Erfolgsdruck So sind Sie auch unter Druck ein Star

Der entscheidende Elfmeterschuss, die mündliche Abiturprüfung, die Präsentation vor dem Chef - Druck kennt jeder. Das Tückische: Er überkommt und lähmt uns meist in Momenten, in denen es um alles geht. Aber das muss nicht sein.

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Berufsleben: Hochform auf Knopfdruck. Quelle: Getty Images

Manchmal sind es nur wenige Sekunden, die über ein ganzes Spiel entscheiden. Dann ist es egal, welche Mannschaft in den vergangenen 90 Minuten die bessere war. Wer als Favorit galt. Wer mehr gekämpft hat. Denn dann zählt nur noch der eine Schuss.

Alle Augen sind auf den einen Spieler gerichtet. Und alle fragen sich das gleiche: Wird er den Elfmeter verwandeln – oder unter dem Druck versagen?

Am Freitag startet die Fußball-Europameisterschaft. Neben dem allseits beliebten Rudelgucken, den wehenden Fahnen, heißen Bockwürstchen und eiskalten Getränken ist ein solch wichtiges Turnier immer auch ein Lehrstück in Sachen Druck. Warum hält der eine Spieler ihm stand, während der andere versagt?

Fünf Tipps zur Stressbewältigung

Glücklicherweise haben sich schon viele schlaue Köpfe mit dem Thema beschäftigt. Hendrie Weisinger ist einer von ihnen. Der US-Psychologe berät Manager und Athleten. Außerdem hat er ein Buch zum Thema Druck geschrieben. „Performing under Pressure“ kletterte sofort auf die Bestseller-Liste der New York Times.

Kein Wunder: Das Thema betrifft jeden. In der modernen Leistungsgesellschaft ist Karriere ohne Druck einfach nicht mehr möglich. Erlebt doch schon der Schüler angespannte Momente, etwa bei der Matheklausur oder der mündlichen Abitur-Prüfung. Und so geht es munter weiter. Jeder weitere Aufstieg auf der Karriereleiter bringt neue Herausforderungen mit sich.

Der Student, der vor dem Professor und seinen Kommilitonen ein Referat halten muss. Der Berufseinsteiger, der beim Bewerbungsgespräch mit unangenehmen Fragen gelöchert wird. Doch was hilft unter Druck? Lässt sich etwa aus dem Fußball lernen?

Die tröstliche Nachricht vorweg: „Die meisten Bewältigungsmechanismen sind innerhalb von Wochen bis Monaten erlernbar“, sagt der Sportpsychologe Jens Kleinert. Was er, Psychologe Weisinger und andere Experten raten, um in den entscheidenden Momenten zu glänzen, haben wir in den neun besten Tipps für Sie zusammengefasst.

Ängste aufschreiben!

Wer vor einer wichtigen Aufgabe seine Ängste zu Papier bringt, schneidet unter Druck besser ab. Dabei hilft der gleiche positive Effekt, der auch bei einer Gesprächstherapie genutzt wird. Wer konkrete Sorgen oder Komplexe ausspricht, verarbeitet schneller. US-Psychologin Sian Beilock ist sich sicher, dass das auch vor einem wichtigen Vortrag oder einer Prüfung hilft. Die Angst vor dem Versagen wird kleiner, wenn man sie sich bewusst macht.

So unterschiedlich reagieren wir auf Stress

Stärken vergewissern!

Ebenfalls hilfreich: Notieren Sie sich vor einem Test oder Prüfung Ihre Stärken. Das kann ein Ehrenamt sein, sportliche Erfolge oder ein Hobby, in dem Sie besonders gut sind. Wer sich bewusst macht, mehr zu sein als nur der Verhandlungspartner, der gleich das Maximum für sein Unternehmen herausholen soll, geht die Aufgabe gelassener an. Und scheitert deshalb seltener.

„Was-wäre-wenn“ spielen!

