Domscheit-Berg, die selbst Politikerin der Piratenpartei war, beschreibt auch die geringe Beteiligung von Frauen in der Politik, zeigt sachlich die Männerdominanz in Behörden, Gremien und Ministerien auf. Selbst in den Medien fehlen Frauen an der Spitze. Vieles hat man schon gelesen, andere Daten dagegen sind selbst versierten Feministinnen neu. Zugleich überfrachtet die Autorin die Leserinnen und Leser nicht mit Studienergebnissen.
Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen hat Gründe. Aber welche stimmen wirklich? Das beleuchtet Domscheit-Berg im zweiten Teil des Buches. Sie unterzieht eine Reihe von Erklärungen einem Check, etwa dass Frauen einfach den falschen Beruf ergriffen und statt eines sogenannten Mint-Fachs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) ein geisteswissenschaftliches Fach studierten. Doch tatsächlich ist der Gender Pay Gap in den Mint-Berufen, wo Frauen händeringend gesucht werden, sogar noch größer als in anderen Bereichen – eine Frau schadet sich also auch noch, wenn sie das "Richtige" studiert. Wie kommt das?
Mit biologistischen Erklärungen hält sich Domscheit-Berg nicht zu lange auf, denn weder hat die Steinzeit heute noch einen Einfluss auf unser Verhalten noch können die Gene für unsere Präferenzen verantwortlich gemacht werden. Stattdessen zeigt die Autorin, dass die Ursachen für die Geschlechterungerechtigkeit in einem komplexen Zusammenspiel von Erziehung, Prägung und starren Machtverhältnissen liegen. Für die Karriere heißt das: "Die lebenslange Sozialisierung führt tatsächlich häufig dazu, dass Frauen mit verstärkter Zurückhaltung ihre eigene Karriere behindern. Andererseits gelten auch hier doppelte Standards. Denn trommeln sie für ihre Leistung, gelten sie schnell als überehrgeizig und unsympathisch. Die Gratwanderung zwischen zu wenig und zu viel Selbstmarketing müssen nur Frauen beherrschen. Männern bleibt sie aufgrund anderer Geschlechtsstereotypen erspart."
Diese Unternehmen bieten die besten Karrierechancen für Frauen
Für den Frauen-Karriere-Index des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bekommen die teilnehmenden Unternehmen eine Wertung auf einer Skala von 0 bis 100. Je höher die Punktzahl, desto besser die Karrierechancen für Frauen in dem Betrieb.
Die Symrise AG kam im Jahr 2015 auf 73 von 100 Punkten - im Ranking reicht das für Platz zehn.
Quelle: Frauen-Karriere-Index
GFT Technologies AG - 75 Punkte
Jeweils 76 Punkte entfallen auf:
Intel GmbH / Intel Mobile Communications
DATEV eG
TÜV Rheinland
ING-DiBa AG
Jeweils 78 Punkte gehen an
Bombardier Transportation GmbH
Uniklinik Köln
Jeweils 79 Punkte für
Hydro Aluminium Rolled Products GmbH, Grevenbroich
SEB AG
KfW
Jeweils 80 Punkte gehen an
Siemens Betriebskrankenkasse SBK
HypoVereinsbank
SMA Solar Technology
Charité Universitätsmedizin Berlin - 81 Punkte
Jeweils 82 Punkte erreichten
Randstad Deutschland
Airbus Group Deutschland
Deutsche Telekom AG - 83 Punkte
Hewlett Packard GmbH - 85 Punkte
Domscheit-Berg reduziert die Gleichberechtigungsfrage aber nicht auf den Arbeitsmarkt oder die Frage, wer wie viel im Haushalt arbeitet. Sie thematisiert auch Sexismus und Gewalt sowie die private Partnerwahl, die immer noch entscheidend für ein Frauenleben ist. Und hier spricht sie unangenehme Wahrheiten aus: "Liebe macht leider blind, und so finden sich oft progressive Frauen mit konservativen Partnern wieder. (...) Hoch qualifizierte Frauen verlassen den Arbeitsmarkt oder Karriereleiter häufig, weil sie durch ihre Partner nicht die nötige Unterstützung erhalten, die für eine weitere berufliche Entwicklung erforderlich wäre. (...) Ist der Arbeitgeber keiner der Weltverbesserer in puncto Vereinbarkeit von Leben (...) und Arbeit, dann hängt fast alles vom Partner ab. Ist er nicht kooperativ, wird er zur Bremse für seine Partnerin, sie steigt aus oder ab oder trennt sich."
Als Ergänzung zum Buch hat Domscheit-Berg eine Website veröffentlicht, auf der sie nüchtern Zahlen, Daten und Fakten rund um den Status quo der Gleichberechtigung zusammengetragen hat. Damit will sie Interessierten die Möglichkeit geben, "Behauptungen an ihrer Datenquelle selbst nachprüfen zu können, eigene Schlussfolgerungen zu ermöglichen und insgesamt eine sachlichere Debatte zu unterstützen".