Bevor Nicolas Preuß um die Ecke biegt, hören seine Mitarbeiter keine Schritte, sondern ein Surren. Der 35-Jährige ist Teamleiter beim Logistikunternehmen Time Matters und zuständig für sieben Angestellte. Die Firma sitzt im hessischen Neu-Isenburg, Preuß arbeitet meist im bayrischen Landsberg am Lech – vier Autostunden entfernt.
Seit zwei Jahren praktiziert Preuß fast ausschließlich „Management by rolling around“, und zwar dank eines Roboters des US-Herstellers Suitable Technologies. Das Gerät namens Beam besteht aus einem Bildschirm auf zwei Stelzen und fünf Rädern, Preuß bedient es von zu Hause aus mit dem Steuerkreuz seiner Tastatur.
Technischer Schnickschnack? Keineswegs. „Ohne den Roboter könnte ich meinen Job nicht aus dem Home-Office machen“, sagt Preuß, der bei dem Unternehmen Stammzellentransporte koordiniert. „Ich muss für mein Team ansprechbar sein.“
„Nico“, ruft ein junger Mitarbeiter, als er das unverwechselbare Surren hört. „Ist nicht so wichtig, aber kannst du gleich mal vorbeikommen? Ich habe eine Frage.“ Preuß grinst. Für solche vermeintlich unwichtigen Anliegen setzt niemand eine Telefonkonferenz an: „Ich will mir dafür trotzdem Zeit nehmen“, sagt Preuß, „auch ohne körperlich anwesend zu sein.“
Home-Office verhindert zufällige Gespräche
Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hält die Roboterlösung für legitim. „Eines der größten Probleme beim Home-Office ist, dass keine zufälligen Gespräche mehr stattfinden“, sagt die Expertin, die zu flexiblen Arbeitsformen forscht. Doch genau aus solchen scheinbar belanglosen Konversationen entstehen häufig neue Ideen: „Nur wer den Flurfunk mitbekommt, hat ein Gefühl dafür, wie die Stimmung im Unternehmen ist und was die Kollegen umtreibt.“
Dank seines Roboters kann Preuß umsetzen, wovon viele Deutsche träumen. Die Arbeit im Homeoffice ist für sie nach wie vor ein unerfüllter Wunsch. Laut einer Studie des Bundesarbeitsministeriums aus dem Jahr 2015 hätten knapp 40 Prozent der Angestellten, die bislang nicht im Homeoffice arbeiten, gerne die Möglichkeit dazu. Als Hauptgründe geben sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie weniger Fahrzeit an.
Und tatsächlich: Lästige Staus wären passé, das gemeinsame Mittagessen mit den Kindern eher Regel als Ausnahme. Und wenn am Nachmittag der Schädel dröhnt, könnte der Heimarbeiter spontan mit dem Hund eine Runde Gassi gehen, um so den Kopf wieder freizubekommen. So lautet zumindest die Idealvorstellung.
Doch die schöne neue Arbeitswelt hat ihre Tücken. Für den Chef bedeutet es mehr Koordination, wenn seine Angestellten von zu Hause aus arbeiten – und die wiederum müssen diszipliniert sein. Studien unterstreichen, dass Arbeitnehmer im Homeoffice häufiger gestresst und einsam sind – und obendrein seltener befördert werden als Büroarbeiter. „Bei vielen folgt nach einigen Monaten Homeoffice die Ernüchterung“, sagt Karriereberaterin Svenja Hofert. Doch es gibt Hoffnung: „Wer sich vorher überlegt, wie er seinen Job von zu Hause aus gestalten kann, und das auch mit Kollegen und dem Chef bespricht, kann durchaus positive Ergebnisse erzielen“, sagt sie.
Aber welche Fallen lauern im Homeoffice? Welche sind besonders tückisch? Was tun Unternehmen, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen? Und was raten Experten den Heimarbeitern? Die vier typischen Homeoffice-Fallen – und wie man sie vermeidet.
