Dienstreise mit Partner „Unternehmen dulden Spesen-Rittertum mitunter ganz bewusst“

Es gibt keine allgemeine Regelung zu Dienstreisen, die die Mitnahme von Ehepartnern erlaubt, meint der Arbeitsrechtsexperte. Quelle: imago images

Warum die Begleitung von Ehepartner auf der Dienstreise tabu sein sollte – und was es für Topmanager bei der Spesenabrechnung sonst noch zu beachten gibt, damit diese sie nicht den Job kostet.

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Jan Tibor Lelley ist Partner der Kanzlei Buse Heberer Fromm. Der Arbeitsrechtler hat immer wieder mit heiklen Fragen rund um Dienstreisen zu tun – und mahnt gerade Topmanager zur Vorsicht bei Einladungen, die sich auch an die Ehepartner richten.

WirtschaftsWoche: Herr Lelley, bei der Europäischen Zentralbank (EZB) haben zwei Direktoren, Sabine Lautenschläger und Yves Mersch, laut Presseberichten ihre Ehepartner auf Kosten der EZB zu Dienstreisen mitgenommen. Das sorgt für Unmut in der Behörde – und in der Öffentlichkeit. Welche Folgen könnte das haben?

Jan Tibor Lelley: Die EZB ist keine normale Arbeitgeberin. Sie ist eine supranationale Institution, mit anderen Behörden oder Unternehmen in Deutschland nicht vergleichbar. Nach EU-Vorgaben regelt die EZB die Beschäftigungsbedingungen und Gehälter ihrer Direktoren selber. Das bedeutet also, dass die Dienstreisen mitsamt den Ehepartnern in Ordnung waren, rein juristisch gesehen. Aber den ethischen Aspekt – und darum geht es ja bei Compliance auch – darf man nicht vernachlässigen. Das hat dann schon einen Beigeschmack.

Und wie sähe es bei Angestellten in deutschen Unternehmen aus?

Da ist es völlig anders. Angestellte dürfen sich ihre Spesenregeln nicht selber machen. Die sind ihnen im Arbeitsvertrag oder Dienstreisebestimmungen vom Unternehmen vorgeschrieben. Es gilt der Grundsatz: Was nicht ausdrücklich erlaubt ist oder erlaubt wird, ist verboten.

Arbeitsrechtler Jan Tibor Lelley hat immer wieder mit heiklen Fragen rund um Dienstreisen zu tun – und mahnt gerade Topmanager zur Vorsicht bei Einladungen, die sich auch an die Ehepartner richten. Quelle: Privat

… und bei Führungskräften?

Bei den Führungskräften gilt das gleiche. In vielen Unternehmen haben Führungskräfte ab einer bestimmten Ebene wie etwa Bereichsleiter, Geschäftsführer oder Vorstand einen etwas größeren Spielraum. Da gibt es manchmal einen Graubereich dessen, was noch toleriert wird. Das ist für Führungskräfte gefährlich. Denn wenn sie sich nicht auf eine eindeutige Regelung berufen können, geraten sie schnell in Beweisnot. Dazu kommt, dass ihnen dann auch strafrechtliche Vorwürfe drohen können – Untreue zu Lasten des Unternehmens zum Beispiel oder Steuerhinterziehung.

Ist es in den meisten Unternehmen denn erlaubt, Ehepartner mit auf eine Dienstreise zu nehmen?

Viele Unternehmen haben Regeln zu Dienstreisen, die oft sehr ins Detail gehen. Also welche Hierarchieebene welchen Pkw-Typ mieten darf. Im Mittel-Management sind das meist VW und Audi, in der Ebene darüber Daimler oder BMW. Oder: Wer darf wann per Flugzeug reisen und in welcher Klasse, Economy oder Business. Aber ich kenne keine allgemeine Regelung zu Dienstreisen, die die Mitnahme von Ehepartnern erlaubt. Das muss dann immer im Einzelfall genehmigt werden.

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Woher weiß man denn, ob man seinen Ehepartner mitnehmen darf oder nicht? Wenn die Einladung „Sie und Ihre Begleitung“ lautet, kann man ja schon ins Zweifeln kommen – man will den Gastgeber schließlich nicht vor den Kopf stoßen?

Im Zweifel haben Ehe- oder Lebenspartner bei Dienstreisen auf Kosten des Unternehmens nichts zu suchen. Das ist der sichere Ansatz. Nur wenn eine ausdrückliche Einladung, auch die Kosten zu übernehmen, vorliegt, ist das anders. Auch die sollte man sich aber vom Vorgesetzten genehmigen lassen. Sonst wird das schnell zum Compliance-Fall. Und solche Fälle lösen heutzutage fast immer interne Ermittlungen aus, die zu arbeitsrechtlichen Sanktionen führen können. Im schlimmsten Fall droht eine Abmahnung oder sogar die Kündigung.

