
Der männliche Durchschnittsdeutsche verdient mehr als die weibliche Durchschnittsdeutsche. Das ist Fakt. Je nachdem, ob man die Chefs von Dax-Konzernen miteinberechnet oder nicht, schwankt der Lohnunterschied. Laut Statistischem Bundesamt betrug der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern im Jahr 2013 22 Prozent. Konkret verdienten Frauen demnach 15,56 pro Stunde (brutto), bei Männern waren es 19,84 Euro. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will jetzt mehr Transparenz in die Gehaltsstruktur von Betrieben bringen.
Wenn Frau Schmidt weiß, was Herr Müller am Schreibtisch nebenan verdient, kann sie in Gehaltsverhandlungen schließlich ganz anders auftreten. Bestenfalls kommt es gar nicht mehr dazu, dass Müller mehr verdient als Schmidt. So der Plan. „Es wird nicht möglich sein, das Gehalt des Kollegen einzeln zu erfragen, aber es wird möglich sein zu prüfen, ob die eigene Einstufung in einer vergleichbaren Gruppe erfolgt ist“, erklärte Schwesig auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Schwerpunkt des Gesetzes werde - wie im Koalitionsvertrag festgelegt - „eine Verpflichtung für Unternehmen ab 500 Mitarbeiter sein, sich mit dem Lohnunterschied von 22 Prozent von Frauen und Männern auseinanderzusetzen“.
Tipps für Gehaltsverhandlungen - nicht nur für Frauen
Wollen Frauen in einem Bewerbungsgespräch 60.000 Euro Jahresgehalt, der Arbeitgeber bietet aber nur 40.000 Euro, bedeutet ein Nachgeben einen Gesichtsverlust für die Bewerberin, selbst wenn sich beide in der Mitte einigen. Die einzige Chance das Gesicht zu wahren und gleichzeitig Selbstsicherheit auszustrahlen liegt nach Ansicht von Claudia Kimich, Verhandlungsexpertin und Autorin des Buches „Um Geld verhandeln“, in folgender Antwort: "Während der Probezeit arbeite ich zu Ihren Bedingungen, danach richten Sie sich nach meinen!" Wichtig ist, sich auf diesen Deal nur mit schriftlicher Vereinbarung einzulassen.
Beim Verhandeln kommt es darauf an, nie ohne Gegenleistung nachzugeben: „Wenn Frauen zuerst ein Gehalt X verlangen und sich dann um 30 Prozent drücken lassen, hätten sie ja gleich weniger verlangen können. Die Glaubwürdigkeit leidet.“ Kimmich rät, weniger Arbeitsstunden, andere Aufgaben, mehr Urlaub, Weiterbildung, Zuschüsse zu Kinderbetreuung oder Kantinenessen oder einen Dienstwagen als Gegenleistung zu verlangen. „Nur dann bleiben Frauen bei ihrer Gehaltsverhandlung auf Augenhöhe und werden auch anschließend im Job ernst genommen.“
Wenn bei einem Arbeitsplatz nicht alles ideal ist und von dem Jobangebot nicht die gesamte Existenz abhängt, dann sollten Bewerberinnen genau überlegen, was sie gerne tun und was nicht. Kimich schlägt vor, für die weniger angenehmen Dinge entsprechende Mehr-Entlohnung zu verlangen, zum Beispiel wenn viele Reisen notwendig sind. „Ich verlange von meinen Klienten vor 10 Uhr morgens als Schmerzensgeld den doppelten Satz. Ich bin einfach kein früher Vogel und wenn ich schon vor 10 Uhr arbeite, dann zumindest mit Schmerzensgeldaufschlag.“
Nach „Spiegel“-Informationen plant die Ministerin sogar ein Gesetz, mit dessen Hilfe sich „möglichst alle Angestellten“ entsprechend informieren können. Dies habe Schwesig bei einem Treffen mit Gewerkschaftsvertretern und Spitzenverbänden der Wirtschaft angekündigt. Im Juni solle es einen Referentenentwurf geben.