Persönliche Reife ist Voraussetzung
Die Aufgabenliste ist gut gefüllt, der Frühstückstisch auch. Warum also sich beeilen, wenn man seine Termine selbst einteilen kann? Ein Trugschluss, der so manchen Heimarbeiter ins Chaos stürzt. „Wer regelmäßig im Home-Office arbeiten will, braucht eine gewisse persönliche Reife“, sagt Beraterin Hofert. „Selbstführung ist die Grundvoraussetzung, damit das Arbeiten außerhalb des Büros funktioniert.“
Das musste vor einigen Monaten auch Anna Milaknis erkennen. Die Beraterin und Gründerin arbeitet oft von zu Hause. Um ihre To-do-Listen besser in den Griff zu bekommen, verabredete sie sich täglich mit ihrer Schwester zum Telefonat. Erzählte ihr morgens, was sie bis abends vorhatte, und abends, was sie tatsächlich geschafft hat. Ihre Schwester wurde zur Kontrollinstanz.
Weil das so gut klappte, entwickelt Milaknis daraus derzeit eine Geschäftsidee. Mit ihrem Start-up Frog List will sie sogenannte Work-Buddies für tägliche Kontrolltelefonate vermitteln. Wer mitmachen will, muss einen Fragebogen ausfüllen, anschließend sucht sie in einer Datenbank den passenden Partner – je nach Tätigkeit und Charakter.
Zwar steht das Start-up noch am Anfang, die Idee halten aber auch Experten wie Josephine Hofmann vom IAO grundsätzlich für interessant. „Es ist sicherlich hilfreich, einen Sparringspartner zu haben“, sagt die Wissenschaftlerin. Das müsse allerdings freiwillig geschehen. „Sobald solche Tandems von den Vorgesetzten eingerichtet werden, verlieren sie ihre Wirkung.“
Home-Office hilft bei der Vereinbarkeit wenig
Vor einigen Monaten war live im Fernsehen zu bestaunen, wie schwierig die Trennung von Job und Familie im Home-Office tatsächlich ist. Robert Kelly, Professor an der südkoreanischen Pusan-National-Universität, war der BBC für ein Interview zugeschaltet. Plötzlich tanzte seine gut gelaunte vierjährige Tochter ins Arbeitszimmer, nur wenige Sekunden später folgte ein Baby im Lauflernwagen. Kelly, sichtlich bemüht, die Konzentration zu wahren, wurde wenig später von seiner hastig hereinstürmenden Frau erlöst, die die Kinder hinauszerrte.
Tatsächlich bringt die Arbeit in den eigenen vier Wänden die Work-Life-Balance bisweilen aus dem Gleichgewicht. Eine aktuelle Studie der International Labour Organization (ILO) zeigt: Während nur 29 Prozent der Büroarbeiter unter Schlafstörungen leiden, sind es bei den mobilen Mitarbeitern und denjenigen, die von zu Hause arbeiten, 42 Prozent. Auch ihr Stresspegel liegt der Untersuchung zufolge deutlich höher.
Homeoffice: 10 Regeln für Arbeitnehmer
Feierabend und Ferien gelten auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen.
Feierabend, Wochenende, Urlaube und Krankschreibungen gelten auch bei flexiblen Arbeitsplätzen und sollten respektiert werden. Wer keine klaren Grenzen setzt, darf sich nicht wundern, wenn die Kollegen darauf keine Rücksicht nehmen. Mitarbeiter müssen Eigenverantwortung für ihre Zeiteinteilung übernehmen und Überlastung frühzeitig signalisieren.
Eigene Eignung für flexible Arbeitsmodelle kritisch überprüfen.
Nicht jeder eignet sich für flexible Arbeitsmodelle. Mitarbeiter, die diese Möglichkeiten austesten, müssen ehrlich zu sich selbst und ihrem Arbeitgeber sein. Wer sich zu Hause schnell ablenken lässt oder den regelmäßigen Austausch mit Kollegen benötigt, wird sich damit eher schwer tun. Ebenso können beispielsweise persönliche Rahmenbedingungen wie ein lautes Umfeld für unliebsame Störungen sorgen. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf die Arbeit, sondern auch auf das eigene Wohlbefinden und die Motivation aus.
Auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodelle hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf ständige Rufbereitschaft.
Eine ständige Rufbereitschaft ist nicht nötig und sogar kontraproduktiv. Auch im Home-Office müssen ungestörte Phasen für konzentriertes Arbeiten eingeplant werden, um effektiv Aufgaben zu erledigen. Eine permanente Erreichbarkeit erzeugt nicht nur zusätzlichen Stress, sondern führt durch Ablenkungen auch zu schlechten Ergebnissen. Mitarbeiter im Home-Office müssen deshalb ihre Bedürfnisse klar und offen äußern können.
