Karriere Werden schöne Frauen diskriminiert?

Unattraktive Menschen haben es vermutliche schwerer im Leben. Doch zumindest bei schriftlichen Bewerbungen könnte es umgekehrt zugehen. Schöne Frauen kommen in Personalabteilungen nicht gut an.

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Wahre Schönheit erkennt man auch von hinten! Die zwölf Kandidatinnen für die erste Staffel von

Lehrer geben hübscheren Schülerinnen bessere Noten, die schöne Kellnerin kassiert mehr Trinkgeld, der besser aussehende Politiker erhält mehr Stimmen. Und dann erst die Bevorzugung der Schönen bei der Partnersuche! Seit einigen Jahren setzen sich die Hässlichen gegen den angeblich weit verbreiteten "Lookism" zur Wehr. Zumindest in der englischsprachigen Welt ist der Anti-Lookism nicht ganz erfolglos. Im australischen Bundesstaat Victoria und einigen Städten der USA ist Diskriminierung auf Grund äußerer Merkmale bereits verboten. In Deutschland dagegen darf ein Türsteher zwar niemanden wegen seiner Hautfarbe ablehnen, aber wer ihm einfach nicht gefällt, hat Pech gehabt.

Aber die unattraktiven Diskriminierungsopfer können in ihrem Kampf immerhin auf neue Verbündete hoffen: Schöne Frauen. Denn auch die werden offenbar benachteiligt. Zwar nicht an der Disco-Tür, aber immerhin in Bewerbungsverfahren. Das behauptet zumindest Bradley Ruffle. Der Ökonom an der israelischen Ben-Gurion-Universität - Ökonomen halten bekanntlich alles was nur im entferntesten mit Wirtschaft zu tun hat, für ihr Forschungsobjekt - verschickte fiktive Bewerbungen auf rund 2500 Stellenanzeigen. Je zwei inhaltlich weitgehend identische pro Inserat. Der einen Bewerbung lag ein Bild von einer Frau oder einem Mann bei, die Befragte zuvor als attraktiv oder durchschnittlich aussehend bewertet hatten, der anderen lag kein Bild bei.

Das Ergebnis: Während attraktive Männer durchschnittlich doppelt so viele Zusagen für ein Bewerbungsgespräch bekamen als die durchschnittlich Aussehenden, war es bei den Frauen umgekehrt: Die Kandidatinnen, die als weniger attraktiv eingestuft worden waren oder kein Bild mitgeschickt hatten, waren erfolgreicher (Sieben gegen elf Einladungen). Daran, dass hübsche Frauen für dumm gehalten werden, glaubt nämlich tatsächlich kaum jemand. Das haben Ruffle selbst und zahlreiche andere Untersuchungen belegt. Im Gegenteil, Bilder attraktiver Frauen wurden in der Befragung vorab auch mit dem Attribut "intelligent" belegt.

