Ingenieur allein reicht nicht Ohne unternehmerisches Denken keine Karriere

Immer mehr Ingenieure satteln noch ein BWL-Studium oben drauf. Denn Fachwissen alleine bringt niemanden mehr in Spitzenpositionen. Wer Karriere machen will, braucht unternehmerisches Denken und Managementkenntnisse.

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Ein Studium allein reicht heute nicht mehr, um Karriere zu machen. Quelle: dpa

Björn Lamprecht war mit seinem Diplom als Maschinenbau-Ingenieur, Fachrichtung Produktionstechnik, nicht zufrieden. Der 1,91 Meter große Mann wollte hoch hinaus. Also studierte er direkt im Anschluss allgemeinen Maschinenbau. Doch das reichte Kirchheimer immer noch nicht: „Ich fühlte mich zu einseitig aufgestellt und wollte nun die Betriebswirtschaft nachholen“, sagt der heute 52-Jährige Wirtschaftsingenieur. Seine Eltern haben ihn in diesem Wunsch unterstützt. Mit 27 Jahren hatte er drei Studiengänge und den Wehrdienst abgeschlossen und startete gut gerüstet ins Berufsleben.
Der heutige Geschäftsführer des Solarunternehmens Goldbeck Solar glaubt, dass er sich mit der Kombination aus technischem Verständnis und betriebswirtschaftlichem Denken leichter getan hat, sich beruflich zu entwickeln. „Ich kann an technische Sachverhalte in der Rolle eines Controllers ein Preisschild hängen“, erzählt Lamprecht.

Dennoch sei die Anzahl der Studiengänge nicht ausschlaggebend gewesen für seinen Posten als Chef von 80 Mitarbeitern. „Es geht mehr um gesunden Menschenverstand, Neugier, Willen und Instinkt.“ Sein tägliches Geschäft: Kundenorientiert auf dem Solarmarkt zu agieren und für die nötige technische Qualität zu sorgen. Sein Grundwissen und seine Berufserfahrung helfen ihm im Alltag, die richtigen Fragen zu stellen und vorhandene Prozesse sukzessive zu verbessern.

Björn Lamprecht hat drei Studienabschlüsse und ist Chef von Goldbeck Solar. Quelle: Presse

Auch seine Mitarbeiter unterstützt der Unternehmer heute dabei, ihr BWL-Wissen zu vertiefen. „Nur wer über ein fundamentales Wissen verfügt, kann Strukturen vollumfänglich hinterfragen und mit neuen Ideen zielgerichtete Impulse setzen“, sagt der ehemalige Fußballer und Trompeter.

Der große Traum: einmal Chef sein

Einmal Chef eines kleineren Unternehmens zu sein, das kann sich Mehmet Soysal ebenfalls vorstellen. „Aber nur, wenn die Work-Life-Balance stimmt“, schmunzelt der 22-jährige Masterstudent.

Was wollen die Studenten nach dem Abschluss machen?

Die Grundlagen für seine Aufstiegsmöglichkeiten setzte er an der Uni Stuttgart mit einem Bachelor der technischen BWL. „Das waren etwa drei Viertel Betriebswirtschaft und ein Viertel Technik“, fasst Soysal zusammen. Dass die Kombination für ihn stimmt, konnte er in den vergangenen Jahren als Werkstudent bei Festo, für die er auch im Ausland war, ausprobieren.

Den Masterabschluss als Karriere-Booster

Im Bereich des globalen „Product Life-Cycle Data Managements“ von Festo geht es um technische und qualitative Aspekte rund um Produkte der Automatisierungstechnik. Und deren Kosten. „Das Material soll weltweit hohe Anforderungen erfüllen und gleichzeitig einen möglichst geringen Aufwand vor Ort erfordern, sodass administrative Kosten im Rahmen bleiben. Hier sind weltweit hohe Einsparpotenziale möglich“, sagt der Masterstudent, der zeitgleich bei Festo beschäftigt ist.

Den Master macht er, weil er glaubt, dass ihm der Titel für seinen späteren Karriereweg helfen wird.

Erfahrungen im Ausland sammeln als Karriere-Voraussetzung

„Inhaltlich ist der Unterschied gar nicht mehr so groß“, sagt Soysal, der Problemstellungen gerne analytisch angeht. Das Auslandspraktikum für Festo in den USA sei ein weiterer wichtiger Baustein für das Berufsleben gewesen. „Es war wichtig zu sehen, wie Menschen an anderen Standorten arbeiten. Auch für mein Englisch war der Aufenthalt ideal.“ Mit der Studium der Technischen BWL hat Soysal für sich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Technische Produkte zu verstehen und sie betriebswirtschaftlich einzuordnen fällt ihm heute deutlich leichter. „Ingenieure und Betriebswirte sprechen manchmal verschiedene Sprachen. Ich sehe mich da als Vermittler, der beide Seiten versteht.“

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Auch Manfred Greisel verband Technik und Betriebswirtschaft für seine Karriere in idealer Weise. Besonders wichtig für ihn: Erfahrungen im Ausland sammeln. So verbrachte er während seines nebenberuflichen MBA-Studiums 2014 zwei Monate in Pittsburgh. Die Universität Augsburg, an der der Chemie-Ingenieur damals eingeschrieben war, hat mit dieser US-Hochschule eine Kooperation. Die Investition von knapp 30.000 Euro und seinem gesamten Jahresurlaub für die Zeit im Ausland hat sich gelohnt.

Aktiv mitgestalten, statt Befehle ausführen

Seit seinem Diplom an der TU München 2010 arbeitet Greisel bei Wenger Engineering, einem Spezialisten für thermodynamische Simulationsprozesse in Ulm mit knapp 30 Mitarbeitern. Dank des MBA-Abschlusses stieg er dort zum Teamleiter mit Personalverantwortung für zehn Kollegen auf. Heute ist Greisel für das operative Geschäft verantwortlich und betreut Projekte auf drei Kontinenten. Seine Kunden sind unter anderem Toyota, Honda, Daimler R&D und der amerikanische Automobilverband. „Ohne das betriebswirtschaftliche Know-how und meine Zeit in den USA wäre ich nicht da, wo ich heute bin“, sagt der 31-Jährige.

„Heute gestalte ich die Firma aktiv mit“, freut sich Greisel. Er hatte als zweiter Ingenieur bei Wenger Engineering angefangen und arbeitet nun sehr eng mit der Geschäftsführung zusammen. Beim Mittelständler fühlt sich der Experte für Simulationen sehr wohl: „Ich bin keine kleine Nummer in einem Großraumbüro, ich habe Aufstiegschancen und sehe die Ergebnisse meiner Arbeit.“

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