Der Mitarbeiter muss unternehmerischer denken.
Jeder Arbeitnehmer im virtuellen Office ist dem Arbeitgeber und seinen Kollegen gegenüber verantwortlich. Flexible Arbeitsmodelle entbinden den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben. Durch eindeutige Zielvorgaben werden Aufgaben klar definiert und für alle Beteiligten messbar.
Flexible Arbeitsmodelle sind kein Abstellgleis, aber sie erfordern mehr Durchsetzungswillen.
Mitarbeiter, die flexibel oder in Teilzeit arbeiten, werden häufig nicht als Leistungsträger gesehen. Hingegen gelten die ständig anwesenden Kollegen als Top-Performer, die „hart arbeiten“. Um dies zu ändern, muss der flexible Mitarbeiter mehr Durchsetzungswillen und Präsenz gegenüber seinen Vorgesetzen zeigen. Regelmäßige Feedbackgespräche verhindern eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Mitarbeiter, die flexibel arbeiten, sollten Maßnahmen zur Weiterbildung einfordern. Oftmals ist hier mehr Nachdruck nötig als bei jemandem, der vor Ort im Büro arbeitet.
Die eigenen Aufgaben, Prozesse und Termine klar kommunizieren.
Eine enge Abstimmung mit Kollegen und Vorgesetzten erleichtert die Kommunikation und sorgt für Verständnis. Wenn für die Kollegen nachvollziehbar ist, wo sich der Kollege gerade aufhält und mit welchen Aufgaben er beschäftigt ist, wächst das Vertrauen. Stundensplittings (z.B. am Nachmittag drei freie Stunden für die Kinder), Mittagspausen und externe Termine sollten daher klar kommuniziert werden. So geht man Missverständnissen und Gerüchten aus dem Weg. Moderne IT kann dabei eine wichtige Hilfestellung sein. Unified Communication-Systeme zeigen an, wann und wie man erreichbar ist.
Der Arbeitsrhythmus sollte an die eigene Produktivität und die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden, ohne dabei die Prozesse im Team zu missachten.
Studien zeigen, dass die Produktivität dann am höchsten ist, wenn zwischen zwei und zweieinhalb Tagen im Home-Office gearbeitet und der Rest der Woche für Tätigkeiten und Abstimmungen im Büro genutzt wird. Auch die eigenen Produktivitätszyklen können bei flexiblen Arbeitsmodellen stärker berücksichtigt werden. So arbeiten manche Menschen früh morgens am besten, andere eher am Abend. Aber das erfordert auch Abstimmung: Die Kollegen müssen wissen, wann man erreichbar ist.
Networking ist Pflicht: Die virtuelle Präsenz entbindet den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben als Teammitglied, dazu zählen nicht nur die reinen Jobkriterien, sondern auch die Sozialkompetenz.
Der Austausch mit den Kollegen sollte sich nicht nur auf das fachliche beschränken. Freundlichkeit, Offenheit, Aufmerksamkeit, Respekt und Hilfsbereitschaft dienen nicht nur dem eigenen Wohlbefinden, sondern unterstützen das ganze Team. Nur in einem Umfeld aus Miteinander und Vertrauen lassen sich virtuelle Teams erfolgreich umsetzen.
Bei virtuellen Teams ist Wissensmanagement mit einem eindeutigen Ablagesystem Pflicht.
Die systematische Speicherung und Aufbereitung von Wissen erleichtert die Arbeit und die Kommunikation in virtuellen Teams. Der aktuelle Stand von Unterlagen muss zentral – die Cloud macht es möglich – abgelegt werden. Alle relevanten Mitarbeiter brauchen Zugriff auf die Ordner. Diese Systeme sichern die Freizeit, denn nur Kollegen, die Zugriff auf alle Unterlagen haben, können auch bei Bedarf füreinander einspringen.
Flexible Arbeitsmodelle verlangen ein hohes Maß an Selbstorganisation.
