Karriere Raus aus der Sackgasse

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Mehr Arbeit. Mehr Stress. Burn-out.

Gerade zu Beginn des Jahres denken viele Arbeitnehmer über einen Jobwechsel nach. Doch eine überstürzte Kündigung ist häufig die falsche Entscheidung. Wie Sie Für und Wider abwägen.
von Kristin Rau

Was dies bedeutet, unterschätzen viele. Auch Diplom-Kaufmann Claus Steger. Er erhielt von seinem Hamburger Arbeitgeber vor fünf Jahren das Angebot, in dessen Münchner Zentrale "Salesmanager Europe" zu werden. Steger schmeichelte das Angebot, und er rechnete sich aus: Wenn ich den Job zehn Jahre mache, habe ich ausgesorgt.

Seine Frau war weniger begeistert. Sie wollte mit den pubertierenden Kindern keinesfalls nach München umziehen. Also wollte Steger am Wochenende pendeln. Doch er hatte den Aufwand unterschätzt.

In seiner Position musste er immer wieder ins Ausland reisen. Folglich wurde aus den Wochenendflügen nach Hamburg oft nichts. Und wenn doch, dann mit Taschen voller Arbeit.

Nach eineinhalb Jahren erlitt er einen Burn-out. Nachdem er ein halbes Jahr krankgeschrieben war, unterschrieb er einen Auflösungsvertrag. Zwar ist Steger wieder gesund. Doch eine neue Festanstellung hat der heute 54-Jährige in den vergangenen drei Jahren nicht gefunden. Stattdessen jobbt er monatsweise als Interimsmanager – oder, wie er selbst ironisch sagt, als "gutbezahlter Leiharbeiter".

Was ist mir im Leben wichtig?

Den Fehler von Steger begehen hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte immer wieder. Sie reflektieren nicht ausreichend, was eine neue Stelle konkret bedeutet.

Mehr Arbeit. Mehr Stress. Mehr Reisen. Ein höheres Kündigungsrisiko. Oder auch eine sehr starke Spezialisierung, die sich langfristig als Sackgasse erweisen könnte.

Noch weniger reflektieren sie: Passt die neue Stelle zu meiner Vorstellung von einem glücklichen und erfüllten Leben? Dabei sollten Sie sich vor allem einige Fragen beantworten:

  • Macht mir die Arbeit voraussichtlich langfristig Spaß und erachte ich sie als sinnvoll?

  • Kann ich abends bei meiner Familie sein?

  • Kann ich weiterhin meinen Hobbies frönen?

  • Kann ich mich spontan mit Freunden treffen?

Wer mit seinen Lebensumständen unzufrieden ist, bringt bald auch keine Top-Leistungen mehr.

Drum prüfe, wer sich bindet…

Zugegeben: Heimat ist nicht für jeden wichtig. Kai Diemler zum Beispiel würde das hessische Kronberg gern seltener sehen. Der Betriebswirt verlor 2008 seinen Job als Geschäftsführer der deutschen Niederlassung eines Automobilzulieferers. Nach fast einem Jahr erzwungener Auszeit nahm er die Geschäftsführer-Stelle bei einem mittelständischen Baumaschinen-Hersteller an, obwohl er wusste: Dessen Inhaber hat in den zurückliegenden vier Jahren drei Geschäftsführer verschlissen.

Fortan pendelte Diemler zwischen dem Wohnort seiner Familie und dem 400 Kilometer entfernten Standort des Unternehmens hin und her. Was weder ihm noch seiner Frau etwas ausmachte. Zunächst zumindest.

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