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Die perfekte Rede: Sprechen Sie frei und vergessen Sie Perfektion

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Lassen Sie weg, was nicht Ihrem Ziel dient

Tipp 2: „Kill your darlings“. Lassen Sie weg, was nicht Ihrem Ziel dient.

Ich bin selbst nicht erst einmal der Versuchung erlegen, Dinge in meine Rede oder Moderation einzubauen, die ich einfach klasse fand, obwohl sie nicht exakt zum Ziel gepasst haben. Ein Wortspiel, dass das Publikum zwar amüsierte, aber auch von meinem ernsten Anliegen ablenkte. Eine Provokation zum Thema Fleischkonsum, die mich zwar als selbstbewusst, aber wenig einfühlsam erschienen ließ, wo Letzteres eigentlich überzeugender gewesen wäre.

Wer etwa bei einer persönlichen Vorstellung vor Publikum offen und ehrlich Dinge aus seinem Leben aufzählt, auf die er selbst zufrieden und glücklich zurückblickt, läuft Gefahr, dass er damit das Publikum verprellt, etwa wenn die Leute mit diesen Erlebnissen oder Erfolgen nicht mithalten können. Fragen Sie sich immer: Wie profitieren Sie mit Ihrem Anliegen davon, dass das Publikum jetzt diese Fakten zu hören bekommt?

Die Rednerin, die kühl analysierend auftritt, kann sich selbst im Weg stehen, wenn sie eigentlich die Herzen des Publikums erreichen will, der quietschfidele Witzbold auch, wenn es eigentlich darum geht, als trockener Experte seriöse Zahlen und Fakten abzuliefern.

Verabschieden Sie sich von persönlichen Bemerkungen, Anekdoten, Pointen, die für sich genommen beeindruckend sind und die Stimmung auflockern könnten, wenn Sie nicht fest davon überzeugt sind, dass Sie damit Ihr Ziel besser erreichen. Denken Sie sich andere fesselnde Elemente aus.

Für mich ist es da ein sehr befreiender Gedanke, mir klarzumachen, dass das Publikum ja nicht vermissen wird, was ich ursprünglich mal vorhatte. Dies erleichtert die Vorbereitung nach dem Motto „kill your darlings“. Tolle Ideen, in die man selbst ganz verliebt ist, gnadenlos über Bord werfen, wenn sie nicht perfekt zur Zielsetzung passen.

Wie gesagt: Es geht nicht darum, dass Sie alles Wichtige erzählen, was Sie so so so gerne mal loswerden wollen, sondern nur das, was die anderen von Ihrem Anliegen überzeugt.

Tipp 3: Reden Sie frei. Oder zumindest so frei wie möglich.

Bei der freien Rede geht es nicht darum zu zeigen: Guckt mal, wie toll ich mir alles merken kann. Wer frei redet, redet in aller Regel überzeugender. Denn wer seine Formulierungen beim Reden entwickelt, redet eher so, dass es dem Zuhörer direkt ins Blut geht.

Etwas Erfahrung – und damit Lockerheit – vorausgesetzt, können Sie bei der freien Rede sogar irgendwann intuitiv auf die Stimmung im Publikum reagieren. Sie spüren, ob Ihre Zuhörer nervös auf ihren Stühlen umher rutschen oder tuscheln, gelangweilt in die Gegend starren, oder Ihnen zart nickend an den Lippen hängen. Und können so nach Gefühl abkürzen, Schwerpunkte setzen oder sogar spontan auf Zwischenrufe reagieren.

Seien wir ehrlich: Es gibt wohl keinen, der nicht frei reden würde, wenn er wüsste, dass er es kann. Deshalb lohnt es sich, sich einfach mal heranzutasten.

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