Wer in flexiblen Arbeitsmodellen arbeitet, muss sich auch zuhause ein produktives Umfeld schaffen (Raum, Technik, Rahmenbedingungen) Um in flexiblen Arbeitsmodellen erfolgreich zu arbeiten, müssen sich Mitarbeiter mit ihren eigenen Stärken und Schwächen auseinandersetzen: Wer gut organisiert und diszipliniert ist, wird in solchen Strukturen bessere Leistungen erzielen.
„Viele vergessen, dass die Absprache mit der Familie genauso wichtig ist wie die mit dem Arbeitgeber“, sagt Karriereberaterin Hofert. Denn während viele Arbeitnehmer im Homeoffice mittlerweile mit ihren Vorgesetzten vereinbaren, zu welchen Zeiten sie erreichbar sind, gibt es für die Familienmitglieder nur selten feste Regeln. Auch dem Partner und den Kindern muss klar sein: Arbeiten von zu Hause ist kein Privatvergnügen, Störungen sind unangebracht. Nur dann funktioniert die Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben.
Forscherin Hofmann begleitete vor einigen Jahren eine Gruppe im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium, die ein halbes Jahr im Homeoffice arbeitete. Das Ergebnis: Die Männer fanden es toll, mit ihren Kindern Mittag zu essen. Die Frauen hingegen beklagten, durch das Homeoffice wieder fürs Kochen verantwortlich zu sein. „Auch dafür braucht es klare Absprachen“, sagt Hofmann. „Machen Sie Ihrem Partner klar: Nur weil Sie zu Hause arbeiten, sind Sie nicht für den Haushalt verantwortlich.“
Problem der Nicht-Beförderung
Nicholas Bloom, Professor an der amerikanischen Stanford-Universität, veröffentlichte im Jahr 2014 eine umfassende Studie. Dazu hatte er neun Monate lang knapp 250 Callcenter-Mitarbeiter eines chinesischen Reiseunternehmens begleitet. Die eine Hälfte arbeitete wie gewohnt im Büro, die andere von zu Hause aus. Das hatte durchaus positive Seiten: Sie leisteten mehr und waren seltener krank. Doch gleichzeitig entdeckte Bloom einen veritablen Nachteil: Sie wurden seltener befördert.
Eine Erkenntnis, die zu Hofmanns Erfahrungen passt. „Wir sind immer noch so sozialisiert, dass wir zum Arbeiten ins Büro rennen“, sagt sie. „Im Umkehrschluss denken wir: Wer nicht im Büro ist, der arbeitet auch nicht.“ Diese Haltung müssten vor allem die Führungskräfte überdenken, wenn sie leistungsgerecht befördern wollen.
Experten empfehlen Vorgesetzten, Beurteilungen nicht an Jahresziele zu knüpfen. Angestellte im Homeoffice bräuchten kurzfristigere Ziele. Das steigere ihre Motivation und erleichtere dem Chef die Bewertung. Beraterin Hofert sieht aber auch die Mitarbeiter in der Pflicht, ihre Leistung sichtbar zu machen. Sie rät ihren Klienten, niemals komplett von zu Hause zu arbeiten. „Sichtbarkeit erreichen Sie nur, wenn Sie ab und zu vor Ort sind“, sagt Hofert – egal, ob in einer Woche im Monat oder an einem festen Tag in der Woche.
Homeoffice: 10 Regeln für Arbeitgeber
Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Rahmenbedingungen transparent und Erwartungen eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.
Flexible Arbeitsmodelle eignen sich nicht für alle Aufgaben. Firmen müssen deshalb klare Regeln für den Rahmen für die Nutzung (wer kann flexibel arbeiten) und die Umsetzung (Anwesenheitspflichten, Arbeitsumfang, Verfügbarkeit) vorgeben. Gallup hat in verschiedenen Studien herausgefunden, dass gerade Mitarbeiter im Home-Office häufig nicht genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Deshalb müssen Führungskräfte ihre Erwartungen und die Aufgaben besonders deutlich formulieren.
Nicht für jeden Mitarbeiter eignet sich Arbeiten im Home-Office: Jedem Mitarbeiter sollte freigestellt sein, diese Angebote im Unternehmen zu nutzen.
