Kampf der Vorzimmerdamen Das ist Deutschlands beste Sekretärin

Sie wollen vor allem eins: Deutschlands beste Sekretärin werden. Am Ende gewinnt eine, die den Beruf gar nicht von der Pieke auf gelernt hat.

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Deutschlands beste Sekretärin heißt Rubina Chand. Quelle: PR

Der Schreibtisch ist ein einziges Chaos. Bewerbungsunterlagen und Rechnungen stapeln sich, alles liegt durcheinander. Nur wenige Minuten hat die Sekretärin, um hier für Ordnung zu sorgen. Keine leichte Prüfung. „Für die erste Aufgabe hatten wir zu wenig Zeit“, sagt Rubina Chand im Gehen. Im normalen Arbeitstag sei das nie so hektisch. Die perfekte Sekretärin müsse ja jederzeit alles im Griff haben.
Genau darum geht es an diesem Mittwoch in der Fellbacher Schwabenlandhalle nahe Stuttgart: Zehn Frauen kämpfen um den Titel „Deutschlands beste Sekretärin“ und müssen sich in Sachen Multitasking, Improvisationstalent und Auffassungsgabe beweisen. Der Gewinnerin winken 2500 Euro.
Geschlossen gehen die Finalistinnen - alle im Kostüm - auf die Bühne. Die 35-jährige Chand aus Köln ist zwischen all den Office-Managerinnen, Senior Projektassistenten und Managing Assistants leicht auszumachen: Sie ist eine von nur zwei Brünetten.

Was bei der Arbeit stresst
Zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken, auch in der Freizeit gaben 18 Prozent der Befragten als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem. Quelle: Fotolia
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen. Quelle: Fotolia
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent. Quelle: dapd
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent. Quelle: dapd
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an. Quelle: Fotolia
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist. Quelle: Fotolia
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung. Quelle: Fotolia

Die zweite Aufgabe steht an, Nervosität macht sich breit. Jetzt geht es darum, in fünf Minuten einen Brief an das britische Königshaus zu schreiben und die Queen davon zu überzeugen, aus Prinz George einen Werbeträger für Baby-Shampoo zu machen. Der Moderator bemüht sich, die konzentrierte Tipp-Atmosphäre aufzulockern. „Immerhin sehen sie alle gut aus dabei“, versucht er zu scherzen. Immerhin eine Kandidatin lächelt gnädig.
Der Wettbewerb „Deutschlands beste/r Sekretär/in 2013“ wird regelmäßig von einem Stuttgarter Bürohersteller veranstaltet. In diesem Jahr hatten sich 200 Kandidaten beworben. Auch Männer sind ausdrücklich zugelassen - doch erst einmal hat einer gewonnen.
Der Wettbewerb will erklärtermaßen Büro-Talente in den Vordergrund rücken. Zeigen, wie tough man sein muss, um dem Chef den Rücken freizuhalten. Doch offenbar sind nicht alle Aufgaben realistisch: „Einen chaotischen Schreibtisch lasse ich gar nicht erst zu, und eine ernsthafte Anfrage auf Englisch würde ich viel sorgfältiger machen“, sagt Susanne Brunner aus München. Die 31-jährige Teilnehmerin arbeitet bei einer Investmentgesellschaft.
„Sag mal, du wolltest doch eh schon länger abnehmen...“, versucht eine Kandidatin kreativ einem Kollegen den Firmenwagen abzuschwatzen. Es ist mittlerweile die dritte Runde im Wettbewerb. Die Frauen sollen einem Mitarbeiter diplomatisch erklären, dass die Firma ihm seinen Dienstwagen wegnimmt. Ein Schauspieler verkörpert den Kollegen, der natürlich an seinem Auto hängt. Er muss die Contenance auch bei kuriosen Argumenten behalten. „Entweder du oder ich, hat der Chef gesagt - und weil ich die Frau bin, solltest du deinen Wagen abgeben“, argumentiert eine Kandidatin.

Rubina Chand löst diese Aufgabe etwas charmanter. „Wir können das mit Mietautos überbrücken und ich helfe dir auch gern bei der Reiseplanung“, schlägt sie vor. Der Schauspieler willigt ein. Auch bei der letzten Aufgabe, einem Gedächtnistest, hat Chand die Nase vorne und kann sich mehr Namen und Fakten merken als die Konkurrenz.
Als der erste Platz verkündet wird, kann Chand es trotzdem kaum fassen. „Ich hatte die anderen Teilnehmerinnen auch sehr kompetent eingeschätzt“, meint sie. Sie selbst sei nur auf Umwegen zum Sekretärinnen-Job gekommen, erzählt sie: nach ihrem Abitur hatte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Im Wettbewerb jedoch konnte sie sich gegen die anderen Vorzimmerdamen durchsetzen - bei vielen anderen haperte es schon bei der Fremdsprache Englisch.

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