Egal wo, Hauptsache was mit „-office“ Warum 2020 nicht alles schlecht war

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Zusammenhalt durch Distanz

Deutschland hat spitzenmäßige Gründer

Die großen Innovationen kommen immer aus dem Silicon Valley, Deutschland hat keine eigenen Vorbilder à la Mark Zuckerberg oder Elon Musk? Von wegen! Mit Biontech hat sich nun gezeigt, wie Innovation made in Germany geht – und dass Migranten ein wichtiger Teil unserer Gründerszene sind. Die Wurzeln von Uğur Şahin und Özlem Türeci, das Forscherehepaar, das den Corona-Impfstoff entwickelt hat, liegen in der Türkei. Şahins Eltern wanderten Ende der Sechzigerjahre mit ihm als Kleinkind nach Deutschland ein, Türeci wurde kurz nach Ankunft ihrer Eltern in Niedersachsen geboren. Eine Befragung von 1700 Gründern des Deutschen Start-up-Monitors ergab im Sommer, dass jeder fünfte einen Migrationshintergrund hat, weil entweder ein Elternteil oder er selbst nach Deutschland eingewandert ist. Mehr als jeder zehnte hat keinen deutschen Pass, ist also nach der Definition des Statistischen Bundesamts Migrant – und vielleicht sogar noch ein besseres Vorbild als Musk oder Zuckerberg.

Mehr Familienzeit

Geschlossene Schulen und Kitas stürzten im Frühjahr 2020 Tausende berufstätige Eltern in Verzweiflung und Erschöpfung. Und taten es nun, kurz vor Weihnachten, wieder. Mit kleineren Kindern im Homeoffice – das ist eine echte Belastung. Doch auch die hat ihre guten Seiten: Viele Eltern berichteten davon, dass es auch schön war, mehr Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen. Morgens nicht Punkt 8 Uhr das Haus verlassen, keine Berge von Pausenbroten schmieren, weniger Elterntaxi spielen müssen – all das brachte Erleichterung in manchen durchgetakteten Alltag. Und wenn Flötenunterricht oder Reitstunden mal eine Weile ausfallen, lernen Kinder auch mal wieder, was Langeweile ist – und die führt zu neuer Kreativität. Die verblüffende Erkenntnis: Ein Wochenende kann auch erfüllend sein, ohne von einem Highlight zum nächsten zu hecheln.

Mehr Zusammenhalt

Als wir im März kollektiv ins Homeoffice umzogen, war da vor allem eine große Frage: Wie sollte das funktionieren? Was sage ich als alleinerziehende Mutter dem Chef, wenn das Kleinkind ausgerechnet in dem Moment einen Schreianfall bekommt, wenn ich die wichtige Präsentation vor den Kollegen halten soll? Wie viel Verständnis wird mein Teamleiter dafür haben, dass mir als Single im Lockdown die Decke auf den Kopf fällt – und ich mich morgens immer schwerer aufraffen kann? Und wie kann ich den Kollegen mal um Hilfe bitten, wenn ich ihn nicht zufällig in der Kaffeeküche treffe und auf den ersten Blick ahne, ob dafür jetzt der richtige Moment ist? 

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Nun, neun Monate später, stellen wir stolz fest: Der Kontakt zu liebgewonnenen Kolleginnen und Kollegen ist gar nicht abgerissen, nur weil eine Pandemie uns zu Distanz zwingt. In diesen Adventstagen ist gemeinsam-einzelnes Glühweintrinken vor dem Bildschirm die Alternative zum Absturz im Kneipenviertel. Und auch wenn es nicht ganz das gleiche ist: Irgendwie freut man sich darüber. Die Extremsituation im Frühjahr hat zudem viele Führungskräfte gelehrt, bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genauer hinzusehen: Welche Lebensumstände begleiten sie? Wer braucht Flexibilität, wer einen festen Rahmen? Die Erfahrung, selbst etwas durchzumachen, hat eine beachtliche Zahl von Menschen achtsamer werden lassen, auch in Bezug auf Kolleginnen und Kollegen. Und siehe da: Wer Rücksicht, Vertrauen und Freiheit erfährt, liefert in der Regel auch. All das hat Zusammenhalt und Vertrauen gestärkt, der Zwang zur Improvisation viele Teams zusammengeschweißt. Zu wissen, dass man sich aufeinander verlassen kann, selbst wenn scheinbar nichts mehr geht, macht Lust auf mehr davon im nächsten Jahr – gerne auch ohne Pandemie.

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