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Schönes Büro: Warum ein angenehmer Arbeitsplatz so wichtig ist Quelle: imago images

Machen Sie Ihr Büro gemütlich – zur Not mit eigenem Geld

Wir verbringen ein Drittel unseres Lebens im Bett. Und kaufen deshalb perfekte Matratzen. 220 Tage pro Jahr aber verbringen wir bei der Arbeit. Investitionen in mehr Atmosphäre am Arbeitsplatz sind deshalb hervorragend angelegtes Geld.

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Büropflanze. Die Büropflanze im klassischen Sinne ist DAS Symbol für das Problem, um das es hier jetzt gehen soll. Die meisten Büropflanzen können einem doch leidtun. Sie wurden einmal aus dem Katalog heraus bestellt und dann voller Saft und Kraft in rollbaren Hydrokultur-Kübeln - eine hier, eine da - im Bürokomplex verteilt. Eine Büropflanze muss pflegeleicht sein. Weil sich keiner um sie kümmern will. Außer dem Pflanzenservice, der einmal alle vierzehn Tage mit der Gießkanne die Kübel wieder auffüllt, bis der kleine Wasserstands-Plastikschwimmer in seinem Kontrollröhrchen auf MAX steht. Und tschüss bis in zwei Wochen. Wobei: Sogar das ist noch Luxus.

Denn wie ich gehört habe, haben einige Firmen im Zuge der Finanzkrise damals nicht nur das Businessclass-Fliegen abgeschafft, sondern auch den Pflanzenservice. Für viele Büropflanzen war diese Maßnahme ihr Todesurteil. Wenn sich der Hausmeister nämlich dann weigert, jetzt auch noch mit der Kanne durch die Flure zu ziehen, ist alles aus. Ich kenne Büros, und das ist wirklich wahr, da stehen seit Monaten völlig vertrocknete beigebraune Zimmerbäumchen ohne ein einziges lebendiges Blättchen an den morschen Zweigen tot in ihrem Topf in der Ecke. Motto des Kollegen: Ich habe wirklich Wichtigeres zu tun.

Aber stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Büro gemeinsam mit einer solchen Leiche. Ich meine den Baum. Wer wird beim Anblick eines solchen morbiden Trauerspiels erquickt voller Elan seinen Job erledigen? Der eine haucht das Leben aus, der andere soll mit Volldampf abliefern?

Aber es geht ja nicht nur um die armen Pflänzchen. Es geht gar um ein doppeltes Haltungsproblem:

1. Viele Arbeitgeber sagen sich: Die Leute sollen sich hier nicht wie zu Hause fühlen, die sollen hier arbeiten. Und verkennen, dass wir alle zu mehr Leistung in der Lage sind, wenn wir uns wohlfühlen. Und nicht, wenn wir die ganze Zeit unbewusst einen Fluchtinstinkt unterdrücken.

Und so werden die alten Raufasertapeten aus den 90ern nicht mehr gestrichen, werden alte Bohrlöcher in den Wänden mit billigen Jahreskalender-Postern kaschiert (die zwar nach Arbeit aussehen, aber auf die nie jemand guckt), werden Sitzecken in der Kaffeeküche mit alten Sitzmöbeln vollgerammelt, die man im Konferenzraum den Gästen wegen der komischen Flecken auf dem Polster nicht mehr zumuten wollte. Da werden die Räume flächendeckend mit alten Neonröhren ausgeleuchtet, werden Kabel kreuz und quer unter den Schreibtischen und rüber zum Fax und Drucker auf der Fensterbank gezogen.

Und die einzige Wanddekoration im Flur ist der Fluchtwegeplan.

Für Atmosphäre am Arbeitsplatz ist oftmals offenbar schlicht kein Budget da. Dabei ist ein gemütliches Büro oder Pausenraum nicht nur Seelenbalsam, sondern auch ein Zeichen von Wertschätzung: Für euch machen wir das gerne. Moderne Führungskräfte wissen: Gemütlichkeit am Arbeitsplatz ist längst kein Zeichen von Prestige in der Chefetage mehr. Sie ist ein Baustein zu mehr Produktivität.

Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich als Abiturient in einem Warenhaus gejobbt habe. Vor den Kunden Hochglanz, in den Fluren und Räumen hinter den Kulissen ein Spiegel. Darüber ein Schild: „So sieht Dich der Kunde“. Ästhetik fordern in einer Atmosphäre wie in einer Müllverbrennungsanlage. Und selbst dort kann man es sich am Arbeitsplatz schön machen, wenn man denn will. Aber hier kommt das zweite Haltungsproblem ins Spiel:

2. Viele Angestellte sagen sich: So weit kommt´s noch, dass ich mein hart verdientes Geld für die Büroeinrichtung verplempere, wenn die Chefs zu geizig sind, selber was locker zu machen. Ist doch nicht meine Firma!

Und so trinken sie lieber aus Bürotassen, an deren Stoßstellen sie sich die Mundwinkel blutig schneiden, starren auf Pinnwände, drucken ab und an einen witzigen Spruch auf DIN A 4 aus und kleben ihn mit Tesa an die Bürotür - und das muss reichen.

Die Haltung ist einerseits total nachvollziehbar. Denn in der Tat sollte die Firma selber für eine Wohlfühlatmosphäre sorgen. Andererseits: Was, wenn sie es nicht tut? 220 Tage pro Jahr in einer Atmosphäre arbeiten, die einem schlicht schon aus ästhetischen Gründen verbietet, sich mit dem Arbeitgeber zu identifizieren?

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