Teamarbeit steht in deutschen Unternehmen hoch im Kurs. Doch wo Menschen miteinander arbeiten, gibt es immer auch Reibereien. Ein großer Konfliktpunkt ist dabei der Ideenklau: Einer Studie von Metaberatung, einem Dienstleister für Persönlichkeitsverfahren und Personaldiagnostik, zufolge sagen 44 Prozent, dass sich Kollegen fremde Ideen während der Teamarbeit zu eigen machen und die anschließend beim Chef als ihren Vorschlag ausgeben. Und schon knallt's.
Wenn sich jemand im Team ungerecht oder respektlos behandelt fühlt, wird daraus schnell ein handfester Konflikt, wo schonmal ein barscher Ton angeschlagen wird. Das kann Folgen haben: "Wenn Kollege A zu Kollege B "Idiot" sagt, erfüllt das juristisch den Tatbestand der Beleidigung. Jetzt sollte man natürlich nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen. Aber allein arbeitsrechtlich kann so etwas Konsequenzen haben", erklärt Jurist und Wirtschaftsmediator Florian Stoll von der Kanzlei Ponschab und Partner.
Verbale Gewalt im Job
Chefs sollten bei Stress unter den Kollegen aber nicht gleich mit Kündigung drohen, sondern herausfinden, warum beide Parteien wütend aufeinander waren und wie sich die Zusammenarbeit in Zukunft verbessern lässt, sagt der Experte. Denn Streitereien im Team vergiften die Arbeitsatmosphäre.
Mit wem wir uns im Beruf am häufigsten streiten
Je mehr ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie aneinander geraten. Entsprechend gaben 37 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage "Streit - erfolgreich oder folgenreich" der IHK Frankfurt an, sich häufig mit Kollegen beziehungsweise Mitarbeitern zu streiten.
Mehr als ein Drittel gab an, sich häufig mit Führungskräften zu streiten.
Ein Viertel sagte, dass sie häufig mit der Geschäftsleitung aneinander geraten.
23 Prozent streiten sich häufig mit Kunden.
Bei 14 Prozent sind Zulieferer ein häufiger Streitgrund und -partner.
Elf Prozent streiten sich häufig mit Behörden, mit denen sie beruflich zu tun haben.
Jeweils sieben Prozent gaben an, sich mit Gesellschaftern beziehungsweise Kooperationspartnern in die Haare zu kriegen.
Nur drei Prozent geraten häufig mit Kapitalgebern und Banken aneinander.
Timo Müller spricht in diesem Zusammenhang von verbaler Gewalt im Job. Er leitet das Institut für Konfliktmanagement und Führungskommunikation und ist als Business-Trainer und Konfliktmoderator tätig. "Gewalt ist, wenn ich jemanden absichtlich verletze." Dafür braucht es keine Fausthiebe, es genügt eine spitze Zunge.
Zur Häufigkeit von psychischer Gewalt am Arbeitsplatz gibt es diverse Studien: So geht das Robert-Koch-Institut davon aus, dass neun Prozent der Deutschen am Arbeitsplatz Pöbeleien, Beleidigungen, Streit oder Mobbing ausgesetzt sind. Bei der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) ist man überzeugt, dass - abhängig von Land, Wirtschaftszweig und Untersuchungsmethode - zwischen fünf und 20 Prozent der europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Gewalt am Arbeitsplatz leiden. Bei Führungskräften liegt die Quote noch höher: Laut EU-OSHA sind 40 Prozent der europäischen Führungskräfte mit Gewalt und Beleidigungen am Arbeitsplatz konfrontiert.
Zoff im Büro schadet dem Unternehmen
Natürlich ist verbale Gewalt immer auch Definitionssache. Trotzdem: "Wenn ich weiß, dass ein Witz meinen Kollegen verletzen wird und ich erzähle ihn trotzdem, dann ist es aber auch Gewalt", fasst Müller zusammen. Und: "Dauerhaft von verbaler Gewalt betroffene Mitarbeiter werden krank. Es hat also durchaus wirtschaftliche Konsequenzen für das Unternehmen, wenn Führungskräfte nicht gegensteuern."
So stellen Sie fest, ob die Arbeitsqualität stimmt
Können die Beschäftigten Einfluss auf die Arbeitsmenge nehmen?
