Geschäftsreisen Diese Grafiken zeigen, was sich Firmen das Comeback der Dienstreisen kosten lassen

Ausgaben für Dienstwagen und Flug. Quelle: imago images

Flug- und Zugverkehr sind in der Coronapandemie eingebrochen, zugunsten der Mietwagenflotten. Jetzt schicken die Firmen ihre Mitarbeiter wieder los. Eine exklusive Studie belegt aber deutliche Unterschiede in Europa.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Unternehmen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien geben für Dienstreisen wieder so viel Geld aus wie vor der Coronapandemie. Das ist das Ergebnis einer Spendesk-Studie, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt. Spendesk ist eine Softwareplattform, die Kunden bei der Verwaltung von Ausgaben hilft. Im März zahlten die Firmen demnach gut 4500 Euro pro Monat für geschäftliche Reisen. „Das ist nicht viel weniger als das Vor-Pandemie-Niveau“, sagt Spendesk-Chef Rudolphe Ardant. „In anderen Ländern wie Frankreich ist es sogar leicht höher.“

Spendesk hat Antworten von 3500 kleinen und mittelständischen Unternehmen in Europa mit insgesamt mehr als 80.000 Mitarbeitern ausgewertet. Aus den Grafiken dazu lässt sich herauslesen, wie viel die Firmen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien in, während und jetzt, am (vermeintlichen) Ende der Pandemie, ausgegeben haben – und wofür.

Die Ausgangsfragen, die sich Ardant und seine Mannschaft stellten, war, ob Videokonferenzen über Teams und Zoom wirklich dazu geführt haben, dass Geschäftsleute weniger reisen, und wie wichtig den Firmen der Klimaschutz sowie Fragen der Hygiene und Sicherheit auf Reisen war. Die kurze Antwort: nur bedingt. 

In der ersten Coronawelle vor zwei Jahren waren die Ausgaben in Deutschland um 88 Prozent eingebrochen, in Großbritannien sogar noch stärker. Bevor die Omikronvariante für noch einmal höhere Inzidenzen sorgte, lagen die Ausgaben im November 2021 hierzulande wieder bei drei Viertel der Vor-Pandemie-Zeit. Omikron sorgte noch einmal für einen Knick. Seit Januar verzeichne Spendesk jedoch einen „sehr deutlichen Anstieg bei allen Verkehrsmitteln“, heißt es bei Spendesk.

Die wieder steigenden Ausgaben gehen stark einher mit den hohen Spritkosten. Großbritannien leidet besonders unter der Preisexplosion. Geschäftsreisende dort zahlten satte 691 Prozent mehr als 2019. Im Länderdurchschnitt schossen die Benzin-Ausgaben um mehr als 340 Prozent in die Höhe. Besonders profitiert haben – das belegen auch die Geschäftszahlen von Sixt, Hertz und anderen – die Anbieter von Mietwagen. Im Vergleich zur Zeit vor der Coronapandemie gaben deutsche Firmen acht Prozent mehr für dieses Verkehrsmittel aus, französische 54 Prozent mehr. In Großbritannien wendeten Unternehmen 344 Prozent mehr für Mietautos auf.

Das Fliegen ist in allen drei untersuchten Ländern unbeliebter geworden. Deutschland bleibt im Vergleich aber ein Land der Inlandsflüge. Während in Frankreich und Großbritannien die Flugbuchungen jeweils um rund 40 Prozent zurückgingen, auf 0,5 pro Unternehmen und Monat in Frankreich und 0,35 in Großbritannien, bucht ein deutsches Unternehmen aktuell im Schnitt 1,4 Flugreisen monatlich – ein Einbruch um 70 Prozent im Vergleich zu 2019.

Ardant, der mit Spendesk seinen Hauptsitz in Paris hat, sagt: „In Frankreich sind Flugreisen fast kein Thema mehr. Das Schienennetz funktioniert. Die großen Städte sind sehr gut miteinander verbunden.“ Selbst für Manager, die keinerlei schlechtes Gewissen wegen des Klimaschadens haben, würde sich das Fliegen zeitlich gar nicht lohnen, sagt der Unternehmenschef. Die Deutsche Bahn habe noch Nachholbedarf.

Unter dem Gesichtspunkt Umweltschutz ist der Wechsel ins Mietauto jedoch in allen Ländern ein Problem. Etwas anderes war für Reisende in den vergangenen zwei Jahren offenbar entscheidender, sagt auch Thomas Seidel, Deutschlandchef von Spendesk: „Vorsicht und Hygiene scheinen während der Pandemie den meisten Unternehmen und Mitarbeitern wichtiger gewesen zu sein als umweltbewusstes Reisen.“

Den Faktor Hygiene macht Seidel auch bei der Wahl der Unterkunft aus. Für Airbnb-Buchungen wendeten Unternehmen 2019 gut 204.000 Euro auf, 2021 nur noch 153.000 Euro. Für (vermeintlich) sauberere, coronakonformere Hotels stiegen die Ausgaben im gleichen Zeitraum von gut 250.000 auf 416.500 Euro.

Dass staatliche Einschränkungen das Reiseverhalten nicht zwingend beeinflussen, ließ sich in Großbritannien beobachten. Die dort ergriffenen Maßnahmen – vom kompletten Lockdown einmal abgesehen – hatten Spendesk zufolge keinen großen Einfluss auf das Verhalten der Menschen. „So hat Großbritannien zwar bereits seit Ende Januar kaum noch Einschränkungen. Und auch davor fuhr Großbritannien einen lockeren Kurs“, heißt es in der Untersuchung. Dennoch sei die Erholung zunächst schleppend angelaufen.

Das hat sich inzwischen geändert. In einer Umfrage des Verbands Deutsches Reisemanagement hatte vor einem Jahr eine große Mehrheit der befragten Unternehmen noch angegeben, die Zahl der Geschäftsreisen werde zukünftig um bis zu 30 Prozent abnehmen. Das scheint sich, Stand heute, nicht zu bewahrheiten. Einigkeit herrschte auch darin, dass die Kosten wohl steigen würden. Das ungewöhnliche Hoch der Mietwagenfirmen und die jüngsten Preiserhöhungen haben diese Aussage wiederum stärker bestätigt als gedacht.

Lesen Sie auch: Die Gewinner der Inflation

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%