




Stress, hohe Arbeitsbelastung, ein Anranzer vom Chef und dann vergreift sich noch der Kollege im Ton. Schon ist sie da, die Wut. Wer jetzt keinen kühlen Kopf bewahrt, gerät mit Kollegen und Vorgesetzten in Streit. Und das passiert ständig, wie eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer Frankfurt zusammen mit dem Prüfungs- und Beratungsunternehmen Mazars zeigt. Am häufigsten gibt es demnach Streit in den eigenen Reihen. Klar, denn mit den eigenen Kollegen verbringt man in der Regel acht oder neun Stunden am Tag in einem Raum. Da ist viel Platz für Reibereien.
Streit und Wut gehören zu unserem Leben und lassen sich nicht vermeiden. Doch was im Freundes- und Bekanntenkreis oder in der Familie möglich ist, ist im Beruf nicht so ohne Weiteres machbar. Nämlich, den Ärger rauszulassen. Wer Türen knallt oder schreiend über den Flur tobt, steht weder ganz oben auf der Beförderungsliste, noch genießt er einen besonders guten Ruf bei den Kollegen. Seinen Gefühlen im Job derart Ausdruck zu verleihen, ist ein Zeichen von Schwäche.
Mit wem wir uns im Beruf am häufigsten streiten
Je mehr ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie aneinander geraten. Entsprechend gaben 37 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage "Streit - erfolgreich oder folgenreich" der IHK Frankfurt an, sich häufig mit Kollegen beziehungsweise Mitarbeitern zu streiten.
Mehr als ein Drittel gab an, sich häufig mit Führungskräften zu streiten.
Ein Viertel sagte, dass sie häufig mit der Geschäftsleitung aneinander geraten.
23 Prozent streiten sich häufig mit Kunden.
Bei 14 Prozent sind Zulieferer ein häufiger Streitgrund und -partner.
Elf Prozent streiten sich häufig mit Behörden, mit denen sie beruflich zu tun haben.
Jeweils sieben Prozent gaben an, sich mit Gesellschaftern beziehungsweise Kooperationspartnern in die Haare zu kriegen.
Nur drei Prozent geraten häufig mit Kapitalgebern und Banken aneinander.
Ärger nicht hinunter schlucken
Die Wut herunter zu schlucken, ist allerdings auch keine Lösung. Schon 1939 hat der Psychoanalytiker Franz Alexander die These aufgestellt, dass unterdrückter Ärger zu Bluthochdruck führen kann. Auch psychische Probleme wie Depressionen oder Bulimie führte er darauf zurück. Und eine schwedische Langzeit-Studie wies nach, dass heruntergeschluckter Ärger das Herzinfarkt-Risiko erhöht.
Die Forscher untersuchten in den Jahren 2755 männliche Teilnehmer, die zu Beginn der Untersuchungen in den Jahren 1992 bis 1995 gesund waren und noch nie einen Herzinfarkt erlitten hatten. Mit Fragebögen wurde erhoben, ob sie sich auf der Arbeit unfair behandelt fühlen und wie sie damit umgehen. Das Forscherteam um Constanze Leineweber vom Stress Research Institute der Universität Stockholm stellte in der zehn Jahre andauernden Beobachtung der Probanden fest, dass es einen Zusammenhang zwischen aufgestauter Wut und Herzerkrankungen gibt. Die Männer, die regelmäßig ihren Ärger herunterschluckten, wiesen ein doppelt so hohes Risiko für Herzkrankheiten bis hin zum Tod durch Herzinfarkt auf.
Psychologin Ilona Bürgel rät deshalb, auch im beruflichen Umfeld die Wut abzubauen - allerdings nicht mittels Kraftausdrücken und zerdepperten Kaffeetassen. Sie empfiehlt, den Zorn durch Bewegung loszuwerden. "Einfach mal die Treppe hoch und runter laufen oder ein paar Runden um den Block laufen, damit sich das Stresshormon Cortisol abbaut und man wieder einen klaren Kopf bekommt." Sie rät außerdem grundsätzlich dazu, eine Situation zu verlassen, wenn die Wut kocht. Niemand müsse sich alles gefallen lassen - auch nicht vom Vorgesetzten.
"Wenn mich mein Chef anschreit, habe ich das Recht zu sagen: Ich würde das Gespräch gerne vertagen, wir kommen hier nicht weiter." Wichtig sei nur, erst einmal bis drei zu zählen und durchzuatmen, bevor man den Mund aufmacht. Sonst kommt mit aller Wahrscheinlichkeit keine sachliche Replik dabei heraus. Das Grundrezept für den Umgang mit Wut im Büro lautet also: durchatmen, sich aus der Situation entfernen und dann die Wut in den Boden stampfen. Wichtig ist dann noch ein klärendes Gespräch, wenn die Wut auf beiden Seiten verraucht ist. Schließlich muss man auch in Zukunft zusammen arbeiten.