Ist es ihnen möglich, die Gestaltung ihrer Arbeitszeit zu beeinflussen?
Können sie ihre Arbeit selbstständig planen?
Quelle: Gute-Arbeit-Index 2015
Bietet der Betrieb berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten?
Können die Beschäftigten eigene Ideen in ihre Arbeit einbringen? Ihr Wissen und Können weiterentwickeln?
Haben Sie Aufstiegschancen?
Gibt es Wertschätzung durch Vorgesetzte? Hilfe von Kolleginnen?
Ein offenes Meinungsklima? Wird rechtzeitig informiert? Planen die Vorgesetzten gut?
Wird Kollegialität gefördert?
Haben die Beschäftigten den Eindruck, dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten? Einen wichtigen Beitrag für den Betrieb?
Identifizieren sie sich mit ihrer Arbeit?
Wird am Wochenende gearbeitet? In den Abendstunden? In der Nacht?
Wird von den Beschäftigten erwartet, ständig für die Arbeit erreichbar zu sein?
Leisten sie auch unbezahlte Arbeit für den Betrieb?
Sind die Beschäftigten respektloser Behandlung ausgesetzt?
Müssen sie ihre Gefühle bei der Arbeit verbergen?
Kommt es zu Konflikten oder Streitigkeiten mit Kund/innen, Patient/innen, Klient/innen?
Muss in ungünstigen Körperhaltungen gearbeitet werden? Bei Kälte, Nässe, Zugluft?
Müssen die Beschäftigten körperlich schwer arbeiten?
Sind sie bei der Arbeit Lärm ausgesetzt?
Widersprüchliche Anforderungen und Arbeitsintensität?
Gibt es Arbeitshetze? Unterbrechungen des Arbeitsflusses? Schwer zu vereinbarende Anforderungen?
Werden alle arbeitswichtigen Informationen geliefert?
Müssen Abstriche bei der Qualität der Arbeitsausführung gemacht werden?
Wird die Arbeit leistungsgerecht bezahlt?
Hat das Einkommen ein Niveau, dass sich davon leben lässt?
Wird die Rente, die sich aus der Erwerbstätigkeit ergibt, später zum Leben reichen?
Gibt es ausreichend Angebote zur Altersvorsorge im Betrieb?
Werden Maßnahmen zur Gesundheitsförderung offeriert?
Werden Sozialleistungen geboten, z.B. Kinderbetreuung, Fahrtkosten- oder Essenszuschüsse?
Beschäftigungssicherheit / Berufliche Zukunftssicherung?
Sind die Beschäftigten in Sorge, dass ihr Arbeitsplatz durch technische Veränderungen oder Umstrukturierungen überflüssig wird?
Machen sie sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft? Um den Arbeitsplatz?
Und die sind nicht ganz ohne: Konfliktstudien des Beratungsunternehmens KPMG zeigen, dass circa 10 bis 15 Prozent der Arbeitszeit für Streitereien mit Kollegen, Kunden und Zulieferern drauf gehen. Finanziell schlägt das mit verlorener Arbeitszeit, Fehltagen von Mitarbeitern und eventuellen Krankheitsvertretungen zu Buche. Je nach Fall können Kosten für unternehmensinterne Konflikte in die Millionen gehen. So geht die KPMG-Studie auf den Fall zweier IT-Entwicklungsabteilungen in einem international tätigen Unternehmen ein, in denen es immer wieder Streit gab.
Viele Mitarbeiter reagierten auf anhaltenden Konflikte mit „inneren Kündigungen“, Mitarbeiterbefragungen ergeben eine sehr negative Grundstimmung. Insgesamt summierten sich die Kosten für Fluktuation, Krankheits- und Fehltage, entgangene Aufträge, arbeitsrechtliche Maßnahmen und dergleichen auf 3,45 Millionen Euro.
Was tun, wenn der Chef Streit sucht?
Das Problem ist: Häufig ist es der Vorgesetzte, der den Konflikt auslöst oder der daran zumindest beteiligt ist. Das kann verschiedene Gründe haben, wie Mediator Stoll sagt. "Machtkonflikte kommen häufig vor, weil der Führungsauftrag und eine Führungspersönlichkeit nicht immer das Gleiche sind."