Wer mit dem Unwahrscheinlichen rechnet, lässt sich durch nichts schocken. So überlegen sich Chirurgen vor einer Operation nicht nur Plan A, sondern auch Plan B, C und D. Wenn dann wirklich etwas schief läuft, können die Ärzte einfach reagieren. Ohne lange nachzudenken. Schließlich haben sie alle Möglichkeiten vorher schon mehrmals durchdacht.

Die richtige Einstellung

Ziel fokussieren!

Der Weg ist mitnichten immer das Ziel. Vor einer wichtigen Präsentation hilft es mehr, sich auf das übergeordnete Ziel zu fokussieren als auf die tatsächliche Aufgabe. Deshalb sollten Sie niemals denken: „Gleich muss ich glänzen, es ist die wichtigste Präsentation der Welt.“ Denken Sie besser daran, was Sie noch erreichen wollen, etwa der führende Experte für südostasiatische Kunst zu werden oder der beste Vertriebsleiter, den Ihr Unternehmen je hatte. Dahinter steht ein einfacher Mechanismus: Wer an den Lohn für die Mühen denkt – egal ob materieller oder ideeller Natur – sorgt für positive Gefühle und mindert den Druck.

Musik hören!

Es ist ein bekanntes Bild: Boxer, die vor dem Kampf ihre persönliche Hymne hören. Auch die Fußballprofis Mesut Özil, Mario Götze und Nachbar Jerome Boateng sieht man selten ohne ihre großen Kopfhörer. Aus gutem Grund, sagt Experte Hendrie Wiesinger. Musik löst Blockaden, lindert Ängste und hilft dabei, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.

Wann Druck nützlich ist

Druck erhöhen!

Man gewöhnt sich an alles, auch an Druck. Wer sich dem Gefühl freiwillig ausliefert, desensibilisiert sich dafür. Schritt für Schritt. Zum Beispiel, indem Sie ihren Vortrag einfach mal in der Hälfte der Zeit halten. Oder ohne Notizen. Oder mit einem laut plärrenden Fernsehen im Hintergrund. Eines ist ganz sicher: Die Realität wird Sie anschließend weniger schocken. 

Die Partnerin mitnehmen!

Klingt skurril, ist aber wissenschaftlich bewiesen. Männern hilft es, wenn die Freundin oder Ehefrau vor einem wichtigen Vortrag dabei ist. Das zeigte sich bei Speichelproben in einem deutlich niedrigeren Cortisol-Spiegel, auch bekannt als Stresshormon. Vorausgesetzt allerdings, es handelt sich um eine intakte Beziehung. Andernfalls hatte die Anwesenheit des Partners den gegenteiligen Effekt und der Cortisol-Spiegel stieg. Bei Frauen konnte dieser Effekt übrigens nicht nachgewiesen werden.

Wie die Star-Geigerin mit Druck umgeht

Mit dem Druck anfreunden!

Der US-amerikanische Basketballspieler LeBron James antwortete auf die Frage, wie er mit dem Druck vor einem besonders wichtigen Spiel umgehe: „Ich empfinde keinen Druck. Das wird ein riesiger Spaß, ein tolles Spiel und ich freue mich auf die Herausforderung“. Damit macht er vieles richtig: Anstatt permanent über den Schrecken des Augenblicks nachzudenken, ist es besser, sich mit positiven Bildern auf die Drucksituation einzustimmen. Denn die richtige Einstellung kann spielentscheidend sein. So fand die US-Psychologin Sian Beilock in einer Studie heraus, dass Menschen, die sich permanent Sorgen machen, anfälliger dafür sind unter Druck zu scheitern. Es gilt also: Das Glas ist halbvoll. Und zwar immer.

Zum Yogi werden!

Bereits in den Siebzigerjahren konnte der US-Forscher Richard Davidson mithilfe eines Hirnscans beweisen, dass Menschen, die regelmäßig meditieren, besser mit Druck umgehen als andere. Woran es liegt? Sie können sich besser konzentrieren und lassen sich weniger häufig von äußeren Faktoren wie Lautstärke oder Hitze ablenken. Golflegende Tiger Woods schwört darauf. Und Tischtennis-Profi Timo Boll will mithilfe des Ommmms sogar bei Olympia gewinnen. Wie genau - das steht in der neuen Wiwo.

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