Sie sitzen in Ihrem Büro: Der Anzug vom Maßschneider, geschmackvolle Manschettenknöpfe, italienische Lederschuhe und Edelfüller – und dann kommt der neue Vorgesetzte herein: Schlabberjeans, T-Shirt und ausgelatschte Turnschuhe. Dass Führungskräfte oft sehr schlecht angezogen sind, erlebt Elisabeth Motsch, Trainerin für Image, Outfit und Umgangsformen, regelmäßig.
Ist der Angestellte dann deutlich besser gekleidet, wirkt es schnell, als wolle er den Boss übertrumpfen. Genauso einen schlechten Eindruck macht es, wenn der Vorstand mit dem klapprigen Rad zur Arbeit kommt und der Leiter der Personalabteilung fährt mit dem Bugatti vor. Entsprechend sorge ein schlecht angezogener Chef bei stilbewussten Mitarbeitern für Verunsicherung. Das Problem sei, dass sich die Mitarbeiter oft nicht trauen, sich besser anzuziehen, als der Chef, sagt Motsch.
Nicht übertreiben
"Die Kunst besteht darin, dass der Vorgesetzte nicht merkt, dass sein Angestellter besser angezogen ist", sagt Bernhard Roetzel, der mit seinem in 19 Sprachen übersetzten Buch "Der Gentleman. Handbuch der klassischen Herrenmode" als Gentleman-Papst gilt. So dürfen Kostüm oder Anzug natürlich weiter vom Lieblingsschneider gefertigt, anstatt von der Stange gekauft sein. Nur etwas dezenter darf es dann gerne sein: Statt Einstecktuch, Weste, und Krawatte reichen vielleicht auch Krawatte und Tuch.
Grundsätzlich sollte man es nicht übertreiben, rät Motsch. "Bei einer Hochzeit sollte man sich auch nicht zu sehr in Szene setzen und die Farben Weiß, Creme und ganz Schwarz vermeiden." Ähnlich sei es im beruflichen Kontext. "Wenn man in einem Unternehmen arbeitet, wo niemand einen Anzug erwartet, wirkt man im Maßanzug schnell overdressed", sagt sie. Und auch der Versicherungsmakler, der in einem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und roter Krawatte zu einem Termin mit einem Bauern auf dessen Hof fährt, übertreibt. Mit einem mittelgrauen oder mittelblauen Anzug wäre dagegen alles in Ordnung. Ob der Anzug nun maßgeschneidert ist oder nicht, spielt dabei erst einmal keine Rolle.
Geht der Versicherungsmakler allerdings mit seinem Vorgesetzten zu dem Landwirt und der Chef trägt Jeans und T-Shirt, sei auch der graue Anzug zu viel, weil der Abstand zu groß sei, so Motsch. "Da würde ich eine Stoffhose mit sportlichem Sakko empfehlen, wenn der Mitarbeiter im Normalfall ein Anzugträger ist."
Im Zweifelsfall fragen
"Generell empfehle ich, vor gemeinsamen Terminen zu fragen, welcher Dresscode gewünscht ist", rät Motsch. Wenn der Chef dann ankündigt, Jeans und Polo-Shirt anzuziehen, könne man immer noch sagen: Ich ziehe lieber noch ein Sakko an.
Denn aus einem Anzug-Liebhaber macht auch ein Vorgesetzter keinen Fan von Jogginghosen, wie Roetzel weiß. "Wer immer Anzug im Büro getragen hat und daran Spaß hat, wird sich im Freizeitlook nicht wohl fühlen", sagt er. "Wenn er zum Beispiel in der Mittagpause beim Italiener andere Geschäftsleute oder gar Ex-Kollegen trifft, wird er sich in seinem legeren Outfit albern vorkommen."
Im Grunde sei es aber ganz einfach, so Roetzel. Wenn der Chef schlecht gekleidet sei, habe er höchstwahrscheinlich auch keine Ahnung von Mode und Stil. Entsprechend falle es dem Vorgesetzten vermutlich gar nicht auf, dass sich die Mitarbeiter besser kleiden. "Wer selbst schlechte Schlappen trägt, sieht in der Regel nicht, dass jemand anderes Rahmengenähte an den Füßen hat." Trotzdem empfiehlt er in diesem Fall einen smarten Casual-Look aus Chinos, Sakko und Oberhemd. "So kann er stilvoll auftreten – ohne allzu sehr anzuecken und sich verleugnen zu müssen."
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Richtiger Umgang mit dem eleganten Chef
Doch wie verhält es sich im umgekehrten Fall? Ein förmlich gekleideter Vorgesetzter kommt in ein Unternehmen, in dem an jedem Tag casual friday ist. "Wenn der Chef sehr viel Wert auf gute Kleidung legt, passen sich die Mitarbeiter in der Regel von selbst an", weiß Motsch aus eigener Erfahrung. Wenn die Sekretärin im Schlabberlook die Akten beim Meeting reinreicht und alle Teilnehmer sitzen dort im feinsten Zwirn, wird sie sich underdressed fühlen und beim nächsten Mal zumindest einen Blazer dabei haben.
Motsch empfiehlt übrigens grundsätzlich, im Büro oder im Auto ein neutrales Sakko oder einen Blazer zu haben. Für den Fall, dass der Kollege krank wird und man selbst überraschend dessen Termin übernehmen muss. Denn wenn es sich nicht um eine Bank oder Versicherung handelt, wo ohnehin Anzugpflicht besteht, sollte man laut Motsch nie ohne Sakko zu Terminen gehen.
Dann gibt es noch den dritten Fall, dass ein eleganter Boss auf gut gekleidete Mitarbeiter trifft. Prinzipiell sollte in diesem Fall alles gut sein. Es sei denn, der Chef ist ein Gockel, der keine Konkurrenz duldet, wie Roetzel sagt. In diesem Fall müsse der Mitarbeiter seinen eigenen Auftritt so gestalten, dass der Ranghöhere nicht eifersüchtig wird. Die eigene Uhr sollte also nicht größer, besser, teurer sein, als die des Vorgesetzten und auch Hemd und Krawatte sollten es nicht sein. Gleichzeitig verbieten sich in diesem Fall zu viele auffällige Accessoires. "Einem stilbewussten Mitarbeiter wird das mühelos gelingen", ist Roetzel überzeugt.
Liebt der Chef beispielsweise Hermès-Krawatten und war er bisher der einzige, der damit herumlief, so sollte der Angestellte besser andere Krawatten tragen. "Das ist aber zu verschmerzen, zumal der Hermès-Fan dann in aller Regel keine Probleme damit hat, wenn jemand anders Turnbull & Asser trägt oder Binder von Marinella", so Roetzel. "Falls er das überhaupt registriert."