Es ist 13 Uhr, der Kollege zieht das Meeting in die Länge, der Hunger wächst und damit auch die Ungeduld. Konstruktive Mitarbeit ist kaum noch möglich, die Gedanken kreisen um den Speiseplan der Kantine. Solche Situationen kennen viele Angestellten. Im Englischen gibt es für diesen Gefühlszustand sogar ein Wort: „Hangry“ - eine Zusammensetzung aus „hungry“ also hungrig und „angry“ dem englischen Wort für verärgert.
So ironisch die Wortschöpfung angehaucht sein mag, so ernst ist das Problem, das dahinter steht: Wenn Mitarbeiter sich im Laufe des Tages falsch ernähren oder Terminpläne erstellt werden, ohne dabei die innere Uhr der Teilnehmer zu beachten, dann ist der Misserfolg programmiert.
Dabei lässt sich das vermeiden. Es kann sogar noch gegengesteuert werden, wenn der Hungerast bereits da ist, ist Ernährungsexpertin Mareen Richter überzeugt.
Seit fünf Jahren widmet sie sich schwerpunktmäßig der gesunden Ernährung am Arbeitsplatz, bietet Workshops in Unternehmen an und arbeitet mit Führungskräften an ihren Essgewohnheiten. „Gute Routinen hinzubekommen, ist in einem stressigen Arbeitsumfeld besonders schwierig“, sagt Richter. Das fängt schon morgens an. Wer nicht ausreichend oder gar nicht frühstückt, wird schon zu Beginn des Arbeitstages dazu verführt, sich mit kleinen Snacks bis zur Mittagspause zu hangeln. Ein Fehler.
Erst Frühstück, dann Kaffee
Um diesen zu umgehen, kann es helfen den morgendlichen Kaffee wegzulassen. „Wer morgens als erstes einen Kaffee, vielleicht sogar mit Milch, trinkt, verändert womöglich sein Hungergefühl“, erklärt die Expertin. Dadurch frühstücken manche Menschen vor der Arbeit deutlich zu wenig und sie schaffen es dann nicht ohne Naschen bis zur Mittagspause. Wer hingegen ein reichhaltiges Frühstück zu sich nehme etwa mit Haferflocken und Quark oder Vollkornbrot und Rührei könne ohne Probleme vier bis sechs Stunden konzentriert durcharbeiten, ohne vom „Hunger getrieben zu werden“, sagt Mareen Richter. „Drehen Sie Ihre morgendliche Routine einfach mal um und frühstücken Sie vor dem ersten Kaffee.“ Auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der typisches Wachmacher-Kaffee in den allermeisten Fällen überhaupt nicht nötig, sondern bloß eine wohlige Angewohnheit ist. Denn gleich nach dem Aufstehen schüttet der Körper das Stresshormon Cortisol aus und fährt das menschliche Betriebssystem so von ganz alleine hoch. Auch zu viel Zucker zum Frühstück ist kontraproduktiv. „Das berühmte Nutella-Brötchen bietet zu wenig Nährstoffe. Damit kommt man nicht energiegeladen durch die ersten Stunden des Arbeitstages“, sagt Ernährungsberaterin Richter.
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Wer ein reichhaltiges Frühstück genossen hat, sollte erst um die Mittagszeit wieder Hunger verspüren. Doch nicht immer lässt sich genau dann eine Essenspause einschieben, etwa weil sich eine Präsentation ungeplant verlängert oder eine wichtige Besprechung nur zur Mittagszeit angesetzt werden kann. Passiert das häufiger, sollten sich Arbeitnehmer überlegen, wie sie trotz Zeitdruck an ein anständiges Mittagessen kommen. Richters Vorschlag: „Kochen Sie am Wochenende vor und lagern Sie ein, zwei Portionen im Bürokühlschrank.“ Besonders gut geeignet seien hierfür Eintöpfe mit Hülsenfrüchten, da diese sättigen und viel Energie geben. Auch ein Curry mit viel Gemüse oder etwas Fleisch sei gut geeignet. Von Fertiggerichten rät Richter ab.
Ihre Ratschläge spiegeln damit wieder, was die Forschung zum Thema jüngst ergeben hat. So untersuchten Mediziner in einer aktuellen Studie der Universität Sao Paulo die kognitive Leistungsfähigkeit von mehr als 10.000 Probanden und wie sich Fertiggerichte auf diese auswirken. Ergebnis: Menschen die regelmäßig zu dieser Form des Essens greifen, verlieren im Laufe der Zeit an Denkfertigkeit.
Acht Tipps zum Stressabbau
Versuchen Sie, die Situation, die Ihnen Frust bereitet, ganz bewusst von oben beziehungsweise von außen zu betrachten. So bauen Sie eine innere Distanz zum aktuellen Geschehen auf. Zum Beispiel: „Der Stau, in dem ich gerade stehe, ist eine Tatsache, die ich nicht ändern kann. Wenn ich mich aufrege, verschlimmere ich die Situation nur.“
Quelle: Deutsche Herzstiftung
Sport zählt laut der Deutschen Herzstiftung zu den besten Möglichkeiten, um Stress loszuwerden. Bereits eine halbe Stunde Bewegung, sei es Walking, Schwimmen oder Tennis, kann das Stresslevel deutlich senken.
