Die beliebtesten Arbeitgeber bei jungen Berufstätigen Geld ist (nicht) alles

Die attraktivsten Arbeitgeber für Informatiker, Ingenieure, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler. Quelle: Getty Images, Unsplash/Drew Beamer, Unsplash/Seth Schwiet

Junge Berufstätige in Deutschland legen mehr Wert auf ein hohes Gehalt als auf Weiterbildung und Work-Life-Balance. Deshalb zieht es sie zu großen Industrie- und Technologiekonzernen, wie das aktuelle Young Professional Ranking von Universum zeigt. Doch auch diesen Firmen fällt es mitunter schwer, sie zu halten.

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Im Grunde sind deutsche Arbeitnehmer einfach gestrickt. Zumindest, wenn man Tina Smetana glaubt. Und das kann man. Kaum jemand weiß so gut, was sich junge Menschen in Deutschland von ihren Arbeitgebern wünschen, wie die Deutschlandchefin der Employer-Branding-Beratung Universum. Regelmäßig lässt sie Studenten und Berufseinsteiger nach ihren Bedürfnissen befragen, um zu erfahren, was ein Unternehmen für diese Zielgruppe attraktiv macht.

Das Young Professional Survey 2019 von Universum, das der WirtschaftsWoche exklusiv vorab vorliegt, gibt darauf eine Antwort, die so ernüchternd wie erwartbar ist: Sie wollen Geld. „Ein hohes Grundgehalt ist über alle unsere Zielgruppen hinweg das wichtigste Attribut für einen attraktiven Arbeitgeber“, sagt Smetana – und ergänzt: „Im globalen Vergleich ist Deutschland damit eine absolute Ausnahme.“ In Ländern wie Frankreich oder auch in Indien seien zum Beispiel ein freundliches Arbeitsumfeld wichtig, anderswo die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten entscheidend. Nur hierzulande steht der Gehaltsscheck auf Rang eins.

Dass das Folgen hat für die Wahl des Arbeitsplatzes, zeigt das Ranking ebenfalls. Rund 12.000 Berufseinsteiger aus 35 Branchen wurden dazu befragt, für welches Unternehmen sie am liebsten arbeiten würden. Sie tummeln sich vorwiegend dort, wo gut bezahlt wird: bei großen Konzernen aus Industrie und Technologie. Wirtschaftswissenschaftler zieht es zum Beispiel am stärksten zum Autobauer BMW. Danach folgen Porsche, Google, Daimler und Audi. Ingenieure finden Porsche besonders attraktiv, auf den Plätzen danach sehen sie BMW, Audi, Bosch und Daimler noch unter den ersten Fünf.

Selbst unter Informatikern sind die Automobilkonzerne laut Ranking gern gesehene Arbeitgeber: Nach Google auf dem ersten Platz folgt zunächst Microsoft. Danach haben sich aber BMW und Audi vor den Softwarekonzern SAP geschoben. Naturwissenschaftler zieht es dagegen eher in die Chemiebranche: Als Erstes nennen sie Bayer, gefolgt von Roche, BASF, Novartis – und an fünfter Stelle den öffentlichen Forschungsträger Fraunhofer-Gesellschaft.

Grundsätzlich könnte die Botschaft an Unternehmen also lauten: Hauptsache ihr zahlt viel, dann kommen die begehrten Fachkräfte schon von selbst. Doch so einfach ist es auch wieder nicht, wie Tina Smetana weiß. „Wer zwei Firmen zur Auswahl hat und nur das Gehalt kennt, entscheidet sich für das bessere Gehalt“, sagt sie. Diesen Effekt könne man aber abfangen, indem man andere Dinge in den Vordergrund der Arbeitgebermarke rücke. „Wenn ich als Bewerberin weiß, dass ich flexible Arbeitszeiten und regelmäßige Weiterbildungen bekomme, kann das den entscheidenden Unterschied machen“, sagt Smetana, „Wenn ich das nicht weiß, erhält das Gehalt eine größere Bedeutung.“

Damit beschreibt sie den ersten Schritt einer erfolgreichen Werbung um Mitarbeiter: All das, was man zu bieten hat, auch zu kommunizieren. Der zweite Schritt: diese Werbung auch noch passend auf den jeweiligen Bewerber zuzuschneiden. „Jede Zielgruppe braucht eine andere Ansprache“, sagt die Universum-Deutschlandchefin. So könne man jungen ITlern zum Beispiel die Möglichkeit flexibler Arbeit stärker präsentieren, Studierenden in den Ingenieurwissenschaften dagegen die innovationsfördernden Arbeitsbedingungen.

Überhaupt sei der Unterschied zwischen Studierenden und jungen Berufstätigen recht deutlich. Klar, beiden ist Geld am wichtigsten. Doch den Young Professionals merkt man ihre Berufserfahrung an, wenn es um die weiteren Ansprüche an einen Arbeitgeber geht. So legen sie etwa mehr Wert auf eine gute Balance aus Arbeit und Freizeit als die Studierenden – oder auch darauf, von Vorgesetzten gelobt und unterstützt zu werden. In der Prioritätenliste der Studierenden kommen diese Punkte erst viel später. „All das sind Themen, die für viele Studierende noch abstrakt sind“, sagt auch Tina Smetana. „Wer aber bereits gearbeitet hat, weiß, dass auch gute Arbeitsbedingungen sehr viel wert sind.“

Vor allem ein schlechtes Verhältnis zur Führungskraft kann zu einer großen Unzufriedenheit führen. Daraus resultiere häufig der Wunsch, den Job zu wechseln, so Smetana. Man verlasse selten ein Unternehmen, sondern meistens den Manager. Das zeigt auch die aktuelle Befragung: Je nach Fachbereich sind bis zu 25 Prozent der Young Professionals daran interessiert, in den kommenden sechs Monaten den Arbeitgeber zu wechseln.

Wer nun aber bereits ein Viertel der Belegschaft auf der Kippe sieht, dem gibt Tina Smetana Entwarnung. Zum einen bräuchte es für die meisten ein substanziell besseres Angebot, etwa den gleichen Job zu wesentlich besseren Bedingungen, damit sie wirklich gingen. „Da sich die meisten Wechselwilligen wahrscheinlich gar nicht ernsthaft um ein solches bemühen, gehen sie auch nicht“, sagt Smetana. Zum anderen heißt das auch, dass bei der Konkurrenz möglicherweise die gleiche Zahl an Unzufriedenen sitzt, die man abwerben könnte.

Die Beraterin sieht aber die beste Strategie nicht darin, in fremden Belegschaften zu wildern, sondern die eigene zu halten. „Employer Branding wirkt nicht nur nach außen, sondern auch nach innen“, sagt sie. Ein Unternehmen könne Befragungen durchführen und damit ein offenes Ohr für die Probleme seiner Mitarbeiter zeigen. Wenn ihr Unmut auf Dinge zurückzuführen sei, die man ändern kann, sollte man das tun, so Tina Smetana. Ginge das nicht, „dann ist es vielleicht Zeit, sich im Guten zu trennen.“

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