Gegenkommentar zu Frauenkarrieren Faule Frauen? Faules System!

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Will Lackner zurück ins Mittelalter?

So kommt es, dass Frauen zwar in Schule und Studium bessere Leistungen bringen, aber die Männer im Job trotzdem an ihnen vorbeiziehen. Und das obwohl Studien belegen, dass Frauen oft die besseren Führungskräfte sind: Sie gelten als demokratischer, einfühlsamer und weniger machtbesessen. Lackner fasst das Problem zusammen: „Der Staat verschwendet Geld und Ressourcen, in dem er an teuren Ausbildungsstätten Akademikerinnen für einen Arbeitsmarkt produziert, der Frauen und ihr Potential noch nicht wirklich entdeckt hat und zu nutzen weiß.“

Ihre Schlussfolgerung ist jedoch völlig abstrus. Lackner fordert, der Staat solle sich das Geld für diese teuren Studienplätze oder Frauenförderprogramme sparen, oder noch besser, von den Frauen zurückfordern, „die eigentlich gar keine Karriere machen wollen, sondern nach maximal zehn Jahren Berufstätigkeit ins Mutterdasein abtauchen“. Mit der gleichen Logik könnte man die Schulbildung für Frauen wieder abschaffen. Klingt nach Mittelalter? Willkommen in der Gedankenwelt Martina Lackners.

Die Autorin geht von einer klaren Kosten-Nutzen-Rechnung aus: Wenn der Staat in dich investiert, musst du auch liefern. Kein Gesetz verpflichtet Frauen oder Männer dazu, ein Leben lang ohne Unterbrechung in dem Job zu arbeiten, den sie erlernt haben. Außerdem wollen die wenigsten Frauen auf Dauer aus ihrem Job aussteigen. Viele würden nur zu gern nach einer Familienphase zurückkehren und stoßen auf verschlossene Türen.

Noch dazu sind Auszeiten für Kinderbetreuung oder Pflege ganz offensichtlich auch ein Dienst an der Gesellschaft. Lackner sieht das offenbar anders: „Für Betreuung und Pflege brauchen Frauen kein Studium, da helfen Hormone und soft skills.“ Womit sie ganz nebenbei sämtlichen Erziehungs- und Pflege-Studiengängen die Existenzberechtigung abspricht.

Die Arbeitswelt muss sich ändern

Lackner führen diese haarsträubenden Überlegungen zu der Frage, „ob wir wirklich Betriebswirtinnen ausbilden wollen, die zu Hause lieber ihre Kinder betreuen oder die dementen Eltern pflegen – entweder weil sie wollen oder weil sie Karriere mit Kind nicht gut hinbekommen?“ Die Schuld schiebt sie hier wieder – ganz bequem – den Frauen zu. Selbst schuld, wenn sie Spitzenjob und Familie nicht unter einen Hut bekommen.

Wie wäre es, wenn man stattdessen das System an sich in Frage stellt? Wenn man hinterfragt, warum Führungspositionen in ihrer derzeitigen Form für viele Menschen unattraktiv und für viele Frauen offenbar unerreichbar sind? Lackner watscht diese Überlegung in einem Nebensatz ab, indem sie behauptet, dass „Karriere eben nicht mit einem Teilzeitjob möglich ist und auch nie werden wird“. Dabei gibt es schon erste erfolgreiche Beispiele für geteilte Chefpositionen und flexibleres, ortsunabhängigeres Arbeiten.

Wie wäre es, wenn Frauen wie Martina Lackner ihre Zeit und Energie nicht dafür investieren, über „Rabenmütter“ zu philosophieren, sondern dafür, konkrete Ideen für eine bessere Arbeitswelt zu entwickeln? Damit sowohl Frauen als auch Männer für eine Führungsposition nicht auf die „Wohlfühlatmosphäre“ im „schnuckeligen Zuhause“ verzichten müssen? Das wäre zwar wesentlich unbequemer und mit mehr Aufwand verbunden – dafür aber deutlich konstruktiver.

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