
Empfinden Sie Ihr aktuelles Einkommen als gerecht? Falls nein – wie hoch wäre ein gerechtes Nettogehalt? Diese Fragen stellte der Soziologe Stefan Liebig von der Universität Bielefeld vor zwei Jahren 10 000 deutschen Arbeitnehmern. Das Ergebnis: Etwa jeder Dritte schätzte sein Einkommen als ungerecht ein. Und: Das Einkommen, das Frauen als gerecht empfanden, lag noch unter dem tatsächlichen Gehalt von Männern.

Diese ungewöhnliche Zurückhaltung war keine Frage der Ausbildung – sie galt für Akademikerinnen genauso wie für Hilfs- und Reinigungskräfte:
„Die Ansprüche der Frauen an ihr Einkommen sind geringer als die der Männer“, resümierte Forscher Liebig.
Das bestätigt auch eine brandaktuelle Statistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Demnach verdienen deutsche Frauen im Durchschnitt 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. In keinem anderen der 34 OECD-Mitgliedstaaten ist die geschlechtsspezifische Lohnlücke so groß wie in Deutschland.
Zum einen, weil Führungsetagen hierzulande weiterhin männlich dominiert sind – nur 4 von 100 Vorstandsposten sind in Deutschland von Frauen besetzt. Zum anderen zeigt Liebigs Studie auch: Frauen verkaufen sich häufig unter Wert – weil sie sich mit weniger Gehalt zufriedengeben.