4. Urlaubsplanung: Im Streitfall
Bei aller Liebe zum Job: Der Urlaub ist für viele die schönste Zeit des Jahres. Da kann es vorkommen, dass kein Kollege bei den Wünschen zurückstecken will. Oder der Arbeitgeber lehnt die Urlaubsplanung ohne aus Sicht des Angestellten stichhaltige Gründe ab. Der Betroffene müsse das nicht hinnehmen und könne sich – wenn vorhanden – an den Betriebsrat wenden, erklärt DGB-Experte Bender. Dieser besitzt beim Urlaubsplan ein Mitbestimmungsrecht. Das greift laut Bender im Einzelfall sogar selbst dann, wenn es bereits einen Urlaubsplan gibt, sich Arbeitnehmer und -geber aber nicht über den genauen Zeitraum einigen können.
Möglichkeit Nummer zwei: „Für Arbeitnehmer besteht die Möglichkeit, Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt beim Arbeitsgericht einzuklagen“, sagt Bender. „Solche Verfahren kommen gelegentlich vor, werden aber vor Gericht meist gütlich gelöst, so dass es wenige Urteile gibt.“ Der DGB Rechtsschutz weist außerdem daraufhin: Wenn die Zeit drängt, ist der schnelle Weg über eine sogenannte einstweilige Verfügung möglich.
Welche Fristen gelten beim Urlaubsantrag?
Am wichtigen Punkt der Antragsfrist schweigt sich das Bundesurlaubsgesetz aus. Es heißt dort lediglich: „Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.“
Bei einem Skiurlaub im Februar möchte der Angestellte aber natürlich nicht erst wenige Wochen zuvor das Hotel buchen. „Eine Frist, ab wann oder bis wann man Urlaub beantragen muss, gibt es nicht. Das richtet sich nach den betrieblichen Üblichkeiten, die man auch in einer Betriebsvereinbarung regeln kann“, erklärt hierzu Till Bender von der DGB Rechtsschutz GmbH.
„Da der Arbeitgeber Urlaub aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen darf, muss er überschauen können, ob solche zum Zeitpunkt des Urlaubs vorliegen“, gibt Bender zu bedenken. Er findet: „Man wird einem Arbeitgeber zumuten können, im Herbst den Arbeitsanfall des kommenden Jahres abschätzen zu können.“
Wer beispielsweise in zwei Jahren einen runden Geburtstag oder ein Ehejubiläum feiert, möchte vielleicht möglichst früh die Reise buchen. So weit im Voraus sei es für den Vorgesetzten jedoch schwierig, die Arbeitsbelastung abzuschätzen, findet Bender. Ein Urlaubsantrag für mehrere Wochen sei da vermutlich wenig sinnvoll.
Der Rechtsexperte fügt aber an: „Für das Beispiel 'runder Geburtstag', 'andere Jubiläen' kommt Sonderurlaub nach § 616 BGB in Frage, zum Teil sind derartige Sonderfreistellungen oft in Tarifverträgen geregelt.“
Das Bundesurlaubsgesetz sagt übrigens nichts dazu, wie schnell ein Arbeitgeber über einen Urlaubsantrag entscheiden muss. „Gibt es Probleme, ist der Betriebsrat gefragt, notfalls muss das Arbeitsgericht eingeschaltet werden“, rät die Gewerkschaft Verdi. „Es gibt Regelungen, beispielsweise in manchen Betriebsvereinbarungen, wonach der Urlaub genehmigt ist, wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb einer bestimmten Frist – zum Beispiel zwei Wochen – nach Eingang des Antrags ablehnt“, sagt Bender. Ein solches Vorgehen müsse aber ausdrücklich vereinbart sein und gelte nicht per Gesetz.
5. Resturlaub retten und planen
Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass der im laufenden Jahr nicht genommene Urlaub automatisch ins folgende Jahr übertragen wird, zumindest bis ins erste Quartal. Ein weit verbreiteter Irrtum, warnen die Gewerkschaften. Im Bundesurlaubsgesetz heißt es, wie schon geschrieben, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Das bedeutet konkret: Nicht genommener Urlaub verfällt zum 31. Dezember. Eine Übertragung auf die ersten drei Monate des Folgejahres ist laut dem Gesetz nur möglich, wenn der Urlaub aus einem von zwei Gründen nicht genommen werden konnte: dringende betriebliche Gründe (zum Beispiel erhöhter Arbeitsbedarf) oder persönliche Gründe (beispielsweise Mutterschutz).
Allerdings machen es viele Betriebe ihren Angestellten leicht, die Urlaubstage ins nächste Jahr zu retten. Dies ist oft in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt. „Sie können auch abmachen, dass der Urlaub ins gesamte nächste Jahr übertragen wird, Sie also nicht an den Stichtag 31. März gebunden sind“, teilt der DGB Rechtsschutz online mit.
Anspruch mit Verfallsdatum?
Das Bundesarbeitsgericht hat im Februar 2019 entschieden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer „klar und rechtzeitig“ mitteilen muss, falls der Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt verfallen wird. Unterbleibt dieser Hinweis, geht der Urlaubsanspruch nicht wie bislang ersatzlos verloren.
Das Bundesarbeitsgericht hat damit Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt. Allerdings wurde bislang nicht definiert, was unter „klar und rechtzeitig“ zu verstehen ist.
Arbeitnehmer sollten einmal verbindlich in Erfahrung bringen, wie der Arbeitgeber mit Resturlaub verfährt. Eine Erinnerung im Kalender – zum Beispiel für Ende Oktober – hilft dabei, den möglichen Überhang im Auge zu behalten und rechtzeitig Urlaub für das erste Quartal des nächsten Jahres zu planen. Denn erfahrungsgemäß schieben viele Kollegen etliche freie Tage vor sich her, die dann alle in wenigen Wochen abgebaut werden sollen. Für manche Mitarbeiter kann dann die Wahl lauten: ziemlich nutzloser Zwangsurlaub oder Urlaubstage verfallen lassen. Das wird durch eine frühe Planung des Resturlaubs vermieden.
Zum Schluss lohnt ein kritischer Blick auf den Begriff „Urlaubsantrag“. Der Ausdruck suggeriert eine gewisse Bittsteller-Rolle des Angestellten gegenüber dem Arbeitgeber. „Das Gegenteil ist der Fall: der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaub", stellt Rechtsexperte Bender klar. „Wenn der Arbeitgeber ihn verweigern will, braucht er Gründe.“