
Zwischen Gökhan Kizilays alter und neuer Arbeitsstelle liegen gut 500 Kilometer und knapp 60 Jahre: 500 Kilometer beträgt die Strecke zwischen Schwaben und Berlin, 60 Jahre sind zwischen den Gründungen seines letzten und neuen Arbeitgebers vergangen. Heute arbeitet Kizilay für Contorion, einen digitalen Fachhändler, der Handwerksbedarf an Privat- und Geschäftskunden verkauft. Contorion ist ein klassisches Start-up aus Berlin.
Bevor Kizilay zu dem Onlinemarktplatz wechselte, arbeitete er fünfzehn Jahre für ein großes, am Markt etabliertes Unternehmen, das ebenfalls mit Handwerksbedarf handelt. Dort machte er eine klassische Karriere.
Die Entscheidung, das hinter sich zu lassen, traf Kizilay nicht unüberlegt. Über einen Bekannten, der schon im Unternehmen arbeitete, entstand der erste Kontakt zu Contorion. Das Angebot, dort ebenfalls einen Job anzunehmen, schlug er zu diesem Zeitpunkt jedoch noch aus.
Ein Chefwechsel brachte ihn ins Grübeln
Erst nachdem die Führungsspitze seines bisherigen Arbeitgebers wechselte, geriet er nochmals ins Grübeln. Um endgültig zu einer Entscheidung zu gelangen, legte er eine große Strecke zurück: Gut 2000 Kilometer fuhr er mit dem Motorrad bis nach Istanbul um, wie er heute sagt, seinen inneren Jakobsweg zu bestreiten. Besonders die vielen ruhigen Momente, die er alleine verbrachte, gaben ihm den nötigen Raum zum Nachdenken. Am Ende stand für ihn fest: Er würde das Traditionsunternehmen für ein Start-up verlassen.





Nach den Gründen für seine berufliche Neuorientierung befragt, gerät er ins Schwärmen. Als ein möglicher Wechsel zu Contorion zum ersten Mal ein Thema wurde, suchte er das Gespräch mit den Gründern. Von ihnen lässt er sich das Business-Konzept erklären – auch um sich sicher zu sein, dass er nicht in ein Unternehmen wechselt, das in fünf Jahren nicht mehr am Markt ist. Am Ende ist er überzeugt: „Die haben eine Euphorie und einen Tatendrang ausgestrahlt. Beides habe ich so schon länger nicht mehr erlebt.“
Worauf die Deutschen bei einem neuen Job Wert legen
97 Prozent der 2014 von forsa befragten 2.001 Bundesbürger sagten, dass sie bei einem neuen Job sehr viel Wert auf angenehme Kollegen legen.
Nur knapp dahinter folgt der sichere Arbeitsplatz, den 96 Prozent als sehr wichtig erachten.
95 Prozent wünschen sich Respekt und Anerkennung durch die Vorgesetzten.
Ein gutes Gehalt ist 93 Prozent wichtig beziehungsweise sehr wichtig.
90 Prozent wünschen sich von der neuen Stelle, dass sie abwechslungsreiche Tätigkeiten mit sich bringt.
Für 89 Prozent ist es wichtig bis sehr wichtig, dass der neue Job unbefristet ist.
88 Prozent der Befragten sagten, dass ihnen die Moralvorstellungen und das Leitbild des Unternehmens wichtig sind. Ebenfalls 88 Prozent legen sehr großen Wert darauf, dass sie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im neuen Unternehmen haben.
Flexible Arbeitszeiten wünschen sich 70 Prozent im neuen Job.
Wichtig beziehungsweise sehr wichtig finden 65 Prozent Mehrwertleistungen des Unternehmens wie beispielsweise eine Betriebsrente, Mitarbeiterrabatte oder einen Dienstwagen.
64 Prozent wünschen sich, im neuen Unternehmen für besonders gute Leistungen auch Bonuszahlungen zu bekommen.
59 Prozent wünschen sich im neuen Job Führungsverantwortung zu übernehmen, zumindest aber, Projektleiter zu werden.
Sein Umfeld reagiert auf die Entscheidung positiv, allen voran seine Familie. Doch auch Freunde und Kollegen unterstützen den 49-Jährigen. „Mutig und cool waren die Worte, die ich am häufigsten gehört habe“, erzählt Kizilay. „Ich hatte das Gefühl, dass manche auch ein wenig eifersüchtig waren, dass sie sich das selber nicht getraut haben.“
Kizilays Beweggründe bezeichnet die Psychologie als Pull-Motivation. In der Erwartung auf bessere Umstände treffen Menschen die Entscheidung zu wechseln.