In einem der berühmtesten Modefilme der Welt gibt es eine besonders hübsche Szene. Andrea Sachs, gespielt von Anne Hathaway, beginnt in „Der Teufel trägt Prada“ ihren neuen Job als Assistentin beim Modemagazin „Runway“ – gekleidet in einen einfachen Pullover.
Ein schwerer Fehler, wie sich kurz darauf zeigt. Ihre neue Chefin Miranda Priestly, gespielt von Meryl Streep, quittiert Sachs’ „hässlichen blauen Pullover“ mit einem legendären Vortrag über die Bedeutung der Modeindustrie, der mit den Worten endet: „… dieses Blau repräsentiert Millionen von Dollar und unzählige Jobs“.
Was im Film überzeichnet dargestellt wurde, hat einen wahren Kern. Denn in der Mode- und Luxusbranche gelten tatsächlich andere Regeln als bei Banken oder Versicherungen. Das beginnt schon mit dem Bewerbungsgespräch. Wer einen Job bei einem Luxusunternehmen ergattern will, muss ein Gefühl für die Produkte und das Image der Firma mitbringen. Da reichen ein gut geschnittener Anzug, der farblich passende Gürtel zum Schuh und dunkle Socken mitunter nicht aus. Damit der eigene Look zur Visitenkarte wird, sollte man sich vielmehr fragen: Wofür steht das Unternehmen nach außen? Welches Gefühl vermitteln die Produkte? Und, ganz wichtig, wie kann ich diese Botschaft über mein Auftreten transportieren?
Zunächst einmal zeichnen sich fast alle Unternehmen aus der Branche durch ein hohes Qualitätsbewusstsein aus. Daher sollten sich Bewerber bei Gucci oder Rolex inhaltlich genauso gut vorbereiten wie für jedes andere Jobinterview: dazu gehören Umsatzzahlen, Unternehmensgröße sowie Chancen und Herausforderungen der kommenden Jahre.
Aber auch die Optik. „Der Bewerber sollte vermitteln, dass er sich im Voraus Gedanken zu seinem Auftreten -gemacht hat“, sagt etwa Aylin Tufan, Personalchefin der KaDeWe Group. Wer sich auf eine Stelle im Bereich Sportswear bewirbt und in Anzug und Krawatte erscheint, wirkt nicht glaubwürdig. Doch gerade das ist der Personalerin besonders wichtig. „Ich achte darauf, ob ein Look authentisch ist, die Persönlichkeit unterstreicht und ob sich der Bewerber darin wohlfühlt. Ist er ‚verkleidet‘, merkt man das in der Regel schnell“, sagt Tufan.
Im Zweifel lieber formell
Diese Regel hat Essie Kramer glücklicherweise beherzigt. Die Studentin an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim hat sich für ein Praktikum beim hippen Schmuckdesigner Eddie Borgo in New York beworben. Vor dem Kleiderschrank hatte sie lange überlegt: Sie wollte die Marke repräsentieren, ohne dabei ihre Persönlichkeit zu verstecken. „Ich bin ein lässiger Typ und habe deshalb einen weit geschnittenen Blazer und eine Marlenehose getragen“, so die Studentin.
Kramer hat damit alles richtig gemacht: Entschied sie sich doch für einen klassischen Hosenanzug, aber mit einem modernen Schnitt. Denn auch wenn die Luxusbranche etwas anders tickt, eine Regel bleibt gleich: Im Zweifel sollte die Kleidung lieber etwas zu formell als zu lässig sein.
Eine gute Möglichkeit ist die Kombination aus Anzug und Sneakern. Doch müssen die Turnschuhe schlicht und sauber sein, sagt Jens Bastian, Einkaufschef des Onlineshopping-Service Outfittery. „Auf keinen Fall die Schuhe tragen, mit denen man am Wochenende noch durch Wald und Wiesen, Eckkneipe oder Clubs gezogen ist.“
Auch Modelle in schrillen Regenbogenfarben sind tabu. Zwar gilt die Branche als kreativ und extravagant, doch gerade am Anfang sollte die Persönlichkeit im Vordergrund stehen. Aus dem gleichen Grund sollte man sich auf keinen Fall von Kopf bis Fuß mit teuren Markenklamotten behängen. „Es ist sicher von Vorteil, wenn man einem Outfit eine Passion für Mode und Luxusprodukte ablesen kann, aber im dezenten Maße“, sagt Personalerin Tufan. Auch wenn Andrea Sachs mit ihrem blauen Pulli optisch daneben lag – ihre fachliche Kompetenz hat niemand angezweifelt.