
Bei der Digitalisierung geht es vor allem um eins: den Menschen. Das fängt mit dem Kunden an, den die Technik befähigt, Dinge zu tun, wofür er früher die Hilfe anderer Menschen brauchte: Statt sich im Reisebüro beraten zu lassen, bucht er Hotel, Flug und Mietwagen jetzt online. Statt zum Bankschalter zu gehen, erledigt er seine Bankgeschäfte per App. Entsprechend will er auch die Fliesen für sein neues Badezimmer per Smartphone bestellen, anstatt in den Baumarkt zu fahren und den günstigsten Handwerker möchte er ebenfalls online beauftragen.
Auf der anderen Seite stehen wiederum Menschen, die diese Kundenbedürfnisse befriedigen müssen - die Webseiten für Smartphones optimieren, Marketingmodelle und Vertriebswege verändern, neue Produkte erfinden, herstellen und dem Kunden nach Hause bringen.
Um Technik geht es eigentlich erst im zweiten Schritt - nämlich bei der Umsetzung. Entsprechend sollte bei aller Diskussion um Digitalisierung und Disruption auch der Mensch im Vordergrund stehen. Und zwar nicht nur der Kunde, sondern auch die Menschen in Unternehmen. Doch so richtig tun sie das leider nicht.
Auf welche Bereiche wirkt sich die Digitalisierung im Arbeitsalltag aus?
47 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sich die Digitalisierung positiv auf das eigenständige Arbeiten auswirkt. 37 Prozent spüren keine Auswirkung, zehn Prozent beklagen negative Einflüsse.
Quelle: Edenred-Ipsos-Barometer 2015, "Wohlbefinden & Motivation der Arbeitnehmer"
45 Prozent sagen, dass die Digitalisierung die Zusammenarbeit verbessert, 13 Prozent sehen eine Verschlechterung.
43 Prozent spüren einen positiven Einfluss der Digitalisierung auf ihre Lebensqualität im Job, 36 Prozent merken gar keine Veränderung und 15 Prozent spüren negative Einflüsse auf die Teamarbeit.
Die Zusammenarbeit mit Kunden verbessert sich laut 42 Prozent der Befragten. Neun Prozent sehen hier eine Verschlechterung.
Eine Verbesserung durch die Digitalisierung erleben 41 Prozent, elf Prozent beklagen negative Einflüsse.
43 Prozent sagen, dass die Digitalisierung an den Kompetenzen nichts verändert hat. 40 Prozent sehen einen positiven Einfluss und acht Prozent einen negativen.
40 Prozent fühlen sich durch die Digitalisierung bei der Arbeit motivierter, bei elf Prozent sehe es durch die Digitalisierung schlechter aus mit ihrer Motivation. Für 43 Prozent hat sich durch die Digitalisierung nichts an ihrer Motivation verändert.
Dank der Digitalisierung können 34 Prozent der Befragten berufliches und privates leichter vereinen. Bei 16 Prozent ist es dagegen schwieriger geworden, beides unter einen Hut zu bekommen. 42 Prozent spüren keine Veränderung.
Bessere Chefs dank Digitalisierung? Keine Veränderung bemerkten 42 Prozent. Einen positiven Einfluss glauben 28 Prozent bei ihren Vorgesetzten bemerkt zu haben, eine Verschlechterung beklagten 28 Prozent.
Personalabteilungen werden Anforderungen nicht gerecht
So stellen 79 Prozent der Führungskräfte fest, dass sich ihre Mitarbeiter individuelle Karriereoptionen für das digitale Zeitalter wünschen. Was gut ist. Ohne lebenslanges Lernen wird es nicht mehr gehen. Allerdings sehen zwei Drittel der Befragten die eigene Personalabteilung aktuell nicht in der Lage, diesen Wünschen mit entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen nachzukommen. Dies sind zumindest die Ergebnisse der Umfrage „Human Resources in der digitalen Transformation“ der Management- und HR-Beratung metaBeratung.
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Das hat zweierlei Konsequenzen: Fähige Köpfe verlassen das Unternehmen beziehungsweise bewerben sich dort erst gar nicht. Und denen, die bleiben, fehlen die notwendigen Fähigkeiten. "Bieten Unternehmen dem Mitarbeiterkreis heute keine attraktiven und zeitgemäßen Entwicklungsperspektiven, werden geeignete Mitarbeiter fehlen, um die komplexen Aufgaben des digitalen Wandels meistern zu können", wie Rainer Neubauer, Geschäftsführer der metaBeratung sagt.
