Techniker Krankenkasse und Ifo-Institut melden Starker Anstieg von Krankmeldungen

Quelle: dpa

Im Zuge der Coronakrise haben sich deutlich mehr gesetzlich Krankenversicherte krankgemeldet als in den letzten 21 Jahren. Sowohl im März als auch im April zeigt sich deutlich höhere Zahlen. Das bleibt nicht ohne Folgen.

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Der Krankenstand bei den Pflichtmitgliedern in der gesetzlichen Krankenkasse ist im April in der Coronakrise deutlich gestiegen. „Er lag mit 6,5 Prozent viel höher als der Durchschnitt der Aprilmonate der Jahre 1998 bis 2019, der 3,9 Prozent betrug“, sagt Timo Wollmershäuser, der Leiter der Konjunkturforschung beim Ifo-Institut unter Berufung auf Zahlen des Bundesministeriums für Gesundheit. Insgesamt waren 840.000 Mitglieder mehr arbeitsunfähig gemeldet als üblich. Im März lag der Krankenstand laut Ifo noch bei 4,5 Prozent.

Ein deutlich verschärftes Bild zeigte sich hingegen auch schon im März bei der Techniker Krankenkasse (TK). Dem Versicherer zufolge haben sich auch schon im März so viele Arbeitnehmer krank gemeldet wie seit 20 Jahren nicht mehr. Laut einer Auswertung der Kasse, die der Funke Mediengruppe vorliegt, lag der Anteil krankgeschriebener Beschäftigter auch da bereits bei 6,84 Prozent. Zum Vergleich: Der Höchststand im Vorjahr soll bei 5,30 Prozent gelegen haben. Als Grund für die Krankschreibung wurden vor allem Erkältungskrankheiten genannt. Der Chef der TK, Jens Baas, vermutet, dass ein großer Anteil des überdurchschnittlich hohen Krankenstandes mit präventiven Krankmeldungen aufgrund der Corona-Pandemie zu erklären ist.

Schon Anfang Mai hatte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) berichtet, der Krankenstand sei während der Corona-Krise stark gestiegen. Vor allem Branchen die durch die Coronakrise von Kurzarbeit betroffen sind, melden einen hohen Anstieg an Krankmeldungen.

„Der erhöhte Krankenstand dürfte sich über einen Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden auf die Konjunktur im zweiten Quartal 2020 auswirken“, fügt Wollmershäuser an. Unter der Annahme, dass der Krankenstand bei allen Arbeitnehmern ähnlich hoch ist und sich im Mai in einer ähnlichen Größenordnung wie im April bewegt, dürfte die saisonbereinigte Veränderungsrate des Arbeitsvolumens gegenüber dem Vorquartal nach Schätzungen des ifo Instituts um 0,8 Prozentpunkte niedriger ausfallen. „Während der Grippewelle im ersten Quartal 2018 lag der dämpfende Effekt auf die Arbeitsstunden mit minus 0,5 Prozentpunkten deutlich niedriger“, sagt Wollmershäuser.

Die Krankenkassen rechnen überdies mit weniger Einnahmen wegen der Coronakrise. „Wir erwarten für 2020 Mindereinnahmen im gesetzlichen Krankenversicherungssystem von 4,8 Milliarden Euro“, sagte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassenverbands VDEK, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Ausgabensteigerungen seien noch unklar, ersten Schätzungen zufolge summierten sich aber allein die Ausgleichszahlungen für Pfleger und Therapeuten sowie die Kosten für die Ausweitung der Corona-Tests auf symptomfreie Personen auf 3,3 Milliarden Euro. Wie hoch die Gesamtbelastungen für die gesetzlichen Krankenkassen genau sind, stelle sich erst in einigen Monaten heraus.

Gründe für die sinkenden Einnahmen sind unter anderem die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, wie etwa gestiegene Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit. Auf der anderen Seite entstehen Zusatzausgaben etwa durch die Aufstockung von Intensivbetten oder durch die Übernahme der Kosten auch für symptomunabhängige Coronatests. Allerdings sind vorübergehend auch Ausgaben gesunken, weil Operationen und Behandlungen aufgeschoben wurden. Bereits Mitte Mai hatten die gesetzlichen Krankenkassen wegen Zusatzausgeben und erwarteten Mindereinnahmen durch die Coronakrise staatliche Unterstützung gefordert. Angesichts der geplanten Ausweitung von Corona-Tests pochten die Kassen zuletzt darauf, dass der Staat die Kosten mitträgt.


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