Das hat sogar der Gesetzgeber anerkannt und empfiehlt, in einem solchen Fall den Mitarbeiter vom medizinischen Dienst der Krankenkassen begutachten zu lassen“, sagt Weberndörfer. Seiner Erfahrung nach bringe das in der Praxis allerdings nicht viel, da der Dienst üblicherweise nicht binnen zwei Tagen den vermeintlich Kranken untersuchen könne.

Trotzdem sollten Arbeitgeber im Zweifelsfall den medizinischen Dienst beziehungsweise einen Amts- oder Betriebsarzt hinzuziehen. Er warne seinen Klienten in diesem Fall jedoch immer vor zu hohen Erwartungen. Die zweite Möglichkeit sei, schon ab dem ersten Krankheitstag ein Attest zu verlangen. Das steht dem Arbeitgeber auch von Gesetzes wegen zu. Aber Achtung: Trifft der Arbeitgeber eine generelle Anordnung, die für alle gilt, muss der Betriebsrat zustimmen.

Seiner Erfahrung nach seien Rückkehrgespräche zwischen Vorgesetztem und Angestelltem – „Ich mache mir Sorgen um Sie.“, „Geht es Ihnen wieder gut?“, „Was hatten Sie denn?“ -  ein gutes Mittel, um dem Mitarbeiter zu zeigen, dass sein Fehlen bemerkt wird.

Im Zweifelsfall bleibt dem Arbeitgeber noch die Kündigung. Denn Kündigungen wegen Krankheit sind grundsätzlich vom Gesetzgeber erlaubt, wenn auch nur innerhalb bestimmter Grenzen. Wer sechs Monate oder länger für ein Unternehmen mit mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt ist, fällt unter den gesetzlichen Kündigungsschutz und kann nur entlassen werden, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt werden kann. 

Der spanische Beamte Joaquín G. ist übrigens mittlerweile in Pension – und zur Rückzahlung eines Nettojahresgehalts in Höhe von 29.900 Euro verdonnert worden. Kein schlechter Deal: Sechs Jahre blau machen, fünf bezahlt werden.

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