
Europas Jugend hat ein Problem. Es versteckt sich hinter Begriffen wie befristete Arbeitsverträge, unbezahlte Praktika, keine Ausbildung, aber auch hinter Absagen wie: "Leider haben Sie zu wenig Berufserfahrung für den Job." Das ist das Fazit des Skills Outlook 2015 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu den Beschäftigungsaussichten der Generation unter 30. Demnach waren im Jahr 2013 39 Millionen Europäer zwischen 16 und 29 Jahren ohne Job oder Ausbildung. Das sind fünf Millionen mehr als vor der Finanzkrise im Jahr 2008.
20 Millionen dieser Jugendlichen haben weder eine Schule besucht noch sind sie auf Jobsuche. "Dadurch sind sie möglicherweise im Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktsystem ihres Landes nicht mehr erfasst", heißt es in dem Bericht. 20 Millionen junge Europäer fallen durch das Raster - und niemand merkt es. Das ist nicht nur für die Betroffenen eine Katastrophe, sondern auch für die Wirtschaft der jeweiligen Länder. "Junge Menschen sollen für die Wirtschaft ein Vorteil, keine potenzielle Belastung sein", so die OECD.
Was macht die EU gegen Jugendarbeitslosigkeit?
Für die sogenannte Jugendgarantie sind sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 einplant. Auf diese EU-Gelder können die Staaten zurückgreifen, um Menschen unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten zu einer Arbeit, einer Ausbildungsstelle oder einem Praktikum zu verhelfen. Die EU-Kommission setzt sich dafür ein, dass vorgesehene Fördergelder schneller zum Einsatz kommen und schon in den kommenden beiden Jahren verwendet werden. Allerdings steht die endgültige Einigung auf den Finanzrahmen 2014 bis 2020 der Union noch aus.
Schon 2012 hatten die EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen, das Kapital der Hausbank der EU um 10 Milliarden Euro aufzustocken, um sie schlagkräftiger zu machen. EIB-Präsident Werner Hoyer hat nun im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eine Vorfinanzierung von EU-Initiativen angeboten. „Wir sollten überlegen, das vorzufinanzieren, um rasch Wirkung zu erzielen“, sagte Hoyer der „Welt am Sonntag“.
Die EU verstärkt ihren Kampf gegen die gefährliche Kreditklemme für Mittelständler in südeuropäischen Krisenländern. EU-Kommission und Europäische Investitionsbank (EIB) wollen dafür EU-Töpfe wie Regionalförderung und Forschungsrahmenprogramm mit Geldern der EIB kombinieren, um mehr Bürgschaften zu vergeben.
Doch woran liegt es, dass Europa offenbar auf die Arbeitskraft von 39 Millionen Menschen verzichten kann? Zum einen tatsächlich an den schlecht ausgebildeten Schulabgängern, wie die Unternehmen häufig beklagen. Eine OECD-Erhebung aus dem Jahr 2013 zu den Lese- und Rechenfähigkeiten Erwachsener (PIAAC) hat gezeigt, dass 14 Prozent der jungen Absolventen sich mit der alltäglichen Mathematik schwer tun, 10 Prozent haben Probleme mit dem Lesen. Bei den Schülern, die kein Abitur oder einen vergleichbaren Abschluss gemacht haben, fallen 40 Prozent durch Schwierigkeiten beim Rechnen oder schlechtes Leseverständnis auf.
Und wenn die jungen Menschen die Schule verlassen, haben sie außerdem keine Ahnung vom Arbeitsleben oder dem gewünschten Job. Und zwar unabhängig vom Bildungsweg. "Weniger als 50 Prozent der Teilnehmer beruflicher Bildungsgänge und weniger als 40 Prozent der Teilnehmer akademischer Bildungsgänge haben eine arbeitsplatzierte Ausbildung", heißt es im OECD-Bericht. 12 Prozent der europäischen Jugendlichen arbeiten in Jobs, für die sie überqualifiziert sind. Hauptsache Arbeit, lautet gerade in Südeuropa das Motto.
Was Schüler in der neunten Klasse können sollen
Es ging um die Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Physik) – und zwar über alle Schulformen hinweg. In Mathematik wurden sechs Kompetenzformen aus dem gesamten Spektrum mathematischen Arbeitens untersucht, wie „Probleme mathematisch lösen“ aber auch „Raum und Form“ sowie „Daten und Zufall“. In den Naturwissenschaften ging es vor allem um Grundbildung, aber auch um fachübergreifendes Problemlösen.
Die Aufgaben wurden auf der Grundlage der von den Kultusministern für alle Bundesländern verbindlich eingeführten Bildungsstandards für diese Fächer entwickelt – unter Mitwirkung von Schulpraktikern. Bildungsstandards beschreiben, was ein Schüler am Ende einer Jahrgangsstufe können soll. Sie gelten für Lehrer als pädagogische Zielvorgabe und haben damit die zuvor in allen Bundesländern unterschiedlichen Lehrpläne abgelöst.
