China Biete Wohnung, suche Frau

Der Heiratsmarkt ist vor allem ein Markt, auf dem es mehr um Wohlstand als um Liebe geht. Für junge Chinesen ergibt sich daraus ein Problem: Sie finden nicht zum anderen Geschlecht.

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Flirtkurs in China Quelle: Egill Bjarki für WirtschaftsWoche

Sie spricht einfach zu leise. Und zu monoton. „Noch mal! Sag es noch einmal“, sagt der Trainer mit dem rosa Pullover und dem weißen Kangol-Cap. „Ich heiße Xue Li. Ich spiele gern Badminton“, wiederholt die junge Frau mit der randlosen Brille. Klingt schon besser. Aber noch nicht kräftig genug.

Rund 50 Leute sitzen im 21. Stockwerk eines Hotels in Shanghai auf Yoga-Matten auf dem Boden und hören zu. Die Fensterscheiben auf der einen Seite des Saals sind beschlagen, gegenüber steht eine Spiegelwand. Gerade stellen sich sechs von ihnen mit Namen und Hobby vor.

„Sag es noch lauter. Alle im Saal sollen es hören.“

„Ich heiße Xue Li“, ruft sie. „Ich spiele gerne Badminton.“

Gut. Nächster.

„Meine Name ist Ping Long“, sagt der Junge, die Hände in den Hosentaschen. Auch er spielt gerne Badminton, und um sich besser auf seine Stimme konzentrieren zu können, trägt er eine Schlafbrille.

„Stell dich gerade hin und nimm die Hände aus den Hosentaschen“, raunzt ihn der Trainer an. „Das kommt bei den Mädchen nicht gut an.“

Peking verschwindet unter Smogglocke
Millionen von Pekingern der Mittelschicht erfüllen sich den Traum vom eigenen Auto. Doch jetzt folgt das böse Erwachen: Die dichte Smogwolke über Peking hat in den Krankenhäusern der chinesischen Hauptstadt zu einem Anstieg von Atemwegserkrankungen geführt. Flaggenzeremonien und Sportstunden an Schulen wurden am Montag wegen der anhaltend hohen Feinstaubwerte nach innen verlegt Quelle: dpa
Nachdem die Werte am Wochenende mit 700 Mikrogramm pro Kubikmeter die Messskala gesprengt hatten, sanken sie am Montag wieder auf 245 Mikrogramm. Auch dieser Wert lag aber noch deutlich über den 25 Mikrogramm pro Kubikmeter, ab der laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Gesundheitsgefährdung besteht. Quelle: dpa
Die Behörden verordneten eine Senkung der Emissionen in Fabriken, Baustellen wurden mit Wasser besprüht, um zu verhindern, dass Staub von dort den schädlichen Dunst, der seit Ende vergangener Woche über Peking hängt, noch weiter verschlimmert. Quelle: dpa
Angesichts des gesundheitsgefährdenden Smogs wächst in China die Wut auf die Behörden. Im Internet kritisierten viele Nutzer am Montag den ungebremsten Wachstumskurs der Regierung, bei dem auf Umweltaspekte zu wenig Rücksicht genommen werde. Quelle: dpa
Am Dienstag soll sich die Lage nach Angaben der Wetterbeobachtungsstelle von Peking wieder verbessern. Wissenschaftler machten die extreme Windstille für den dichten Smog verantwortlich, durch den die Sonne schon kaum mehr durchdringt. Quelle: dpa
Selbst die staatliche Zeitung „China Daily“, die als Sprachrohr der Kommunistischen Partei gilt, schrieb auf Seite eins: "Ein besseres China zu schaffen beginnt damit, dass man gesund atmen kann.“ Es müsse vermieden werden, dass es wegen des Urbanisierungsprozesses "der Umwelt immer schlechter und schlechter geht". Quelle: dpa
Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua erreichte die Luftverschmutzung in Peking und anderen Städten am Wochenende Werte fast 40 Mal über dem von der Weltgesundheitsorganisation definierten Idealwert. Quelle: dpa

Stimme verändern, um attraktiver zu wirken

Beim Date-Camp geht es an diesem Abend um die Stimme. „Welche hat euch am besten gefallen und warum?“, fragt der Trainer. Die Gruppe stimmt ab. Später wird er den Teilnehmern erklären, wie man seine eigene Stimme verändern kann, um noch attraktiver zu wirken.

An anderen Abenden trainieren die jungen Leute aus Chinas neuer Mittelschicht, überwiegend weiblich, attraktiv und alle so zwischen 25 und 35 Jahre alt, Konversation, Flirten, Tanzen und körperlichen Ausdruck. Letzteres richtet sich vor allem an weibliche Teilnehmer. Viele kommen anfangs mit hängenden Schultern, gesenkten Köpfen und in Tippelschritten daher. Attraktiv wirkt das nicht. Sie alle sind Single und wollen es nicht bleiben. Deswegen üben sie drei Monate lag jede Woche einmal, was für Pubertierende im Westen ganz alltäglich ist: anquatschen, anbandeln, sich verlieben.

Junge Leute in China

„Single-Sein in China bedeutet nicht dasselbe wie im Westen“, sagt Wu Di. Die 45-Jährige muss es wissen. Sie hatte in den Neunzigerjahren in den USA Psychologie studiert und nach ihrer Rückkehr zunächst als Paartherapeutin gearbeitet. Dann häuften sich die Anfragen junger verzweifelter Frauen: Was stimmt nicht mit mir? Warum habe ich keinen Freund? Wie finde ich einen Mann? So gründete sie vor zwei Jahren zusammen mit einem Salsa-Lehrer das Date-Camp. „Die meisten der Kursteilnehmer hatten noch nie eine Beziehung und haben so gut wie keine Erfahrung.“

In ihren Kursen versucht sie, ihren Kunden beizubringen, schneller und leichter zum anderen Geschlecht zu finden. Denn viele junge Chinesen wissen nicht, wie das mit dem Verlieben und Lieben geht. „Alle meine Schüler träumen von einer romantischen Liebe, die sie aus westlichen Filmen kennen“, sagt Wu Di. „Erfahrung mit der Realität aber haben sie keine.“

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