Führungsstil Was Deutschlands Chefs alles falsch machen

Wo geht's lang? Deutsche Chefs merken oft nicht, was sie falsch machen. Quelle: imago images

Die deutschen Vorgesetzten sind von ihrem Führungsstil durchaus angetan, zeigt eine Studie. Ihre Untergebenen allerdings weniger – und das geht zulasten von Engagement, Einfallsreichtum und Zufriedenheit.

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Chefbüro und Kaffeeküche sind nur wenige Meter voneinander entfernt, doch viele der dort geführten Gespräche könnten sich kaum deutlicher voneinander unterscheiden: Während Vorgesetzte gerne von ihrer Menschenkenntnis schwärmen und ihr motivierendes Wesen hervorheben, schimpfen die Mitarbeiter ein paar Türen weiter über mangelndes Vertrauen, starre Vorgaben und schlechte Stimmung. Wie weit Selbst- und Fremdwahrnehmung von Vorgesetzten auseinanderklaffen, das offenbart in seltener Deutlichkeit eine Studie der Personalberatung Kienbaum und der Stellenbörse Stepstone.

Um herauszufinden, welchen Führungsstil Angestellte bevorzugen, wurden insgesamt 13.500 Fach- und Führungskräfte befragt. Die Mitarbeiter sollten über den Stil des Chefs urteilen, die Vorgesetzten wiederum machten Angaben zum eigenen Verhalten.

Das Ergebnis der Studie: Von den sieben gängigen Methoden, mit den Mitarbeitern umzugehen (siehe Info-Box unten), ist die transformationale Führung bei der Belegschaft am beliebtesten. 94 Prozent der Befragten befürworten einen Chef, der vor allem als Vorbild dient und Visionen vermittelt. Ebenfalls hoch im Kurs steht die strategische Führung (88 Prozent), gefolgt von der ethischen Variante (84 Prozent).

Jeder, wie er kann: Sieben Führungsstile

Doch diese Herangehensweisen sind nicht nur beliebt, sondern gleichsam effektiv. „Führung nimmt wesentlich Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit“, sagt Walter Jochmann, Geschäftsführer der Managementberatung Kienbaum. Für den Erfolg eines Unternehmens sei es essenziell, dass die Personalverantwortlichen die individuellen Bedürfnisse ihrer Angestellten kennen.

Und das belegt die Studie: Mitarbeiter, die nach den bei ihnen beliebten Prinzipien geführt werden, sind demnach mit ihrer Arbeit zufriedener, innovativer und haben seltener die Absicht, zu kündigen. Ethische und transformationale Führung rufen außerdem höhere Identifikation mit dem Arbeitgeber und mehr Engagement hervor.

Diese Erkenntnis scheint auch bei den Vorgesetzten angekommen – zumindest theoretisch. Denn sie selbst verorteten sich in der Umfrage überwiegend in den drei beliebten Führungsstilen.

Das widerspricht jedoch oftmals der Einschätzung ihrer eigenen Mitarbeiter: Laut den befragten Angestellten ist der direktive Führungsstil in Deutschlands Chefetagen am weitesten verbreitet (54 Prozent). Im Gegensatz dazu fanden nur 29 Prozent der Studienteilnehmer strategische Komponenten im Führungsverhalten der Chefs wieder, 21 Prozent transformationale. Und nur 9 Prozent bescheinigten ihrem Chef, dass er sich im Alltag vor allem an moralischen Werten orientiere. Die meisten Personalverantwortlichen werden von ihren Mitarbeitern also völlig anders wahrgenommen, als sie sich selbst sehen.

Wie kommt diese Diskrepanz zustande? „Für eine objektive Selbsteinschätzung ist Feedback wichtig“, sagt Sebastian Dettmers, Geschäftsführer von Stepstone, „doch daran mangelt es häufig.“ Die Studienautoren empfehlen den Führungskräften deshalb, sich regelmäßig von Mitarbeitern, Kollegen und Kunden bewerten zu lassen. „Eine gesunde Selbsteinschätzung ist der erste Schritt zu besserer Führung“, sagt Dettmers.

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Und die werde in Zeiten der Digitalisierung immer wichtiger. Wer seinen Mitarbeitern Verantwortung übertrage und sie darin unterstütze, eigene Entscheidungen zu treffen, werde die Digitalisierung am besten bewältigen. Dettmers: „Deshalb führt auch in Zukunft transformationale und strategische Führung zu den besten Ergebnissen.“

Mehr zum Thema: Für Mark Hübner-Weinhold ist die Kult-Serie „Game of Thrones“ ein 72 Stunden und 16 Minuten langes Führungskräfte-Seminar. Lesen Sie hier das Interview mit dem Verhaltensforscher.

Dieser Artikel erschien erstmals im August 2018 bei der WirtschaftsWoche.

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