Celia Sasic "Ich hatte nie Angst, zu versagen"

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„Es ist ein ständiges Geben un Nehmen“

 
Der Ex-Nationalspieler Simon Rolfes sagt, das Leben nach dem Fußball sei schwierig, weil man sich als Profi so wenig um alltägliche Dinge kümmern musste.
Im Frauenfußball ist das natürlich nicht so extrem wie bei den Männern, wir leben nicht in einem goldenen Käfig. Wir waschen unsere Trainingssachen zu Hause selbst und kommen nicht nur mit dem Kulturbeutel zum Training. Manchmal müssen wir eigene Trinkflaschen zum Training mitbringen... 
...bei den männlichen Profis undenkbar.
Ja, deshalb sind weibliche Profis viel selbstständiger. Aber das ist mir auch recht. Ich mag es nicht, wenn Dinge mit mir gemacht werden, über die ich selbst nicht Bescheid weiß, und ich die Kontrolle verliere. Deswegen war ich an allen Prozessen immer beteiligt, nehmen wir nur die Eröffnung eines Kontos. So kann ich heute selbst zur Bank gehen, ohne dass sich jemand Sorgen machen müsste, ich wäre morgen verschuldet. 

Welchen Beruf könnten Sie sich nach dem Fußball vorstellen?
Viele. Manchmal denke ich, dass Arbeit mit Kindern gut zu mir passen könnte. Lehrer vielleicht. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, im Fußball zu bleiben. Nicht als Trainerin, aber vielleicht als Managerin, um die Strukturen im Frauenfußball auszubauen. Das habe ich ja selbst hautnah miterlebt. 

Welche Stärken haben Sie denn – außer Tore schießen?
Ich kann Probleme schnell lösen und mich dabei gut artikulieren. Ich spreche perfekt Deutsch und Französisch, das ist ja auch nicht verkehrt. Außerdem kenne ich durch meine französische Mutter und meinen Vater aus Kamerun verschiedene Kulturen. Durch den Sport war ich in vielen Ländern und habe gelernt, unterschiedliche Mentalitäten zu respektieren und nicht direkt zu verurteilen, nur weil sie anders sind und vielleicht über Umwege zum Ziel kommen. 


Das klingt ja schon fast nach einer Bewerbung. Was haben Sie denn als Fußballerin für einen Job im Unternehmen gelernt?
Man arbeitet in einem großen Team zusammen, über einen langen Zeitraum. Da prallen völlig verschiedene Charaktere aufeinander, und alle müssen miteinander klarkommen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen - auch wenn jemand mal schlechte Laune hat. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen. 
Welche Rolle hat Geld in Ihrer Karriere gespielt?
Nie eine übergeordnete. Sonst hätte ich schon viel früher meinen ersten Bundesliga-Verein Bad Neuenahr verlassen müssen. In meiner ersten Profisaison war ich 16 Jahre alt, da habe ich sogar noch draufgezahlt. Damals habe ich 50 Euro pro Spiel bekommen, maximal also 250 Euro im Monat. Das Benzin musste ich selbst zahlen. 

Ausgesorgt haben Sie anders als prominente männliche Kollegen vermutlich nicht...

Sagen wir so: Ich konnte erst in den letzten Jahren von meinem Beruf gut leben. 
Vor zwei Jahren haben Sie geheiratet und den Namen Ihres Mannes angenommen. Haben Sie damit nicht einiges an Bekanntheit eingebüßt?
Mein Umfeld machte sich darum viel mehr Gedanken als ich. Meine Freunde sagten zu mir: Das kannst du doch nicht machen, dein Nachname "Okoyino da Mbabi" ist eine Marke, ein Alleinstellungsmerkmal! Da kannst du doch noch was rausholen, für dein Image. Blablabla... Es war nie mein Bestreben, eine Marke zu werden und damit Geld zu verdienen. 
Deshalb halten Sie sich in sozialen Netzwerken auch eher zurück.

Das stimmt. Ich poste keine privaten Bilder und gebe keine persönlichen Informationen raus. Facebook zum Beispiel nutze ich eher als Informationsmedium. Ich wollte mich nie am Wochenende am Esstisch fotografieren und das dann mit meinen Fans teilen. Ich hätte mir mit Sicherheit etwas Größeres aufbauen können - wenn ich das gewollt hätte. 

Das wird Ihr Berater nicht so gerne hören.
Er ist ein Glücksgriff für mich, weil er mich nie zu irgendwas gedrängt und gesagt hat: Mach das mal, das ist gut für dein Image oder dein Portemonnaie. 

Dabei ist doch Frauenfußball erst seit ein paar Jahren so populär. Nun hören Sie auf, obwohl Sie nach den aktuellen Erfolgen erst recht gut verdienen könnten.
Es gibt immer zwei Seiten. Ich will nicht mit einem Herren-Nationalspieler tauschen, der morgen in der "Bild"-Zeitung steht, wenn er heute im Beisein seiner Freundin eine Flasche fallen lässt. Das ist echt anstrengend. Ich beneide die Leute, die mehr im Fokus stehen und echte Stars sind, wirklich überhaupt nicht. Das wäre nichts für mich. Ich wollte einfach immer nur spielen. 

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