Die Ausschöpfung des vollen Leistungspotenzials hängt stark von der Motivation und persönlichen Stärken ab. Für Personen, die ein sehr großes Bedürfnis nach sozialer Interaktion haben, ist die Arbeit im Home-Office nicht ideal. Ein häufiger Fehler ist, flexible Arbeitsmodelle als „Belohnung“ für besondere Leistungen einzusetzen. Das schafft falsche Anreize. Daher sollte aufgrund der Stärken oder Arbeitsweisen des einzelnen Mitarbeiters entschieden werden, ob dieser Home-Office oder mobiles Arbeiten nutzen kann und darf.
Als Arbeitgeber sollte man seinen Mitarbeitern vertrauen und „loslassen“ können.
Die bloße Anwesenheit ist kein Indikator für die Qualität der Arbeit. Schafft ein Mitarbeiter seine Arbeit zu Hause schneller als im Büro, sollte sich die Führungskraft darüber freuen – und nicht aus Prinzip auf das Erfüllen von Zeitkontingenten bestehen. Generell sollte eine Führungskraft den Rahmen für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter schaffen, sich selbst einbringen zu können.
Die Leistung von Mitarbeitern muss objektiv definiert und gemessen werden.
Jeder Mensch entwickelt seine eigene Arbeitsweise. Gleiches gilt für die Zeitplanung bei flexiblen Arbeitsmodellen. Starre Zeitkorsetts demotivieren und behindern eine produktive Arbeitseinteilung. Der Mitarbeiter muss an seinen Leistungen gemessen werden. Dies erfordert ein grundlegendes Performance Management im Unternehmen, das Leistungen objektiv definiert und misst.
Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn: Auch Mitarbeiter ohne permanente Anwesenheit brauchen Führung.
Bei Heimarbeitern sollte das Feedback bewusster und regelmäßiger erfolgen als bei den Kollegen vor Ort. Wenn Führungskräfte ein ehrliches Interesse an ihren Mitarbeitern zeigen, deren Arbeit regelmäßig bewerten und über die persönliche Weiterentwicklung sprechen, können sie die Mitarbeiter auch über große Distanzen hinweg binden.
Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht. Das gilt insbesondere für flexible Arbeitsplatzmodelle.
Wenn der Mitarbeiter spätabends noch E-Mails schreibt, ist er dann überlastet? Oder ist das nur sein persönlicher Arbeitsstil? Um diese Frage zu beantworten, müssen sich Führungskräfte auch für den Mitarbeiter als Menschen interessieren und dessen Stärken, Routinen und familiäres Umfeld kennen. Gallup hat über 10 Millionen Menschen weltweit zum Thema »Mein Vorgesetzter/ Meine Vorgesetzte oder eine andere Person bei der Arbeit interessiert sich für mich als Mensch« befragt. Personen, die diesem Satz zustimmen, bleiben häufiger in ihrem Unternehmen, haben mehr emotional gebundene Kunden, sind erheblich produktiver und erwirtschaften mehr Gewinn.
Neue Meetingkulturen erleichtern effiziente Arbeitsprozesse innerhalb der Teams.
Für ein gemeinsames Verständnis der Ziele und Aufgaben ist ein enger Austausch im Team notwendig. Auch und gerade bei flexiblen Arbeitsmodellen. Häufig sorgen jedoch schwierige Terminabstimmungen oder ungenügende Kommunikationswege für Reibung. Regelmäßige Statusmeetings ermöglichen allen Beteiligten, Projektstände auszutauschen, Ideen vorzustellen, Aufgaben zu besprechen und frühzeitig Schwächen aufzuzeigen.
Den direkten Austausch fördern, sich gegenseitig schätzen – und so das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Der Mensch benötigt täglich 6 Stunden soziale Interaktion, um sich wohl zu fühlen und gesund zu bleiben. Wenn Kollegen und Vorgesetzte sich auch über das Berufliche hinaus schätzen, entsteht ein positives Arbeitsumfeld und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. Für die zwischenmenschlichen Beziehungen sind regelmäßige persönliche Treffen unverzichtbar.
Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen willkommen fühlen und haben ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz.
