Frauenquote „Mehr Kreativität, Frauen zu verdrängen statt sie zu fördern“

Die Frauenquote in Unternehmen sorgt immer wieder für Streit. Quelle: Getty Images

Bei Deutz mussten CEO und Aufsichtsratschef ihre Posten räumen, weil sie sich uneinig über die Umsetzung der Frauenquote waren. Wiebke Ankersen von der Allbright Stiftung erklärt, was andere Unternehmen aus diesem Debakel lernen können.

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Wiebke Ankersen ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Allbright Stiftung, die sich für Frauen und mehr Diversität in den Führungsetagen der Wirtschaft einsetzt.

WirtschaftsWoche: Frau Ankersen, beim Motorenhersteller Deutz gab es eine Auseinandersetzung zwischen Geschäftsführer und Aufsichtsrat über die Umsetzung der Frauenquote im Unternehmen. Ist die Quotenregelung immer noch derart umstritten?
Wiebke Ankersen: Es ist zwar selten, dass ein solcher Fall derart detailliert an die Öffentlichkeit dringt. Trotzdem höre ich in Gesprächen, dass es diese Diskussionen gibt. Da gibt es manchmal mehr Kreativität, Frauen zu verhindern als sie zu fördern. Das überrascht mich immer wieder.

Zur Kreativität soll es bei Deutz gehört haben, dass im Aufsichtsrat diskutiert wurde, einen der vier männlichen Vorstände zu einem Generalbevollmächtigten zu machen, damit man nicht mehr unter die Quotenregel falle. Sehen Sie solche Tricks häufiger?
Es gibt diese Tricks, klar. Aber sie sind meist nicht so gut dokumentiert wie in diesem Fall. Es gibt auch börsennotierte Unternehmen, häufig Familienunternehmen, die gar nicht an die Frauenquote in Vorständen gebunden sind, weil sie für den Vorstand eine eigene Management AG gegründet haben.

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Quelle: Sandra Steh

Das klingt nach offensichtlicher Diskriminierung von Frauen.
Ist es aber nicht. Sie genießen dadurch auch eine Reihe anderer Freiheiten. Sie sind etwa von der Mitbestimmung befreit. Ob die Frauenquote bei der Entscheidung eine Rolle gespielt hat, lässt sich schwer sagen.

Dennoch kennen Sie solche Vermeidungsstrategien.
Es gibt Aufsichtsratsvorsitzende, die versuchen, den Aufstieg von Frauen zu verhindern. Der Aufsichtsratschef ist die Schlüsselfigur. Und er muss für Veränderung im Vorstand sorgen.

Gerade bei technisch getriebenen Unternehmen wie Deutz heißt es immer noch allzu häufig, es gebe keine Frauen mit der passenden Ausbildung, die es in den Vorstand schaffen könnten.
Das ist Unsinn. Es gibt vier Dax-Unternehmen mit mehr als zwei Frauen im Vorstand: die Deutsche Telekom, Airbus, Daimler und die Allianz. Die Frauen dort machen nicht nur Personalthemen, wie immer wieder behauptet wird. Gerade der Technikvorstand ist bei Airbus und Telekom weiblich besetzt. Und jedes gute Unternehmen sollte sich lieber damit beschäftigen, wie es solche Frauen bekommt.

Und wie sollten diese Unternehmen das anstellen?
Zunächst sollten sie aufhören, so zu tun, als gäbe es diese Frauen nicht. Denn welche Topmanagerin will schon zu einem Unternehmen gehen, für das sie offensichtlich unsichtbar ist? Für Firmen, die jetzt noch keine Frauen in den oberen Führungsetagen haben, wird es sehr schwer werden.

Warum? Noch ist es doch noch nicht zu spät.
Frauen gehen natürlich eher dahin, wo sie sehen, dass Diversität schon gelebt wird. Wenn man als erste Frau in einen Vorstand von einem Unternehmen kommt, weiß man nie so genau, wie ernst es dem Unternehmen mit Diversität ist.

Was raten Sie Unternehmen, die noch keine Frau berufen haben?
Es ist extrem wichtig, dass sie im eigenen Unternehmen Frauen fördern und auf allen Ebenen weibliche Talente haben. Denn von außen Topmanagerinnen zu bekommen, wird für diese Unternehmen immer schwieriger. Der CEO und der Aufsichtsratschef müssen klar machen, dass Frauenförderung kein Bekenntnis ist, sondern gelebte Realität. Sie müssen ihre Prozesse auf den Prüfstand stellen und schauen: Wo liegt der Fehler, dass ab einer bestimmten Ebene keine Frauen mehr am Tisch sitzen.

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