
Sprossenwände und federnde Sporthallenböden am Arbeitsplatz, gesundes Bio-Essen in der Kantine - die Fabriken großer Automobilhersteller gleichen heute oft Fitness- oder Wellnesszentren. Tatsächlich joggen dort aber
keine Freizeitsportler auf Laufbändern: An den Produktionsbändern bauen - teils bereits ergraute - Mitarbeiter in engem Zeittakt Autos zusammen. Die Veränderungen am Arbeitsplatz sind demografisch bedingt: Weil in Deutschland immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen und das Durchschnittsalter der Gesellschaft insgesamt steigt, müssen große Autobauer ihre Fabriken auf die Beschäftigung Älterer umstellen.
Im Gegensatz zu vergangenen Jahren werden die Beschäftigten kaum noch durch Vorruhestandsprogramme früher in Rente geschickt. Experten schätzen, dass das Durchschnittsalter in der Automobilindustrie bis zum Jahr 2021 auf über 44 Jahre steigen wird. 2011 lag es noch bei 40 Jahren. Mehr als die Hälfte einer Belegschaft dürfte dann älter als 45 Jahre sein. Zuletzt waren es 38 Prozent.





Alternde Belegschaft fit halten
Arbeitswissenschaftler durchforsten im Auftrag der Autofirmen die Arbeitsplätze, bewerten jede einzelne Tätigkeit nach ergonomischen Kriterien und ersinnen Erleichterungen. Dabei setzen sie auch spezielle Anzüge ein, die Einschränkungen älterer Menschen im Bewegungsablauf und beim Sehvermögen simulieren. So sollen Arbeitsabläufe altersgerecht gestaltet werden.
Um Ausfälle durch Fehlzeiten zu vermeiden, müssen die Firmen tief in die Taschen greifen und ihre alternden Belegschaften fit halten. "Der Aspekt, dass etwas zu teuer ist, wird vor dem Hintergrund alternder Belegschaften unbedeutend", erläutert Gunther Paul, Arbeitswissenschaftler aus Köln. "Dagegen gewinnt der Gesichtspunkt an Bedeutung, Arbeitnehmer zu unterstützen, damit sie etwas leisten können." Davon profitieren auch jüngere Mitarbeiter, weil sie sich aufgrund der ergonomischen Gestaltung der Arbeitsplätze möglichst erst gar keine Langzeitschäden zuziehen.
Federnde Fußböden und Klipse statt Schrauben
Ungesunde Handgriffe, das Tragen schwerer Lasten ohne technische Hilfen und Überkopfarbeiten sollen vermieden werden. Stattdessen werden die Beschäftigten an den Produktionsbändern je nach Handgriff liegend oder sitzend auf Montagesitzen in die Fahrzeuge gefahren, etwa um Autohimmel zu montieren. "Vom Schrauben ist man weitgehend abgekommen, weil das die Handgelenke schädigt", schildert Thomas Löffler von der Technischen Universität Chemnitz die neue Fabrikwelt. Verkleidungen werden mit Klipsen befestigt, die genauso sicher halten wie Schrauben, sich aber leichter anbringen lassen. Je nach Produktionsschritt werden die Karosserien gedreht, angehoben oder gesenkt, damit die Arbeiter Handgriffe auch am Unterboden machen können, ohne sich bücken zu müssen.