Weibliche Eifersucht

Diese Fehler verbauen Frauen die Karriere
1.  Frauen lassen sich von Stellenanzeigen einschüchternKeine Frage, Bewerber sollten Stellenanzeigen sorgfältig durchlesen. Aber zu viel Sorgfalt schadet eher. Ein Problem, das vor allem Frauen betrifft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Online-Stellenbörse Jobware. 151 Männer und 79 Frauen lasen darin 150 Stellenanzeigen. Währenddessen wurden ihre Augenbewegungen aufgezeichnet, hinterher bewerteten die Studienleiter ihre Aussagen. Das Ergebnis: Frauen klickten im Schnitt nicht nur auf mehr Jobprofile, die sie auch länger durchlasen. Mehr noch: Sie ließen sich wesentlich stärker von vermeintlich männlichen Stellentiteln und Qualifikationen beeindrucken – und wollten sich gar nicht erst bewerben. Ein Indiz dafür, dass sich Frauen von manchen Anforderungen immer noch zu stark beeindrucken lassen. Ein Problem, das schon früh beginnt... Quelle: Fotolia
2. Schon Mädchen scheuen WettbewerbMatthias Sutter und Daniela Rützler von der Universität Innsbruck untersuchten in einer Studie das Verhalten von mehr als 1000 Kindern im Alter zwischen 3 und 18 Jahren. Sie sollten verschiedene Tests lösen, etwa Wettläufe oder Matheaufgaben. Als Belohnung erhielten sie kleine Geldbeträge. Im Verlauf des Spiels konnten die Kinder dann gegen Gleichaltrige antreten und dabei mehr verdienen. Bei den Jungen entschieden sich 40 Prozent für den Wettkampf unter Gleichaltrigen. Von den Mädchen wollten das nur 19 Prozent wagen. Quelle: Fotolia
3. Frauen unterschätzen ihre LeistungErnesto Reuben von der Columbia Business School gewann für sein Experiment (.pdf ) 134 Studenten. Alle hatten zwei Jahre zuvor verschiedene Aufgaben absolviert, jetzt sollten sie ihre damalige Leistung bewerten. Das Ergebnis: Die Männer überschätzen ihre tatsächliche Leistung um rund 30 Prozent überschätzt, die Frauen hingegen um weniger als 15 Prozent. Im zweiten Schritt teilte Reuben die Teilnehmer in Gruppen. Sie sollten einen Vertreter wählen, der für die Gruppe Geld gewinnen konnte. Das Ergebnis: Weil sie zu ehrlich waren, schafften es weibliche Teilnehmer drei Mal seltener als Männer, die Rolle des Anführers zu übernehmen. Quelle: Fotolia
4. Frauen lassen sich von Klischees beeinflussenMarina Pavlova vom Universitätsklinikum Tübingen reichte für ihre Studie im Jahr 2010 83 Medizinstudenten den Abschnitt eines Intelligenztests. Dabei sollten sie eine Reihe von Bildern in die richtige Reihenfolge zu bringen. Doch vorab gaukelte Pavlova der einen Hälfte der Teilnehmer vor, dass Frauen bei dieser Aufgabe generell besser abschneiden. Die andere Hälfte erfuhr, dass Männer darin bessere Ergebnisse erzielen. Ergebnis: Die Frauen ließen sich von negativen Aussagen viel stärker beeinflussen als Männer. Deren Leistung litt kaum unter der Vorab-Information. Quelle: Fotolia
5. Frauen sind schneller zufriedenDer Soziologe Stefan Liebig von der Universität Bielefeld analysierte für seine Studie (.pdf ) Daten des Sozio-oekonomischen Panels. In dieser Langzeitstudie machen 10.000 Deutsche regelmäßig Angaben zu Ihrem Beruf und Privatleben. Liebig wollte wissen, ob sie ihr aktuelles Einkommen als gerecht empfanden - und falls nein, welches Nettogehalt angemessen wäre. Wenig überraschend: Etwa jeder dritte Befragte fand sein Einkommen ungerecht. Doch das Einkommen, das Frauen als gerecht empfanden, lag noch unter dem tatsächlichen Gehalt von Männern. Egal ob Akademikerin oder Reinigungskräfte: Frauen hatten finanzielle geringere Ansprüche. Quelle: Fotolia
6. Frauen scheuen Jobs mit WettbewerbAndreas Leibbrandt und John List schalten für ihre Untersuchung Stellenanzeigen in neun US-Städten – in zwei verschiedenen Versionen. Die eine Ausschreibung suggerierte, dass das Gehalt nicht verhandelbar sei. Die andere behauptete, dass das Gehalt Verhandlungssache sei. Fazit: Bei letzterer Stelle bewarben sich wesentlich mehr Männer. Offenbar meiden viele Frauen Jobs mit starkem Konkurrenzdenken. Quelle: Fotolia
Ein Mann hält einen Zettel mit der Aufschrift "Job gefällig?" in der Hand Quelle: dpa

Ruffle erklärt die Benachteiligung der hübschen Frauen anders: Weibliche Eifersucht. In den Personalabteilungen ist die große Mehrheit der für die Bewerbungen Zuständigen weiblich (bei Ruffles Versuch 93 Prozent). Die Eifersucht der Frauen, die keine hübsche Konkurrenz in der eigenen Firma wünschen, ist der Grund für die Schönheitsdiskriminierung. Hübsche Männer dagegen sind natürlich willkommen.

Der Schönheitsökonom sieht in seinen Ergebnissen eine Bestätigung dafür, dass die in Amerika übliche Bewerbungspraxis richtig sei. Dort erwarten Arbeitgeber grundsätzlich keine Bilder der Bewerber, um rassische Diskriminierung zu erschweren. Und das könnte sich auch bei uns allmählich durchsetzen. In Deutschland startete bereits 2010 ein entsprechendes Pilotprojekt, an dem das Bundesfamilienministerium, die Deutsche Post und die Telekom teilnahmen.

Für schöne Frauen dürfte der Karriereweg dann, wenn die eifersüchtige Personalabteilung erst mal überwunden ist, umso offener stehen, je männlicher ihre Vorgesetzten sind. Für die attraktiven Männer, die von den schmachtenden Personalabteilungen willkommen geheißen wurden, wird es dann allerdings schwer werden, wenn sie auf weniger attraktive, eifersüchtige Vorgesetzte treffen. Vielleicht werden neue Diskriminierungsstudien irgendwann zeigen, dass in Unternehmen auch schöne Männer diskriminiert werden.

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