Die Arbeitgeber halten das geplante Gesetz gegen die Einkommenskluft zwischen Frauen und Männern für nutzlos. „Das geplante Entgeltgleichheitsgesetz würde immense Bürokratie und neue Berichtspflichten für die Unternehmen schaffen, ohne wirklich etwas an den bestehenden Entgeltunterschieden zu ändern“, erklärte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer in der „Passauer Neuen Presse“.
Sogenannte Entgeltdiskriminierung sei schon nach geltendem Recht verboten. Dass es dennoch Unterschiede in der Bezahlung gebe, liege am Berufswahlverhalten und den Erwerbsbiografien, erklärte Kramer. „Frauen entscheiden sich seltener für Branchen und Berufe mit besseren Verdienst- und Karrierechancen, sie arbeiten öfter in Teilzeit, haben mehr Erwerbsunterbrechungen und erreichen damit auch seltener Führungspositionen.“
Frauen arbeiten in schlecht bezahlten Jobs
Für viele Frauen klingt es nach einem guten Kompromiss: Eine gewisse Stundenzahl im Beruf, aber auch Zeit für die Kinder haben. Die Folge: Mehr Frauen arbeiten in Teilzeit, immer weniger in Vollzeitjobs, berichtet die "Passauer Neue Presse" unter Berufung auf die Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion.
Männer- und Frauenberufe
Sprechstundenhelfer (fast 100 Prozent), Raum- und Hausratreiniger, Stenographen, Kindergärtner (je über 90 Prozent), Krankenpfleger (fast 90 Prozent)
Kraftfahrzeuginstandsetzer, Tischler (jeweils über 95 Prozent), Kraftfahrzeugführer, Maschinenschlosser, Maurer (jeweils rund 95 Prozent Männeranteil)
Demnach ging die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen zwischen 2001 und 2014 um knapp eine Million auf 7,5 Millionen zurück. Dagegen stieg die Zahl der Frauen in sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs um 2,5 Millionen auf 6,3 Millionen. 5,3 Millionen weibliche Beschäftigte hatten ausschließlich einen Minijob. Gemessen an allen Beschäftigungsverhältnissen von Frauen fiel die Vollzeitquote von 55 Prozent im Jahr 2001 auf 40 Prozent im Jahr 2014. Die Zahlen des Arbeitsministeriums zeigen zugleich, dass inzwischen mehr Frauen arbeiten gehen als noch vor einigen Jahren. Denn die Zahl der Frauen mit Job stieg seit 2001 um 1,7 Millionen, ihre Erwerbsquote nahm von 63 Prozent auf 72,4 Prozent zu.
Die Linken-Fraktionsvize Sabine Zimmermann sieht dabei aber einen besorgniserregenden Trend. Der Zuwachs finde vor allem in Branchen mit geringen Verdiensten statt, sagte sie der Zeitung. "Weil zugleich die Zahl der Vollzeitbeschäftigten zurückgegangen ist, steigt der Anteil der weiblichen Beschäftigten, die von Armut gefährdet sind." Jede elfte Frau sei inzwischen betroffen.
Auch das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit hat kürzlich Zahlen zum Teilzeit-Trend veröffentlicht. Im vergangenen Jahr waren doppelt so viele Frauen teilzeitbeschäftigt wie 1991, heißt es in einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Teilzeitquote bei Frauen lag demnach im Jahr 2014 bei knapp 58 Prozent. Der Anteil von Männern, die Teilzeit arbeiten, betrug gut 20 Prozent.
Frauen reduzieren die Arbeitszeit häufig, um Zeit für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu haben, schrieb das IAB. Dagegen beeinflusse eine Familiengründung das Erwerbsverhalten von Männern kaum. Fast die Hälfte der Paare mit Kindern entscheidet sich demnach für das Zuverdienermodell, bei dem der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit arbeitet. Lediglich bei einem Viertel der Paare haben demnach beide Partner in etwa die gleiche Arbeitszeit. Das kann für sie auf lange Sicht Nachteile bringen. Denn nicht nur beim Einkommen hinken Frauen den Männern hinterher, auch bei der Altersvorsorge ist Teilzeit nicht das gelbe vom Ei.