Was Weiterbildung Mitarbeitern bringt
Im Auftrag des Hamburger ILS Instituts für Lernsysteme befragte forsa im Februar 2015 rund 1.000 Personen zwischen 20 und 40 Jahren aus deutschsprachigen Privathaushalten zu ihren Erfahrungen mit Weiterbildung. Mehrfachnennungen waren möglich.
78 Prozent der Befragten stellen fest, dass ihnen die Fortbildung mehr Kompetenz und Sicherheit im Beruf gebracht hat.
60 Prozent der Befragten bezeichnen sich nach ihrer Weiterbildung als insgesamt zufriedener.
52 Prozent der 20- bis 40-Jährigen erleben nach der Fortbildung mehr Anerkennung durch Arbeitgeber und Kollegen.
43 Prozent der Befragten mit Weiterbildungserfahrung konnten unmittelbar in eine höhere Position aufsteigen oder erhielten mehr Verantwortung.
36 Prozent konnten sich außerdem über finanzielle Vorteile wie eine Gehaltserhöhung freuen.
Laut Neubauer und seinem Team müssten Personalabteilungen nun vor allem Folgendes tun:
- Potentialanalysen anstellen und Potenziale fördern,
- feststellen, was das Unternehmen braucht und was an Potenzialen und Kompetenzen da ist,
- persönliche Entwicklungsziele der Mitarbeiter mit dem betrieblichen Bedarf abgleichen,
- interne HR-Prozesse digitalisieren, um das Bewerbungsmanagement zu verbessern und die Passgenauigkeit von Stelle und Bewerber zu erhöhen,
- Weiterbildung der Mitarbeiter transparenter und effektiver gestalten.
Doch wie beurteilen eigentlich die vielgescholtenen Personalabteilungen ihre Arbeit? Das wollte das Beratungsunternehmen für HR-Management, Pomerit, wissen und hat bei deutschen Personalleitern nachgefragt. Unter den mehr als 120 Personalvorständen waren auch 21 Personalleiter aus Dax-Konzernen vertreten.
Und auch diese Umfrage belegt: Die Personalabteilungen in Deutschland sind nicht fit für die im Zusammenhang mit der Digitalisierung entstehenden Herausforderungen. Besonders bei den internen Prozessen ist von Digitalisierung nichts zu spüren, hier herrscht Excel.
So haben sich Unternehmen auf die Digitalisierung vorbereitet
Mehr als in Drittel aller Unternehmen bereitete sich durch digitales Management der Personalverwaltung vor. In der Studie waren Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Edenred-Ipsos-Barometer 2015, "Wohlbefinden & Motivation der Arbeitnehmer"
An zweiter Stelle steht die Virtualisierung der Arbeitsplätze (28 Prozent), etwa durch virtuelle Desktops oder eine Ausstattung für Telefonkonferenzen.
Den dritten Platz teilen sich zwei Maßnahmen: die Einrichtung eines sozialen Firmennetzwerks sowie das Angebot von E-Learning (jeweils 25 Prozent).
18 Prozent der Unternehmen trafen Vereinbarungen zur Telearbeit
16 Prozent der befragten Unternehmen haben an ihrer Webseite gearbeitet.
13 Prozent der Unternehmen haben sonstige Maßnahmen ergriffen
Fünf Prozent der Unternehmen haben eine "BYOD" (bring your own device) Politik eigeführt.
Ein Drittel der befragten unternehmen gab an, keine der aufgeführten Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Digitalisierung umgesetzt zu haben
Das geben die Personaler auch selber zu: Aus einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 5 (sehr hoch) liege das eigene Digitalisierungspotenzial bei 4,0, am schlechtesten stehe es um die Recruitingprozesse. Hier wird quasi noch per Zeitungsannonce gesucht.
Auch beim "Führen virtueller Teams", der "Transparenz von Information und Kommunikation" oder der "positiven Fehlerkultur" stellen sich die Personaler kein gutes Zeugnis aus. Da muss etwas passieren, wie auch Pomerit-Gründer Kai Anderson sagt. "Die Human Digitalisation wird das wichtigste Handlungsfeld für HR in den kommenden Jahren sein."
Aber immerhin: Die Selbsterkenntnis ist schon einmal vorhanden.