Vergreift sich der Vorgesetzte gern mal im Ton, gehen über kurz oder lang auch die Mitarbeiter untereinander nicht zimperlich miteinander um. Zum einen, um den eigenen Stress abzubauen, zum anderen, weil der Vorgesetzte mit seinem Verhalten vorlebt, was im Unternehmen oder der Abteilung erlaubt ist und was nicht. Konfliktforscher Müller nennt den Chef deshalb auch den zentralen Gesundheitsfaktor.
Welche Gesundheitsangebote sich Arbeitnehmer wünschen
Die Versicherung "Die Continentale" hat 600 Menschen zu ihrer Zufriedenheit mit dem Gesundheitsmanagement am Arbeitsplatz befragt. Das Ergebnis der Studie "Betriebliches Gesundheitsmanagement aus Sicht der Arbeitnehmer – was wird geboten, gewünscht und genutzt": Von den Beschäftigten, an deren Arbeitsplatz betriebliches Gesundheitsmanagement keine Rolle spielt, wünschen sich 81 Prozent medizinische Angebote wie Impfungen und Vorsorge an der Arbeitsstelle.
Auf gesunde Ernährung in der Kantine legen 77 Prozent Wert.
70 Prozent stehen Seminaren sehr offen gegenüber.
68 Prozent wünschen sich ein Sportangebot im Betrieb. Tatsächlich nutzen würden es aber laut Umfrage nur 46 Prozent.
Und dass in den Pausen beispielsweise Entspannungsübungen angeboten werden, wünschen sich 57 Prozent.
Hinzu komme, dass Reaktionen des Chefs häufig ernster beziehungsweise persönlicher genommen würden. Blökt der Kollege: "Du bist vielleicht ein Idiot", mag man das mit einem Schulterzucken abtun. Sagt der Vorgesetzte aber: "Sie sind vielleicht eine Pfeife", kommt das gleich ganz anders rüber. "Entsprechend müssen sich Führungskräfte bewusst sein, dass das, was sie zu ihren Mitarbeitern sagen – auch wenn es nur im Vorbeigehen auf dem Flur ist, eine große Wirkung hat", so Müller.
Respektloses Verhalten erstickt Kreativität
Und auch hier hat der cholerische Chef letztlich finanzielle Folgen für das Unternehmen. "Dass der Vorgesetzte Auslöser des Konflikts ist, kommt häufig vor", weiß Stoll. "Wird dieser Konflikt dann nicht aufgearbeitet, wirkt sich das negativ auf die Leistung des betroffenen Mitarbeiters aus. Unter Umständen kündigt der Betroffene sogar." Denn niemand engagiert sich auf Dauer in einem Unternehmen, in dem er respektlos behandelt wird. Bestenfalls stumpft der Betroffene nur ab, Höchstleistungen und Kreativität sind nicht mehr zu erwarten. Das trifft laut der diesjährigen Gallup-Studie immerhin auf fünf Millionen deutsche Arbeitnehmer zu - das sollte Unternehmern zu denken geben.
So legen Unternehmen ihre Streitigkeiten bei
Hierunter werden die Verfahren vor den ordentlichen Gerichten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten verstanden. Diese Verfahren dienen der Feststellung, Durchsetzung und Sicherung privater Rechte. Geregelt sind die Prozesse in den jeweiligen Prozessordnungen. Die Verfahren gliedern sich in die Prüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit des Verfahrens. Insbesondere der erste Teil ist strikt formalisiert. Ist die Klage zulässig, fällt das Gericht auf Antrag ein Urteil zur Begründetheit der Klage. Gegen die Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts stehen – je nach Art der Entscheidung – verschiedene Rechtsbehelfe und Rechtsmittel zur Verfügung (Beschwerde, Berufung, Revision). Erst wenn der Rechtsweg erschöpft oder die Fristen für die Rechtsmittel verstrichen sind, ist das Urteil rechtskräftig. Auch die Justiz geht mit der Zeit und bietet allen Rechtsschutzsuchenden seit August 2013 das "Güterichterverfahren" an, in dem ein Rechtsstreit einem nicht entscheidungsbefugten Richter übergeben wird. Dieser Richter unterstützt die Parteien kostenneutral, mediativ und auch mit rechtlichen Hinweisen sowie Lösungsvorschlägen bei der Streitbeilegung.
