Butler-Akademie Die Schule der Untertanen

Leben, um anderen zu dienen: Eine Akademie in den Niederlanden bildet professionelle Diener für Luxushotels und Milliardäre aus. Wie man Butler wird - über den Weg in einen sonderbaren Beruf mit gigantischem Gehalt.

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Florian Lange, Butler Quelle: David Klammer für WirtschaftsWoche

Florian Lange drückt seinen Rücken noch ein wenig gerader, als er ohnehin schon ist. Er steht in einer Reihe mit 20 Männern und Frauen. Alle tragen schwarze Anzüge und Krawatten, die Hände in weißen Handschuhen vor dem Bauch gefaltet, den Blick geradeaus gerichtet. Draußen ist es noch dunkel, drinnen beginnt Ausbildungsleiter Cornelis Greveling den Tag mit schmalen Lippen und bebender Stimme: „Gestern ist etwas passiert, das mich sehr verärgert hat. Wer von euch hat seinen verdammten Laptop auf den Beistelltisch im Zigarrenzimmer gestellt? Ihr habt offensichtlich überhaupt keine Vorstellung davon, was später euer Job sein wird!“ Niemand regt sich, alle wissen: Es würde viele Punkte auf dem Abschlusszeugnis kosten, falls es herauskommt.

Lange will Butler werden, genauso wie die anderen in der Reihe. Der 25-Jährige trägt einen gepflegten Kurzhaarschnitt, die seidene Krawatte hat er im Windsorknoten gebunden.

Was bei Krawatten alles schief gehen kann

Sein Erscheinungsbild wird täglich überprüft, inklusive der Fingernägel. Sobald sein Haar verstrubbelt oder das Hemd ungebügelt ist, gibt es Punktabzug. Sogar unangekündigte Stubenkontrollen gehören zum Alltag der internationalen Butler-Akademie in Simpelveld, knapp fünf Kilometer hinter der niederländischen Grenze bei Aachen.

Butler ist ein Lebensstil, kein Job

Die Teilnehmer brauchen vor allem Durchhaltevermögen, denn ein Kurs dauert 8 Wochen, 16 Stunden am Tag, 6 Tage pro Woche. Keine Heimatbesuche, kein Alkohol. „Als Butler musst du diszipliniert und ordentlich sein. Deshalb finde ich das absolut in Ordnung“, sagt Lange, „es ist schließlich mehr als ein Job, es ist ein Lebensstil.“

Dass dieser Beruf auch eine innere Einstellung ist, wird bei einem Treffen mit einem professionellen Diener deutlich. Vor dem Gespräch schickt Valentin Gradescu ein Dokument, in dem er die wichtigsten Punkte penibel aufgelistet hat: den Weg vom Bahnhof zu seinem Arbeitsplatz, Straßenbahnen, detailliert geschilderte Fußwege, Telefonnummern im Falle von Schwierigkeiten. Der 50-Jährige ist seit zwei Jahren Chefbutler der Uniworld Kreuzfahrtflotte und koordiniert 24 Butler, die die Gäste der Luxussuiten an Bord betreuen. Auch er hat die Butlerschule in den Niederlanden besucht: altes Gemäuer, gusseisernes Tor, lange Gänge mit schwerem bordeauxrotem Teppich, ein Kaminzimmer mit Kronleuchter.

Ausbildung für Botschaften, Hotels, Privathaushalten

Doch die Butler Academy geht über die Unterrichtseinheiten hinaus. Die Schüler leben den Alltag eines Butlers rund um die Uhr, wie in einem Kostümfilm. „Die Schule bereitet vor allem auf das Leben als Privatbutler vor“, sagt Gradescu, „doch viele Butler arbeiten danach an ganz anderen Orten.“ Ein Fünftel der Absolventen arbeitet in Botschaften, Hotels oder als Haushaltsassistenten für wohlhabende Vielbeschäftigte. Auf dem Stundenplan stehen daher auch Putzen, Kochen, Bügeln, Kofferpacken und Kinder-Bespaßung.

Gradescu sitzt 80 Kilometer von der Akademie entfernt im leeren Restaurant des Kreuzfahrtschiffes Antoinette im Kölner Hafen. Das Schiff wird vorbereitet für die nächste Tour, Böden und Tische sind mit weißen Folien abgedeckt. In zwei Wochen kommen die amerikanischen Gäste. Wie man einen Koffer auspackt, Tee serviert oder einen Tisch deckt – das könne jeder schnell lernen, sagt Gradescu. Viel wichtiger sei das Vorausdenken: „Du musst Wünsche erkennen, bevor der Gast sie äußert.“ Fragt er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gegen Abend nach einem trockenen Riesling, muss die Flasche am dritten Tag unaufgefordert in der Suite stehen.

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