Karriereleiter
Quelle: imago images

Präsentieren: So retten Sie Ihr Publikum vorm Sekundenschlaf

Präsentationen sind für viele Zuhörer eine willkommene Gelegenheit für ein erholsames Nickerchen. Rütteln Sie Ihr Publikum auf, indem Sie es regelrecht zum Mitdenken zwingen. Das geht auf sehr unterhaltsame Weise.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

Dem Schatz schnell ein paar Herzchen per WhatsApp senden, bei Amazon eben noch den Sri-Lanka-Reiseführer bestellen und im DB-Navigator einen Sitzplatz reservieren. All das geht wunderbar unter der Tischplatte während einer langweiligen Präsentation.

Sollten Sie allerdings der- oder diejenige sein, die gerade vorne an der Leinwand steht, haben Sie davon wenig. Um nicht zu sagen: Sie hätten sich den Aufwand sparen können.
Es gibt eine Menge wirksamer Möglichkeiten, die Zuhörer während einer Präsentation wegdämmern zu lassen. Und viele, viele von uns nutzen diese. Weil es so üblich ist. Von Inhaltsangaben, die jede Spannung in der Dramaturgie im Keim ersticken, bis zum Hinweis: „Sie kriegen alles noch schriftlich“, was nichts anderes heißt als: Hören Sie ruhig weg. Und das sind nur zwei Bespiele.
Brechen Sie mit dieser Einlull-Tradition. Binden Sie Ihr Publikum mit guten Ideen ein. Lassen Sie es mitmachen. Was die Leute am eigenen Leib und im eigenen Kopf erleben, prägt sich ihnen ein, macht ihnen Spaß und überzeugt sie so am allerbesten. Das kann kein Handout per Mail oder auf Papier.

1. Abstimmungen: Das Publikum muss Ihnen zustimmen

Über allem steht: Sie wollen Ihr Publikum von Ihrem Anliegen überzeugen. Und da gibt eine faszinierende Methode: Bringen Sie die Zuhörer dazu, Ihnen zuzustimmen. Zuhören allein ist zu wenig. Die Leute müssen denken: Der oder die da vorne hat recht.

Fragen Sie beispielsweise nicht: „Wäre es nicht schön, wenn wir alle etwas mehr für unsere Herzgesundheit tun würden?“ Diese rhetorische Frage erfordert keine konkrete aktive Festlegung durch die Zuhörer. Vielleicht denken einige: Joa. Aber das war’s dann auch.

Fragen Sie Ihr Publikum: „Wer von Ihnen würde gerne mit fünf Minuten Einsatz pro Tag seine Lebenserwartung um zehn Jahre verlängern? Mal Hand hoch.“

Fragen Sie nicht: „Wer ist dafür, dass klimaschädliche Inlandsflüge in Deutschland abgeschafft werden? Bitte mal Hand hoch.“

Denn damit riskieren Sie, dass viele denken: Ich bin dagegen. Und diese Uneinigkeit innerhalb der Zuhörer vermittelt sich durch zögerliches Umherblicken, Getuschel und Gemurre. Das ist kontraproduktiv. Denn dadurch spüren alle: Der oder die da vorne hat die Masse nicht hinter sich.

Fragen Sie: „Wer ist dafür, dass komfortable, schnelle und preiswerte Alternativen entwickelt werden, damit die klimaschädlichen Inlandsflüge in Deutschland unnötig werden? Bitte mal Hand hoch.“

Alle Hände werden hochgehen. Außer Sie fragen das auf einem Pilotenkongress.

Also: Stellen Sie Fragen, die das Publikum dazu bringen, in Ihrem Sinne zu antworten. Das ist kein mieser Trick. Die Leute denken dadurch mit und setzen selber ganz eigene Entscheidungsmarken. Ein Ja zu Ihrer Frage ist eine Zustimmung zu Ihrem roten Faden in der Präsentation. Wer ja sagt, folgt Ihnen.

2. Geben Sie jedem im Publikum eine Stimme

Die Zuhörer einzubinden, in dem sie Fragen stellen können, ist sympathisch und abwechslungsreich. Es kostet aber auch Zeit, kann die Veranstaltung ungeplant auf neue Wege und Abwege führen und vor allem: Es kommen nur sehr wenige Leute zu Wort und dann meist die, die sonst auch immer gerne das Wort ergreifen.

Aber gerade dann, wenn es Ihnen darauf ankommt, allen das Gefühl zu geben, mit ihrer eigenen Haltung, Meinung und Fachkompetenz gefragt zu sein, bieten sich anonyme Abstimmungen an, bei denen in wenigen Sekunden Dutzende und Hunderte ihren persönlichen Standpunkt einbringen können. Das geht etwa mit Online-Angeboten wie mentimeter.com, wo Sie als Redner vorab Fragen vorbereiten können, die jeder Teilnehmer mit seinem Smartphone vom Zuhörersitzplatz aus beantworten kann. Das Publikum muss dafür weder eine App herunter laden noch einen Account einrichten. Es reicht, einen 5-stelligen Code auf der Website einzugeben, und schon ist man Teil der Abstimmung. Die Ergebnisse können dann direkt in Echtzeit auf der Leinwand angezeigt werden.

Von Auflockerungsfragen wie „Was habt ihr heute morgen gefrühstückt?

A.    Müsli

B.    Brötchen

C.    Aspirin“

über Schätzfragen im Stil von „Wie hoch lägen unsere Getränkekosten pro Kopf und Jahr, wenn wir nur Leitungswasser trinken würden?

A.    2 Euro 50

B.    25 Euro

C.    250 Euro“

bis hin zu komplizierten Fachfragen ist alles möglich. Übrigens: A ist richtig. Ausschließlich Leitungswasser zu trinken, kostet 2 Euro 50.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%