Quelle: IHK Frankfurt
Schiedsgerichte sind private, d.h. nichtstaatliche Gerichte. Bei einem Schiedsgerichtverfahren trifft ein vorher durch die Parteien festgelegtes Schiedsgericht als einzige Instanz eine endgültige und vollstreckbare Entscheidung. Ein Schiedsgerichtsverfahren ähnelt im Ablauf einem ordentlichen Gerichtsverfahren, wobei die Parteien grundsätzlich mehr Einfluss auf den Ablauf haben; zum Beispiel benennen sie die Schiedsrichter. Dies ermöglicht den Parteien, Richter mit branchenspezifischen Kenntnissen auszuwählen. Das Schiedsgericht kann nur dann über eine Streitigkeit richten, wenn sich die Parteien zuvor auf diese Form der Konfliktlösung in einer Schiedsklausel geeinigt haben. Nota bene: Bei der Frage nach dem Vorhandensein von Einrichtungen zur Konfliktlösung in Unternehmen konnte dieses Verfahren als unternehmensexterne Konfliktlösungseinrichtung keine Erwähnung finden.
Die Schlichtung ist ein freiwilliges Verfahren. Der Ablauf ist dahingehend flexibel, dass die Parteien den zeitlichen Rahmen, die Struktur und den Inhalt des Verfahrens selbst bestimmen können. Schlichtungsverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass der Schlichter aktiv durch konkrete Vorschläge die Einigung herbeiführt. Hierbei berücksichtigt er in erster Linie die Interessen der Konfliktparteien, ggf. zusätzlich wirtschaftliche, finanzielle und/ oder persönliche Aspekte der Beteiligten.
Die Mediation ist ein strukturiertes freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes. Die Konfliktparteien wollen durch Unterstützung einer dritten "allparteilichen" Person zu einer gemeinsamen Vereinbarung gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der Mediator trifft dabei keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.
"Ist der Chef Teil des Konflikts, muss idealerweise ein Externer ran. Denn oft fehlt der Blick der Führungskraft für Konflikte. Der Chef sagt dann, dass alles gut ist, obwohl der Mitarbeiter sich zum Beispiel von ihm respektlos behandelt fühlt", so Müller. Dem Mitarbeiter fehlen aufgrund der unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen oftmals auch die Möglichkeiten, sich richtig zu wehren.
Hat sich der Chef im Ton vergriffen, sollte man theoretisch etwas sagen wie: "Sie können mich kritisieren, aber der Tonfall ist so nicht in Ordnung." In der Praxis trauen sich das aber nur wenige. Sie schlucken ihren Ärger runter, bis er sich zu einem stattlichen Magengeschwür entwickelt hat oder lassen ihn bei nächster Gelegenheit an Kollegen, Freunden oder der Familie aus.
"Dem Mitarbeiter bleibt eigentlich nur der Weg über den Betriebsrat oder die Personalabteilung", sagt auch Stoll. Denn: "Geht der Mitarbeiter den Weg über den Vorgesetzten des Vorgesetzten, kann das die Situation noch verschlimmern."
Konfliktmanagement ist Chefsache
Entsprechend ist es an den Führungskräften, Konflikte auszuräumen. Stoll: "Führungskräfte haben die Pflicht, direkt zu reagieren und ein Fehlverhalten klar anzusprechen, wenn sie es direkt erleben." Kenne man den Vorfall dagegen nur vom Hörensagen, sei Vorsicht geboten. Stoll rät in einem solchen Fall, zunächst mit dem Team über Regeln für die Zusammenarbeit zu sprechen und klar zu machen, dass Beleidigungen nicht erwünscht seien. Wer sich selbst dabei erwischt, andere schlecht zu behandeln, solle dies ebenfalls kommunizieren.
"Dass man sich im Ton vergreift, ist ja menschlich. Wer dann sagt: 'Kommando zurück, lass uns noch einmal von vorne anfangen', zeigt Größe." Und spart Geld. Denn vieles lasse sich auf dem kurzen Dienstweg klären - ohne Mediator. Hat es dagegen so schwer geknallt, dass die betroffenen Parteien den Streit partout nicht lösen können, könne ein externer Mediator helfen.
