Geld ist wichtiger als Spaß Wie die Inflation die Prioritäten der Generation Z verschiebt

Die Inflation bereitet jungen Menschen größere Sorgen als ein Krieg in Europa oder der Klimawandel. Quelle: imago images

Die Generation Z will weniger arbeiten, mehr Verantwortung übernehmen und ständig Feedback erhalten? Stimmt. Doch sie erwartet vor allem eines von ihrem Arbeitgeber: mehr Geld. Wie gehen Firmen damit um?

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Wer in der Vergangenheit mit Führungskräften über die Vertreter der Generation Z sprach, hörte stets etwas von einer fordernden Generation, die mit ihren Ansprüchen die Nerven der Vorgesetzten strapaziert. Die ständig Feedback haben will, alles hinterfragt, keine Kritik abkann und weniger Einsatzbereitschaft zeigt. Die schlechte Nachricht für Unternehmerinnen und Unternehmer: Die junge Generation wird in Zukunft noch anspruchsvoller. Und will vor allem mehr Geld. Das Gehalt wird im Zuge der Inflation ein immer wichtigerer Motivator im Job. Und je jünger die Menschen sind, desto wichtiger ist ihnen Geld.

Das sind zentrale Erkenntnisse der Studie „Jugend in Deutschland“, die am Montag vorgestellt wurde und für die mehr als 1000 Menschen zwischen 14 und 29 Jahren befragt wurden. Sie gehören größtenteils der Generation Z an, deren Vertreter je nach Definition zwischen 1995 oder 1996 und 2010 geboren wurden. Die Studienautoren fassen diese Entwicklung so zusammen: „Was wir hier beobachten, ist kein neuer Materialismus, sondern eine Form von Existenzialismus. Junge Menschen sehen ihrer finanziellen Zukunft mit großer Sorge entgegen, und um sich für die Zukunft abzusichern, benötigen sie Geld.“

Insgesamt hat sich in der Befragung damit ein Trend verschärft, der sich schon in der jüngsten Erhebung, die im Frühjahr durchgeführt wurde, abzeichnete. Schon zu der Zeit war das Gehalt der wichtigste Motivator junger Menschen. Allerdings ist die Bedeutung des Geldes jetzt noch mal um drei Prozentpunkte gestiegen – und der Anteil derer, die Spaß als Motivator angaben, um zwei Prozentpunkte gesunken. Auch unabhängig vom Beruf zeigte sich, dass die Inflation der jungen Generation aktuell die größten Sorgen bereitet. 71 Prozent der Befragten nannten die Inflation auf die Frage nach Ihren aktuellen Ängsten. Der Krieg in Europa folgte auf dem zweiten Platz (64 Prozent) vor dem Klimawandel (55 Prozent). Im Frühjahr lag die Inflation noch auf dem dritten Platz mit 46 Prozent.

von Jannik Deters, Svenja Gelowicz, Dominik Reintjes

Wer in Zeiten von Inflationsraten oberhalb von zehn Prozent aufwächst, spürt, wie die Preissteigerungen durchschlagen: Der Einkauf im Supermarkt wird teurer, die Heizkosten des WG-Zimmers steigen. Tatsächlich gaben die Befragten an, dass die höheren Kosten von Nahrungsmitteln (75 Prozent) und Energie (72 Prozent) sie finanziell am meisten belasten. Dahinter folgen die Ausgaben für Verkehrsmittel (41 Prozent), Miete (37 Prozent) und Freizeitaktivitäten (34 Prozent). 

Die junge Generation ist sich der Bedeutung des Gehalts offenbar sehr bewusst. Und mit diesen Erkenntnissen und Erwartungen treten sie in den Arbeitsmarkt ein – und heuern bei Unternehmen an, die mit der jungen Generation schon vor dem Krieg in der Ukraine und den Folgen für die Energiepreise überfordert waren.

Lesen Sie auch: Generation Z – eine Anleitung für Führungskräfte

Studienautor Klaus Hurrelmann sagte der WirtschaftsWoche bereits vor einigen Wochen, dass Führungskräfte die Mitarbeiter unter 25 Jahren ganz anders führen müssen als die älteren Kollegen: Sie müssten jeden Menschen „persönlich ansprechen und fast schon stündliche Rückmeldungen zur Arbeit geben. Aber auch Rückmeldungen der jungen Person einfordern. Die Generation Z will gehört werden. Sie müssen ihr jedoch auch unendlich viel erklären.“ Die heutigen Berufsanfänger wüssten genau, „dass in einer zunehmend digitalen Arbeitswelt Ausbeutung droht, und sie haben eine eingebaute Burn-out-Sperre“, sagte Hurrelmann. Jetzt also auch noch mehr Gehalt.