Die Untersuchung fand vormittags in der Schule statt und dauerte jeweils etwa dreieinhalb Zeitstunden (inklusive Pausen). Hinzu kamen anschließend Interviews mit Schülern, Fachlehrern und Schulleiter über die Lernbedingungen.
Der „Klassiker“ ist die weltweite PISA-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Des weiteren gibt es noch die internationale IGLU-Grundschulstudie und die internationale TIMSS-Untersuchung mit den Schwerpunkten Mathematik und Naturwissenschaften – sowohl für die Grundschule als auch für die achten Klassen. Allerdings haben die Kultusminister bei PISA und IGLU die zuvor üblichen Bundesländervergleiche gestoppt. Deutschland macht zwar bei den internationalen Studien weiter mit, aber nur noch mit einer kleineren nationalen Stichprobe – etwa 5000. Dies ermöglicht kein Bundesländer-Ranking.
Darüber lässt sich nur spekulieren: Die Kultusminister können die politisch brisanten Bundesländervergleiche auf der Basis ihrer eigenen vereinbarten Bildungsstandards sicherlich besser steuern. Auch das IQB arbeitet im Auftrag der Kultusministerkonferenz. Zuvor war es vor allem mit den internationalen PISA-Forschern der OECD wegen der ungünstigen deutschen Chancengleichheitswerte und der Schulstrukturfrage immer wieder zu Konflikten bei der Interpretation von Daten gekommen.
Überraschend ist, dass neben allen ostdeutschen Ländern diesmal aus dem Westen nur Bayern und Rheinland-Pfalz durchgängig gut abschneiden. Mathematik und Naturwissenschaften waren eine Domäne der DDR-Schulen. Auf die Fachlehrerausbildung legte man hier besonderen Wert. Auch spielen die Naturwissenschaften auf den Stundentafeln der ostdeutschen Schulen heute noch eine größere Rolle als im Westen.
Die Studie belegt erneut die erschreckend hohe Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft in Deutschland. Neuntklässler aus der Oberschicht haben gegenüber Gleichaltrigen aus bildungsfernen Schichten einen Lernvorsprung in Mathematik von fast drei Schuljahren.
Bildungsexperten raten seit Jahren, nicht ganze Bundesländer miteinander zu vergleichen, sondern besser Regionen mit ähnlichen Wirtschaftsstrukturen und Problemlagen. Also etwa Berlin mit dem Ruhrgebiet, wegen der hohen Ausländerquoten unter den Schülern, oder ländliche Gebiete im Osten Deutschlands mit denen im Westen, wegen Abwanderung und Bevölkerungsrückgang.
Denn selbst gut gebildete Menschen haben es schwer, eine Stelle zu finden. Viele Unternehmen wollen aus Kostengründen niemanden einstellen, der noch keine Erfahrung hat. Da ist er also wieder, der Wunsch nach dem 18-jährigen Uniabsolventen mit zehn Jahren Berufserfahrung.
Und wer einen Job bekommt, erhält in der Regel einen befristeten Arbeitsvertrag. 25 Prozent der jungen Europäer stünden in befristeten Arbeitsverhältnissen und hätten entsprechend wenig Sicherheiten und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Damit sich daran etwas ändert, muss laut der OECD die frühkindliche Bildung in allen Ländern und für alle Einkommensklassen verbessert werden. Durch eine Vorschule für alle "können die Lehrkräfte und Schulleiter leistungsschwache Schülerinnen und Schüler frühzeitig identifizieren und ihnen gegebenenfalls die erforderliche Unterstützung beziehungsweise die nötigen Sonderprogramme zur Verfügung stellen", so die OECD. Außerdem müssten Pädagogen und Arbeitgeber zusammenarbeiten, damit Schülerinnen und Schüler "die nachgefragten Kompetenzen erwerben und diese bereits zu Beginn ihres Erwerbslebens genutzt werden".
Außerdem sollten Arbeitgeber aus den befristeten Verträgen ein Sprungbrett in den sicheren Job machen, anstatt durch andauernde Verlängerungen die Unsicherheit der Jungen zu vergrößern. Dafür müsse zunächst die Asymmetrie bei den Beschäftigungsschutzbestimmungen reduziert werden, durch die es für Unternehmen kostspielig ist, befristete in unbefristete Verträge umzuwandeln.
Kosten, die für Arbeitgeber bei der Einstellung junger Menschen ohne Berufserfahrung für Weiterbildung und Coachings anfallen, könnten über Steuern und Sozialabgaben wieder reingeholt werden. Laut der OECD könne für diese teuren Jobeinsteiger zur Not auch am Mindestlohn geschraubt werden.