Die Anforderungen an Arbeitsplätze haben sich in den vergangenen Jahren aufgrund neuer Informationstechnologien und Arbeitsmodelle stark verändert. Doch noch immer gilt: Mitarbeiter brauchen eine Arbeitsumgebung, in der sie produktiv arbeiten können, in der sie sich wohlfühlen und willkommen sind. Das gilt ebenso für flexible Arbeitsmodelle. Maximale Flexibilität bedeutet auch, dass ein Mitarbeiter neben dem Arbeitsplatz z.B. im Home-Office auch Zugriff auf einen Arbeitsplatz im Team hat. Wie dieser gestaltet ist (z.B. durch Tablesharing oder Rollcontainer) muss vorab geklärt sein und dem Bedarf angepasst sein.
Neue Arbeitsstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie mit der Unternehmenskultur und den Unternehmenszielen vereinbar sind.
Mitarbeiter, die der Aussage zustimmen „Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist“, sind produktiver und bleiben ihrem Unternehmen länger treu. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmenskultur und flexible Arbeitsmodelle aneinander angepasst werden: In Unternehmen, in denen ein Kontrollzwang herrscht, werden Home-Office und mobiles Arbeiten nicht zum Erfolg führen. Und wer von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder von Flexibilität spricht, muss dies auch in der Praxis einlösen.
Die Überblicksstudie der International Labour Organization aus dem vergangenen Februar bestätigt: Wer von zu Hause oder unterwegs arbeitet, kommt auf mehr Arbeitszeit als die Kollegen im Büro. Die Gründe sind vielfältig: Zum einen sind Menschen im Homeoffice häufiger auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar, weil sie Flexibilität gewohnt sind. Zum anderen behindern technische Probleme die Abläufe und erschweren Kommunikation mit Kollegen.
Um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen, müssen Arbeitgeber technisch aufrüsten. Microsoft etwa bietet seinen Kunden dafür Softwarelösungen, die der Konzern auch selbst nutzt. Der Softwareriese gilt als Vorreiter, schon im Jahr 2014 hat er neben der Vertrauensarbeitszeit auch den Vertrauensarbeitsort eingeführt. „Damit das funktioniert, ist eine reibungslose Kommunikation die Grundvoraussetzung“, sagt Kay Mantzel, Experience Manager bei Microsoft, der Kunden regelmäßig das Arbeitskonzept des Unternehmens erklärt.
Microsoft-Mitarbeiter nutzen diverse Softwarehelfer. Der wichtigste ist Skype for Business, das Internettelefonie und Chat vereint. Die Ampelanzeige im Chat signalisiert den Kollegen, wie beschäftigt man gerade ist: Grün steht für „erreichbar“, Gelb für „nicht am Platz“, Rot für „beschäftigt“ und Rot mit einem weißen Strich für „nicht stören“. Die Informationen zieht die Anwendung direkt aus dem Outlook-Kalender. Dessen akribische Pflege ist für jeden Mitarbeiter ein Muss. Außerdem haben alle an einem Projekt beteiligten Personen mithilfe eines eigenen Programms jederzeit Zugriff auf alle wesentlichen Informationen. Die Anwendung integriert nicht nur Chat und Kalender, sondern auch die Dokumentenablage.
„Damit dämmen wir die E-Mail-Flut deutlich ein“, sagt Mantzel. „Das spart allen Zeit.“
Ob sich bei Microsoft nun alle in die virtuelle Arbeitswelt zurückziehen? Im Gegenteil. Mit der Eröffnung der neuen Deutschlandzentrale im vergangenen Herbst setzt das Technologieunternehmen auf modernste Büroarchitektur. „Natürlich soll das neue Gebäude auch Anreiz sein, ins Büro zu kommen“, sagt Mantzel. „Denn echte Innovationen entstehen vor allem dort, wo Menschen zufällig zusammentreffen.“
Das weiß auch Nicolas Preuß. Er kann auch weiterhin spontane Unterhaltungen führen, die über das Fachliche hinausgehen – seinem Roboter sei Dank. „Ich bekomme die Stimmung im Team und im Unternehmen mit“, sagt Preuß. „Das ist nicht zu unterschätzen.“ Alle zwei Wochen ist Preuß für ein bis zwei Tage dann aber doch im Büro. „Wenn es Probleme gibt oder ein ernsthaftes Mitarbeitergespräch ansteht, möchte ich physisch anwesend sein“, sagt er. Manche Themen will eben niemand mit einem Roboter besprechen.