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Profi-Kommunikation: So entgehen Führungskräfte der Diva-Falle

Sie haben mal wieder Recht und alle geben es zu und trotzdem ist kaum jemand auf Ihrer Seite? Dann bleiben Sie in der Sache hart und arbeiten Sie an der Beziehungsebene Ihrer Kommunikation. Eine Kolumne.

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Grüßt der Werkstudent nicht auf dem Flur – dann ist der offenbar verpennt.
Grüßt die Geschäftsführerin nicht auf dem Flur – ist sie eine Diva.

Da kann die noch so verpennt gewesen sein. Und einem Studenten schreibt man die Überheblichkeit dank seiner Position nicht so schnell zu.

Was ich damit sagen will: Wenn Sie Führungsverantwortung tragen und damit weisungsbefugt sind, Sie also anderen Leuten sagen dürfen, was die bitte schön tun und lassen sollen, dann löst das, was Sie sagen, bei denen, die in der Hierarchie unter Ihnen stehen, andere Befindlichkeiten aus, als bei denen, die Ihnen hierarchisch gleichgestellt oder überstellt sind.

Sagen Sie zu Ihrem Kollegen um 19 Uhr ironisch: „Wie? Du gehst schon? Hast du einen halben Tag Urlaub?“ – dann gilt das als Gekabbel, sagen Sie das zu einem Mitarbeiter, kann der womöglich über Ihren Witz nicht gut einschlafen.

Dieses zugespitzte Beispiel leuchtet dank Lebenserfahrung wahrscheinlich schnell ein. Aber was folgt daraus für Sie? Antwort: Wenn Sie ein Gespür dafür entwickeln, dass Sie je nach Adressaten Ihrer Kommunikation ganz unterschiedlich verstanden werden und vor allem anders, als Sie es sich vorgenommen haben, dann wird Ihre Kommunikation besser – ganz in Ihrem Sinne.

Es geht nicht nur um die Sache

Am effizientesten wäre es im professionellen Leben, wenn es in unserer Kommunikation immer nur um die Sache ginge. Aber dem steht eins entgegen und das macht es spannend: Wir sind Menschen. Mit ganz eigenen Vergangenheiten, in denen wir gekränkt, gelobt, verstoßen, gefördert, verschreckt und begeistert wurden. Und da fällt jeder Satz aus Ihrem Mund in ein anderes Ohr. Und nicht nur das.

Was der von mir hoch verehrte Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun ja schon vor Langem so wunderbar auf den Punkt gebracht hat: Wir alle hören die Botschaften der anderen mit vier Ohren. Und wenn wir miteinander reden, dann liefern wir in unseren Botschaften immer auch jene vier Aspekte mit, die in die vier Ohren der Empfänger passen. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht.

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Stellen wir uns folgende Konstellation vor:
Die Abteilungsleiterin Agnes Scheffner verantwortet die Produktentwicklung eines mittelständischen Süßwarenherstellers. In der montäglichen Teamsitzung sagt der für Weingummi zuständige Mitarbeiter Max Bärle: „Ich bin übrigens am Sonntag von meiner alten Uni gebeten worden, für den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie am Tag der offenen Tür einen Vortrag darüber zu halten, wie es mit Weingummi in Zeiten der Veggie-Trends weitergeht. Das könnte am Sonntag spät werden. Dafür würde ich am Montag aber später in die Firma kommen.“

Woraufhin seine Chefin mit großen Augen antwortet: „Nein. Das ist schlecht. Dann fehlst du ja in der kommenden Teamsitzung. Mit so was fangen wir gar nicht erst an. Ich gönn dir ja jede freie Stunde zum Ewig-Ausschlafen, aber wir müssen schon alle am Ball bleiben.“

Max Bärle räuspert sich und antwortet lauter als bislang: „Ich könnte mir natürlich auch etwas Schöneres vorstellen, als an meinem freien Tag über Weingummi zu referieren. Ich tue das ehrlich gesagt für unsere Firma und unser Anliegen, Weingummi aus der Gelatine-Ekelecke rauszuholen!“ Scheffner: „Jetzt komm mal runter, ja? Ich habe auch schon auf Lebensmittelmessen und so rumgestanden und war am Tag drauf pünktlich hier.“

Bärle: „Aha! Bislang dachte ich, ich weiß selber ganz gut, wie ich meinen Job auszufüllen habe. Aber gut. Dann erwarte nicht, dass ich künftig noch in meiner Freizeit für unseren Saftladen einstehe!“

Jeder, wie er kann: Sieben Führungsstile

Dass die Sache eskaliert ist, ist klar. Diese Analyse ist beendet. Aber was ist schief gelaufen? Hat sie nicht das Recht, als Chefin zu sagen, dass sie das Montagsgremium voll besetzt haben möchte, um beschlussfähig zu sein oder sich eng abzustimmen? Hat sie also nicht in der Sache recht? War sie unsensibel? Hat Chefin Agnes Scheffner etwa unprofessionell kommuniziert?

Sagen wir so: Sie hat einen typischen Kardinalfehler begangen.

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