Um aus dem Kreislauf aus Ja und Überforderung auszubrechen, muss man zunächst einmal bemerken, dass es überhaupt ein Problem gibt, so Frick. "Bei manchen braucht es einen starken Leidensdruck von Außen: Wenn beispielsweise der Partner sagt, dass er eine Trennung in Erwägung zieht, wenn man weiterhin alle Extraarbeiten erledigt, die der Chef einem aufträgt und deshalb nie zuhause ist", sagt er.
Außerdem müsse der Betroffene etwas ändern wollen. Denn der Prozess der Abgrenzung kann unbequem werden. Frick: "Um mich abzugrenzen, muss ich mir vorher überlegen, welche Konsequenzen mein Nein hat und bereit sein, diese Konsequenzen auch auszuhalten." Der bequeme Ja-Sager muss also auf einmal die Verantwortung für seine Entscheidungen und sein Handeln übernehmen.
So fällt das Nein sagen leichter
Machen Sie sich klar, warum Ihnen das Nein sagen schwer fällt. Haben Sie Angst vor Ablehnung, vor Verlust von Sympathien, Retourkutschen? Malen Sie sich die Konsequenzen Ihrer Ablehnung aus: Was kann denn schlimmstenfalls passieren, wenn Sie Nein sagen?
Bevor sie zu etwas Ja oder Nein sagen, denken Sie in Ruhe darüber nach: Haben Sie Zeit, sich um den Hund Ihres Nachbarn zu kümmern? Wen oder was müssen Sie dafür vernachlässigen? Müssen Sie Ihr Hobby vernachlässigen, weil Sie die Abendrunde mit dem Nachbarshund drehen müssen? Wie groß ist der Druck, der Ihnen durch diese zusätzliche Aufgabe entsteht?
Machen Sie sich klar, wem und was Sie Ihre Zeit opfern wollen. Machen Sie nichts, das Ihnen unwichtig erscheint, wenn Sie dafür Ihrer Meinung nach Wichtiges vernachlässigen müssen.
Wenn Sie prinzipiell bereit sind, beispielsweise dem Kollegen beim Umzug zu helfen, bloß nicht den ganzen Tag dafür Zeit haben, sagen Sie das. Setzen Sie zeitliche Grenzen.
Auch in anderen Bereichen gilt: Kommunizieren Sie, was Sie bereit zu tun sind und was nicht.
Sagen Sie nicht: „Ich würde ja sehr gerne, aber mein Partner wird dann wieder sauer...“ oder ähnliches. Sondern sagen Sie klar, dass Sie etwas nicht wollen oder keine Zeit dafür haben.
Wichtig ist, dass man konsequent beim Nein bleibt und daraus kein "Eigentlich habe ich keine Zeit für dich, aber..." wird. Eine Studie unter 120 amerikanischen Studenten, die im "Journal of Consumer Research" veröffentlicht wurde, zeigt, welchen Unterschied die Formulierung in punkto Konsequenz ausmachen kann. Die Studenten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine sollte auf Versuchungen, beispielsweise auf Eiscreme, reagieren, in dem sie sich sagte: "Ich kann kein Eis essen." Die andere reagierte mit "Ich esse kein Eis". Von den Studenten aus der "ich kann nicht"-Gruppe wurden 61 Prozent am nächsten Süßigkeiten-Regal schwach, bei der Kontrollgruppe waren es nur 36 Prozent.
Die Forscher wollten darüber hinaus herausfinden, ob die Formulierung auch einen Einfluss darauf haben kann, ob wir dauerhaft bei unserem Nein bleiben. "Man kann sich auf seine Arbeit konzentrieren, wenn es sein muss, aber wie vermeiden Sie auch täglich ablenkende Verhaltensweisen? Mit anderen Worten: Gibt es eine Möglichkeit, Nein zu sagen und dabei zu bleiben?", heißt es in der Studie. Und das Ergebnis: Ja, die gibt es. In einem weiteren Versuch wurden die Studienteilnehmer in drei Gruppen geteilt:
- Eine sollte einfach "Nein" zu Versuchungen sagen.
- Gruppe zwei sollte sich sagen: "Ich kann nicht" - Beispielsweise "Ich kann das Tennistraining heute Abend nicht ausfallen lassen".
- Und die dritte Gruppe sollte die "ich werde nicht"-Strategie nutzen, also "Ich werde das Tennistraining heute Abend nicht ausfallen lassen."
Der Ton macht das Nein
Auch auf lange Sicht erzielte die Ausrede "ich kann nicht" das schlechteste Ergebnis, wogegen die "ich werde nicht"-Gruppe zum großen Teil bei ihrem Vorsatz blieb. Wer sich dazu entscheidet, Nein zu sagen, sollte das also auch klar formulieren: Ich übernehme keine Extraarbeit der Kollegen, ich mache nichts, wofür ich keine Zeit habe, ich treffe mich nicht mit Menschen, die ich nicht sehen möchte.
Die Körpersprache hilft ebenfalls beim Nein sagen: Wer sich verlegen an der Kleidung nestelt, auf die eigenen Schuhspitzen starrt und den Kopf einzieht, während er ein "eigentlich lieber nicht" haucht, wirkt nicht nur wenig überzeugend, sondern gibt sich auch selbst keine Rückendeckung. Stattdessen den Rücken gerade halten, den Kopf erheben und sagen: "Nein, ich habe keine Zeit dafür." Dann bleibt nämlich wieder Zeit für die eigene Arbeit - und auch für die Freizeit.