In der Befragung zeigte sich weiterhin, dass die besonders jungen Vertreter der Generation Z noch mehr Wert auf Geld legen: Bei den Studenten und Studentinnen gaben etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie Geld motiviere. Fragten die Forscher hingegen junge Schülerinnen und Auszubildende, so nannten 64 und 63 Prozent der Befragten Geld als motivierenden Faktor. Außerdem zeigte sich in Bezug auf den Jobwechsel ein eindeutiger Trend. Danach gefragt, was die wichtigsten Argumente für die junge Generation wären, den Job zu wechseln, antworteten mehr als zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) mit „mehr Geld“. Das Gehalt ist auch hier mit großem Abstand das wichtigste Argument. Ein Drittel würde für eine bessere Work-Life-Balance wechseln, 30 Prozent für eine bessere Arbeitsplatzatmosphäre und 29 Prozent für bessere Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen. Unter den Schülern, also den jüngsten Befragten, gaben sogar 76 Prozent an, dass ein Jobwechsel für sie in Frage kommt, wenn sie mehr verdienen. Zum Vergleich: Dieser Aussage stimmten nur 54 Prozent der Auszubildenden und 69 Prozent der Studenten zu.

„Für Arbeitgeber“, so schreiben es die Autoren in der Studie, „fällt das Fazit sehr ernüchternd aus, weil sich zu den steigenden Kosten in sämtlichen Bereichen nun auch für die Personalkosten erhebliche Mehrbelastungen abzeichnen“. Die jungen Menschen würden erkennen, „dass sie durch die Inflation für viele Dinge mehr bezahlen müssen, jedoch nicht mehr verdienen.“

Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt

Nur zaghafte Gehaltserhöhungen

Fraglich wird jedoch sein, inwiefern die Gehaltssteigerungen, die Unternehmen bislang vornehmen, der jungen und anspruchsvollen Generation – aber auch allen anderen Arbeitnehmern – genügen: Neue Zahlen der Unternehmensberatung Willis Tower Watson (WTW) zeigen nämlich, dass die Inflation dafür sorgt, dass Arbeitnehmer die Gehälter im kommenden Jahr um 4,5 Prozent steigern wollen. In diesem Jahr wurden die Gehälter den Zahlen nach im Schnitt um 3,8 Prozent erhöht. Die allgemein stark gestiegenen Verbraucherpreise decken diese Gehaltserhöhungen nicht annähernd ab: 7,5 Prozent waren es im Juli, dann 7,9, 10 Prozent im September und nun 10,4 im Oktober – die Inflation steigt seit Monaten im Vergleich zum Vorjahreswert.

Beschäftigte sehen sich aktuell also mit realen Lohnverlusten konfrontiert. Die Inflation ist nicht der einzige Treiber der Gehälter, wie die Auswertung von WTW zeigt: „Zusätzlich zum Inflationsdruck kämpfen 57 Prozent der Unternehmen mit der Herausforderung, neue Talente zu gewinnen und zu halten – mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2020. Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt hat fast die Hälfte (47 Prozent) der Firmen dazu bewogen, ihre Gehaltsbudgets zu erhöhen“, heißt es bei dem Beratungshaus.

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An der Umfrage zur Generation Z haben im Oktober 2022 mehr als 1000 Menschen zwischen 14 und 29 Jahren in Deutschland teilgenommen. Spannend wäre es noch zu sehen, inwieweit sich die Prioritäten der jungen Generation Z mit denen der älteren Jahrgänge decken. Ob das Geld nicht allen Berufstätigen vor dem Hintergrund der stark steigenden Preise vor allem für Energie das wichtigste Kriterium im Job ist. Denn noch immer streitet die Wissenschaft darüber, ob sich Generationen wirklich dadurch auszeichnen, dass ihre Sozialisierung ihre Ansichten nachhaltig prägt. Oder ob die jungen Menschen über vieles womöglich gar nicht anders denken als die älteren. Etwa über das Gehalt.

Lesen Sie auch: Generation Z – eine Anleitung für Führungskräfte.

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