Wie lautet Ihr Rat?

Eingeladene sollten auch hier selber aktiv werden und nachfragen, ob der Partner auf Kosten des Hauses mitreisen darf. Sichere Ansprechpartnerin dazu ist immer die Personalabteilung. Gut beraten sind Führungskräfte dann, wenn sie sich Zusagen von Entscheidungsträgern nachweisbar, beispielsweise in einer E-Mail, bestätigen lassen.

Was ist mit Dienstreisen, bei denen die Ehefrau auf eigene Kosten mitkommt? Genügt es, den Differenzbetrag zum Einzelzimmer selbst zu zahlen? 

Am sichersten ist es, keine Kosten für das Unternehmen entstehen zulassen. Das heißt: alle, aber auch wirklich alle Kosten, die der Ehepartner verursacht, selbst zu zahlen – und vom Arbeitgeber weg zu gehalten. Das fängt beim Differenzbetrag zum Einzelzimmer an, geht weiter über Mahlzeiten bis zu Spa-Besuch oder Zimmerservice. Das kann, ganz praktisch, auf der Hotelrechnung gesondert aufgeführt werden. Im Hotel sollte man das schon beim Ankommen an der Rezeption in Auftrag geben. Und dann werden zwei Rechnungen bezahlt. Das Beste ist, wenn die Führungskraft schon vor Abreise intern beim Vorgesetzten klarstellt, dass der Ehepartner mitreist – auf eigene Kosten. Das schafft Transparenz und Vertrauen.

Und wenn jemand seine Dienstreise an einen attraktiven Ort noch ein paar Tage verlängern will?

Da ist es genauso: Dem Unternehmen dürfen durch das Privatvergnügen der Führungskraft keine Nachteile oder finanzielle Belastungen entstehen. Dazu sollte man auch im Auge haben, dass Urlaub eingereicht werden muss, wenn es nicht nur eine Reise übers Wochenende ist.

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Nicht nur Dienstreisen samt Ehefrau waren unter Topmanagern lange Usus, sondern auch Spesen, unangemessen häufige und teure Bewirtungen beispielsweise. 

Richtig, wenn sie in Ungnade fallen oder einfach schlechte Unternehmenszahlen abliefern, kommen die Vorwürfe auf den Tisch. Zu etwas, was jahrelang stillschweigend gebilligt wurde, besonders hohe Bewirtungen vielleicht. Das ist Taktik, damit spart sich die Company womöglich Hunderttausende von Euro an Abfindung. Manchmal fragt man sich dann, warum erst jetzt die Vorwürfe laut werden. In einem meiner Fälle hatte eine Geschäftsführerin, die für ihren harten Führungsstil bekannt war, lange Zeit alle Nachfragen aus dem Controlling zu den Unregelmäßigkeiten bei ihren Reisen ignoriert. Die unteren Ebenen trauten sich einfach nicht, weiter nachzufragen. Zumal die Zahlen und der Geschäftserfolg stimmten. Dieser Fall kam eines Tages hoch, als die Muttergesellschaft eine Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei angeordnete hatte.

Es ist also ein taktisches Mittel, Sammeln und Schweigen, das Manager immer im Auge behalten sollten?

Mitunter dulden Unternehmen das Spesenrittertum einzelner Manager ganz bewusst. Ich kenne aus der Praxis viele solcher Fälle: Personalabteilungen legten ganze Dossiers an, um für „den Fall der Fälle“ gut vorbereitet zu sein. Also für eine eventuelle Trennung von der Führungskraft samt einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Ich kenne den Fall eines Vertriebs-Chefs einer großen Software-Firma, der jahrelang mit First-Class-Flügen auf Dienstreise in Fernost unterwegs war. Obwohl die Bestimmungen seiner Firma für solche Reisen nur Business-Class erlaubt hätte. Da kommen pro Flug schon mal Preisunterschiede von einigen tausend Euro zusammen. Als es zur Trennung kam und sich der Manager gegen seine Kündigung vor Gericht wehren wollte, machte das Unternehmen plötzlich eine Gegenrechnung auf und forderte von ihm mehrere zehntausend Euro. Und das war nicht alles: Sein eigener Arbeitgeber drohte ihm ausdrücklich mit dem Gang zur Staatsanwaltschaft. Sie einigten sich dann sehr schnell – und sehr preiswert für das Unternehmen. Den Manager dürften seine früheren teuren Flüge um eine Abfindung im hohen sechsstelligen Euro-Bereich gebracht haben.

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