Zwar lassen sich die Ursachen von Stress nicht immer beheben, etwa bei einem schwierigen Chef. Bei Stress in der Beziehung können gezielte Gespräche helfen.
Hier gilt: Nicht schon aufgebracht ins Gespräch gehen, sondern lieber ein paar Tage warten und alle Argumente und Gegenargumente auch sacken lassen.
Yoga, autogenes Training und Co. werden immer wieder angepriesen – doch nicht jedem sind sie eine Hilfe. Während manche Menschen alleine und in völliger Stille entspannen, bevorzugen andere etwa die Anleitung in einer Gruppe.
Die gewählte Technik sollte unbedingt regelmäßig geübt werden, damit sie in akuten Stress-Situationen dann auch abrufbar ist.
Unter dem „Gegenentwurf“ versteht man die ständige Pflege persönlicher Interessen, seien es Chorsingen, Fußballspielen oder Briefmarkensammeln. Also Aktivitäten, die uns anregen, ein Kontrastprogramm zum (beruflichen) Alltag bieten, uns positiv herausfordern – und so vom negativen Stress ablenken.
Fernsehen mag zwar entspannend erscheinen, doch man ist dabei passiv und erreicht keine nachhaltige Stress-Reduktion. Wertvolle Zeit, in der man den Ärger des Tages verarbeiten und abschütteln kann, geht so verloren.
Es kann helfen, sich einen Plan zu machen, an welchen Tagen man den Fernseher auf jeden Fall auslassen und stattdessen etwa ein altes Hobby wieder aufleben lassen oder ein Treffen mit Freunden verabreden kann.
Gerade wer viel zu tun und das Gefühlt hat, dass der Tag nie genug Stunden haben kann, achtet oft nicht ausreichend auf seine Ernährungsweise. Es wird dann oft das Falsche, zu hastig und insgesamt zu viel gegessen und häufig auch zu viel Alkohol getrunken.
Zusammen mit Bewegungsmangel kann das zu Übergewicht führen, was Unzufriedenheit und Frustgefühle noch verstärken kann. Man sollte sich am Besten ein Repertoire an schnellen und gesunden Mahlzeiten zulegen, etwa aus der Mittelmeerküche, die sich auch gut vorbereiten lassen.
Arzneien, die Beruhigung versprechen gibt es zwar – sie sollten aber stets nur unter Kontrolle eines Arztes zum Einsatz kommen, und nicht einfach auf eigene Faust im Internet bestellt werden.
Als Beispiel nennt die Deutsche Herzstiftung Benzodiazepine, die für langfristige Stressbewältigung ungeeignet sind, weil sie schon nach kurzer Zeit abhängig machen und zudem erhebliche Nebenwirkungen (Konzentrationsschwierigkeiten, Benommenheit) haben können.
Dem Süßigkeitenautomat entgehen
Außerdem haben vorgekochte Speisen noch weitere Vorteile. Wer an einem stressigen Arbeitstag erst noch das Büro verlassen muss, um zum Bäcker zu gehen, verliert noch mehr Zeit und lässt es dann meist ganz bleiben. Der Süßigkeitenautomat ist näher. Steht ein Meeting zur Mittagszeit im Kalender sollten Arbeitnehmer im Vorfeld genau überlegen, ob sie die Besprechung ohne Mittagessen überstehen. Wenn nicht, rät Expertin Richter, das Mittagsessen vorzuziehen. „Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um zu essen. Gemüse, Linsen oder Vollkornprodukte sind besonders geeignet“, sagt sie. „Sie machen satt, aber trotzdem nicht träge.“ Bleibe vor dem Meeting überhaupt keine Zeit, könne man sich auch ein paar Nüsse oder Trockenfrüchte mit in den Besprechungsraum nehmen. Sie gelten als Nahrung fürs Gehirn. Der Verzehr von Walnüssen etwa steigert die Geschwindigkeit mit der das Gehirn arbeitet, wie eine Studie der Universität von Kalifornien zeigt. Außerdem lasse sich so der Griff zum obligatorischen Keksteller und damit die Aufnahme von noch mehr Industriezucker vermeiden.
Wer um die Mittagszeit alles richtig gemacht hat, sollte auch weitestgehend vom Nachmittagstief verschont bleiben. Kommt der kleine Hänger dennoch, gibt es auch hier eine gesunde Alternative zum Kaffee, der allenfalls kurzen Auftrieb völlig ohne Nährstoffe verschafft. Grüne Smoothies, etwa mit Spinat oder Mangold, seien zwar „gewöhnungsbedürftig“ räumt Ernährungsberaterin Richter ein, geben aber mit all ihren Vitaminen und Nährstoffen noch mal einen Energiekick für den Nachmittag.
Wer abends berufliche Termine hat, sollte in keinem Fall ausgehungert hingehen, sondern schon im Vorfeld eine Kleinigkeit essen. Denn oftmals ist nicht klar, wie reichhaltig das gebotene Fingerfood ist oder ob es überhaupt etwas zu essen gibt.
Insgesamt sei es einfacher, wenn man nicht alleine versuche, am Arbeitsplatz auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, sagt Mareen Richter. Zum Beispiel könne sich das gesamte Team darauf einigen, statt Süßigkeiten künftig Obst für zwischendurch bereitzustellen.
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