So werden Sie in Ihrem Unternehmer zum Konfliktlöser
Der unternehmensinterne Konfliktmoderator sollte professionell trainiert sein. Die Lektüre von Fachtexten zum Konfliktmanagement kann hilfreiche Impulse liefern. Sie kann aber eine professionelle Qualifikation nicht ersetzen. Als Konfliktmoderator ist es entscheidend, auch die psychischen Prozesse des Konfliktes zu erkennen und zu berücksichtigen. Wer das nicht kann, muss sich entweder weiterbilden oder einen externen Experten beauftragen.
Quelle: Institut für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (www.ikuf.de).
Der Vorteil eines unternehmensexternen Konfliktmoderators ist, dass dieser in den meisten Fällen ein größeres, fachspezifisches Know-how hat und in der Begleitung von Konfliktmoderationsprozessen geübter ist. Außerdem wird eine externe Person eher als überparteilich wahrgenommen – und nicht als „verlängerter Arm“ der Geschäftsführung. Dies ist unter anderem bei der Moderation von Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern relevant.
Es ist wichtig, wie der Anlass einer Konfliktmoderation kommuniziert wird – insbesondere wenn die Mitwirkung der Streitenden nicht freiwillig ist. Stellen Sie keine Problembeschreibungen in den Vordergrund, sondern positive Ziele des Konfliktmoderationsprozesses, für deren Erreichen sich Mitmachen und auch Anstrengungen lohnen.
Setzen Sie sich in Ihrem Unternehmen für eine konstruktive Fehler-Kultur ein, die Fehler nicht als Schuldfrage behandelt, sondern als Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Sie verhindern dadurch, dass Konflikte von Führungskräften „unter den Teppich gekehrt werden“ und die Illusion eines konfliktfreien Unternehmens entsteht.
Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern Rückmeldungen über deren Leistungen geben, sind dies Situationen, die leicht zu Konflikten führen können. Bilden Sie Ihre Führungskräfte in der Feedback-Kommunikation fort, damit diese konfliktvorbeugend und auch deeskalierend handeln können.
Geht es nur darum, dass Kollegin Schmidt Kollege Meyer einen Idiot nennt, sieht Konfliktforscher Timo Müller die Sache gelassen: "Die Mitarbeiter sind ja erwachsen und können das alleine klären", sagt er. Vorgesetzte müssten erst dann einschreiten, wenn die Parteien nicht weiter kämen. "Die Führungskraft sollte im Idealfall der erste Konfliktmanager im Haus sein, es bietet sich jedoch an, Personen zu Konfliktmanager auszubilden, die keine Führungsposition inne haben, damit sie vermitteln können, wenn zwischen Mitarbeitern und Chefs der Blitz einschlägt", ergänzt Stoll.
Der Chef kann kein Seelsorger sein
Nach Müllers Erfahrung gehe es aber nicht darum, den Chef noch zum Vertrauenslehrer und Seelsorger zu machen. Er sei jedoch "primär dafür verantwortlich, Bedingungen zu schaffen, die dem Personal einen erfolgreichen Umgang mit Konflikten ermöglicht." Denn je stressiger die Arbeit, je höher Druck und Anforderungen und je knapper Deadlines sind, desto gereizter ist die Stimmung und desto eher vergreift man sich im Ton. "Arbeitsbedingungen schaffen cholerische Reaktionen mit", weiß Müller aus der Praxis. Und die Arbeitsbedingungen sind nichts, was die Angestellten grundlegend beeinflussen können.
Er sieht darüberhinaus die Personalabteilungen in der Pflicht: Ihre Aufgabe sei es, zu entscheiden, ob ein Konflikt zwischen Mitarbeitern durch die Beteiligten selbst gelöst werden kann oder ob ein unbeteiligter Dritter hinzugezogen werden müsse. Ob derjenige aus der Personalabteilung, vom Betriebsrat oder von extern kommt, ist zunächst unerheblich.
Desweiteren sei es der Job der HR-Kräfte, Angestellte und Führungskräfte mit professionellem Konfliktmanagement-Know-how auszustatten. So ließe sich Streit verhindern beziehungsweise bestehende Konflikte deeskalieren. Wichtig sei, die Streitigkeiten - egal zwischen wem - zu lösen und nicht unter den Teppich zu kehren.
Mediator Stoll bringt es auf den Punkt: "Letztlich sind Konflikte normal. Die Frage ist, wie professionell man damit umgeht."