Doppelrolle

Schluss mit dem Zickenkrieg

Rabenmutter, Schmarotzerin, Karrieretussi: Wenn Frauen ihre Lebensentwürfe verteidigen, geht es schon mal unter die Gürtellinie. Dabei ist es auch ökonomisch sinnvoll, jede nach ihrer Facon glücklich werden zu lassen.

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Karriere oder Familie? Es ist wichtig jede Frau nach ihrer Facon glücklich werden zu lassen. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

Susanne verbringt die meiste Zeit des Tages mit Einkaufen und Kochen, ist immer da für ihre Kinder, steht lieber am Herd statt am Arbeitsplatz. Kirsten ist jeweils wenige Wochen nach der Geburt ihrer beiden Kinder wieder zu ihrem Job zurückgekehrt. Und Petra hat statt Kinder Karriere gemacht, ist Partnerin einer Anwaltskanzlei und lebt mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten in einem schicken Apartment mit Blick über die Stadt. Wenn die drei einstigen Kommilitoninnen über ihr derzeitiges Leben reden, fliegen schon mal die Fetzen. „Wofür hast Du jahrelang studiert?“, fragt Kirsten dann Susanne. „Um zuhause zu verkümmern und dem Staat als Steuerzahlerin, der Krankenkasse als Betragszahlerin auf der Tasche zu liegen und der Wirtschaft als qualifizierte Arbeitskraft verloren zu gehen? Das ist egoistisch.“ Petra nickt heftig: „Nicht, dass ich mit Dir tauschen möchte“, sagt die  Managerin. „Aber sich auf Kosten des Staats ausbilden zu lassen und jetzt von Ehegattensplitting und Familienversicherung zu profitieren – das ist nicht fair.“ 

Susanne macht eine ganz andere Rechnung auf: „Ich zahle vielleicht keine Steuern oder Krankenkassenbeiträge“, sagt die dreifache Mutter mit dem Jura-Examen, deren Mann für das Familieneinkommen sorgt. „Aber was glaubt ihr denn, wer sich im Kindergarten oder in der Schule in der Elternvertretung engagiert oder kurzfristig Kinder betreut, wenn berufstätige Mütter ins Meeting müssen statt ihre kranke Tochter vorzeitig von der Schule abzuholen?“ Alles unentgeltlich, selbstverständlich. „Ihr seid doch nicht anders als viele Männer“, redet sich Susanne in Rage. „Kauft euch mit Steuern und Krankenkassenbeiträgen frei von der Aufzucht zukünftiger Steuerzahler und der Pflege der Angehörigen – und beschimpft auch noch die, die diese Arbeiten übernehmen, als Egoisten.“

Ein Konflikt, wie er in letzter Zeit häufig ausgetragen wird. Und doch nicht eindeutig zu beantworten ist. Ob berufstätig mit Kindern, ob Vollzeitmutter oder kinderlose Karrierefrau: Statt das eigene Lebensmodell als das einzig Wahre zu feiern, sollten sich Frauen wie Susanne, Kirsten und Petra bewusst machen, dass sie ihr Leben nur leben können, weil die anderen sie durch ihre Wahl unterstützen. Dass erstens Mütter an Heim und Herd von Berufstätigen subventioniert werden. Dass zweitens Karrierefrauen in den Genuss zukünftiger Steuerzahler kommen, ohne durchwachte Nächte und stinkende Windeln. Und dass drittens berufstätige Mütter vom ehrenamtlichen Netzwerk der Daheimbleiber und von den zusätzlichen Stunden der beruflichen Vollzeitlerinnen profitieren. 

Schluss mit dem Zickenkrieg - unterstützen statt zerfleischen muss die ökonomische Devise lauten. Nur dann kann sich jede Frau das Lebensmodell leisten, das sie sich für sich und ihre Familie wünscht.

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